LOKALMIX
Gegen das Vergessen
Nümbrecht - Auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof gedachten viele Gäste der Reichspogromnacht von 1938.
Von Kathrin Roloff-Jamin
Die Gemeinde Nümbrecht, die Freundeskreise Wiehl-Jokneam und Nümbrecht-Mateh Yehuda sowie die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gedachten am Samstagabend den Ereignissen vor 86 Jahren, anlässlich der Novemberpogrome von 1938. Zum ehemaligen jüdischen Friedhof waren auch viele Menschen gekommen. „Wir müssen uns immer wieder an die schwere schwarze Stunde erinnern. So etwas darf nie wieder passieren. Wichtig ist, dass wir aufstehen und uns zeigen. Wir vergessen nicht“, sagte Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius.
Landrat Jochen Hagt (Foto re.) mahnte: „Das, was damit verbunden war, spottet jeder menschlichen Wertung. Dieser Akt der Barbarei geschah in aller Öffentlichkeit. So etwas wollen wir nicht wieder.“ Am 9. November 1938 brannten die Synagogen, Menschen wurden vertrieben, ihre Geschäfte geschlossen, Existenzen wurden ausgelöscht. „Antisemitismus muss überall bekämpft werden, in Vereinen, auf der Straße und in den sozialen Medien “, so Hagt. Schülerinnen der Sekundarschule Wiehl erinnerten stellvertretend für die Opfer der Reichspogrome an die Nümbrechter Familien Bähr, Herz und Goldbach. „Wir sind aufgerufen, derer zu ehren, die aufgestanden sind“. Nachdem Musiker Jaroslaw Petresky die Melodie zu „Es brennt Brüder, es brennt“ auf der Geige spielte, lasen die Jugendlichen den Text zu diesem jüdischen Lied. Darin wird das Zusehen und Geschehen lassen kritisiert.
Pfarrer Michael Striss sprach davon, dass Nümbrecht einst eine Synagoge hatte und dass die Judenfeindlichkeit bis in die Antike reiche. Aber, dass auch der Antisemitismus heute keine politischen Grenzen kenne. „Die Gegenwart sieht bedroht aus“, sagte Striss und sagte zum Schluss: „Lassen sie uns aufmerksam bleiben. Schalom“. Nachdem Jaroslaw Petresky das Stück „Flehentliche Bitte“ auf der Geige spielte, legten Harry Schulze vom Freundeskreis Wiehl-Jokneam und Frank Bohlscheid von der Gesellschaft der Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit gemeinsam einen Kranz am Gedenkstein nieder. Bohlscheid zitierte im Anschluss einen Psalm. Marion Reinecke vom Freundeskreis Nümbrecht-Mateh Yehuda las ein jüdisches Gebet an die Toten, das Kaddish, in Gedenken an Leo Bähr, stellvertretend für die Nümbrechter Juden.
[Jugendliche der Sekundarschule Wiehl gedachten mit dem Text eines jüdischen Widerstandsliedes an die Ereignisse vom 9. November 1938.]
Und noch einmal stellte Jaroslaw Petresky sein Können an der Geige demonstrieren mit dem sehr emotionalen Geigenstück aus dem Holocaust-Drama „Schindlers Liste“. Das letzte Wort hatte Judith Dürr-Steinhart vom Freundeskreis Wiehl-Jokneam. Sie dankte den vielen Menschen, die gekommen waren und besonders den Jugendlichen der Sekundarschule Wiehl für ihren Beitrag.
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