FUSSBALL

Traurig über den Abschied: Torsten Reisewitz im Interview zum Ende in Nümbrecht

thg; 20.06.2025, 12:00 Uhr
Foto: Thomas Giesen --- Torsten Reisewitz feierte einen emotionalen Abschied als Trainer des SSV Homburg-Nümbrecht und macht keinen Hehl daraus, dass er gerne weitergemacht hätte.
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Traurig über den Abschied: Torsten Reisewitz im Interview zum Ende in Nümbrecht

thg; 20.06.2025, 12:00 Uhr
​​​​​​​Nümbrecht – Torsten Reisewitz spricht im Interview über die Trennung vom SSV Homburg-Nümbrecht – Abgeschlossen scheint das Kapitel noch nicht – Die Emotionen überwiegen.

Nach neun Jahren als Trainer des SSV Homburg-Nümbrecht verlässt Torsten Reisewitz die Bühne. Nach einer überragenden Landesliga-Hinrunde wurde dem Coach in der zweiten Saisonhälfte eine Ergebniskrise zum Verhängnis. Vier Spieltage vor Schluss einigte man sich auf eine einvernehmliche Trennung zum Saisonende, landete noch vier Siege und feierte mit Platz zwei das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte. Im Interview betont Reisewitz, dass er gerne weitergemacht hätte.

 

OA: Nach turbulenten Wochen ist die Landesligasaison abgeschlossen und auch ihre Zeit beim SSV Homburg-Nümbrecht geht zu Ende. Mal ehrlich: Sind sie froh, dass es jetzt vorbei ist?

 

Torsten Reisewitz: Nein, überhaupt nicht. Dafür steckt viel zu viel Herzblut in der Sache. Viele Spieler haben mich über viele Jahre begleitet. Dennis Kania beispielsweise hat bei mir 1.053 Trainingseinheiten absolviert. Achteinhalb Jahre lief hier vieles richtig gut. Von Platz zwei bis 13 haben wir alles erlebt und mein Co-Trainer Fabian Förster und ich haben schon andere schwierige Phasen durchgestanden. Fabi und ich haben aber immer wieder an den richtigen Stellschrauben gedreht. Doch diesmal traute man mir nicht mehr zu, den Negativlauf zu stoppen und ich bin gegangen worden. Dass es so zu Ende geht, hätte ich nicht geglaubt.

 

OA: In der Verlautbarung des Vereins heißt es, die Trennung sei einvernehmlich gelaufen.

 

Reisewitz: Einvernehmlich heißt, dass es so nicht weitergeht. Als nach den schlechten Ergebnissen in der Rückrunde Unruhe aufkam, habe ich die Mannschaft gefragt, ob ich ihrem Erfolg im Weg stehe. Das wurde verneint. Ich habe den Vorstand dann gefragt, ob ich noch das Vertrauen habe und habe mir Unterstützung erhofft. Vielleicht habe ich dabei auch den Anschein erweckt, dass ich keine Zukunft sehe. Aber das war nicht meine Absicht. Es sollte aufrütteln. Meine Lösung war nicht, als Trainer gehen zu müssen. Der Vorstand teilte mir dann mit, dass man es mir nicht mehr zutraue, den Negativlauf zu stoppen und man sich sorge, diesen mit in die nächste Saison zu nehmen, wenn die neue Sportanlage eingeweiht wird. Deshalb sage ich, ich bin gegangen worden. Aber natürlich hast du als Trainer dann keine Basis mehr. Diese negativen Energien in die nächsten Monate mitzunehmen, hätte ich auch nicht ausgehalten. Deshalb ist es auch einvernehmlich.

 

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OA: Nach Bekanntwerden der Trennung haben Sie mit Ihrer Mannschaft die letzten vier Saisonspiele allesamt gewonnen und waren am letzten Spieltag sogar noch im Rennen um die Meisterschaft. Hat Ihnen die ganze Unruhe vielleicht sogar den Aufstieg gekostet?

 

Reisewitz: Ja, auf jeden Fall. Wenn wir alle entspannter gewesen wären, dann hätte es gereicht. Bornheim hat uns ja mehrfach die Tür aufgemacht. Aber das ganze Gerede hat uns ausgebremst und uns die Leichtigkeit genommen. Meine Mannschaft lebt davon, am Limit zu arbeiten, aber mit einem Lächeln im Gesicht. Die Erwartungshaltung nach der Hinrunde war riesengroß. Auch wenn wir das Thema Aufstieg immer kleingeredet haben, hat es für Druck gesorgt. Nach den ersten drei Negativergebnissen habe ich dann auch den Fehler gemacht, zu viel verändern zu wollen, um den Bremsklotz reinzuwerfen. Die Unruhe wurde größer und das Selbstvertrauen hat von Woche zu Woche nachgelassen. Wir haben dann unfassbare Torchancen ausgelassen und mehrfach in der Nachspielzeit entscheidende Gegentore bekommen.

 

OA: Warum lief es dann plötzlich?

 

Reisewitz: Ich glaube, weil die Mannschaft beweisen wollte, dass es anders ist. Sie wollte für sich und mich einen anderen Abschied als vielleicht Platz sechs und wollte auch unbedingt die letzten vier Spiele mit mir zu Ende bringen. Ich habe dann überhaupt keinen Druck mehr gespürt. Und die Mannschaft hat bewiesen, dass sie es kann und auch den sportlichen Wettkampf hochgehalten. Wir haben schließlich noch Deutz und Oberpleis geschlagen, die mitten im Abstiegskampf waren.

 

OA: Fühlen sie sich ein wenig um den Lohn Ihrer Arbeit gebracht?

 

Reisewitz: Nein. Der Aufstieg wäre nicht der Lohn gewesen. Natürlich wäre ich den Weg mit der Mannschaft gerne weitergegangen, mit der neuen Sportanlage und den Strukturen, die geschaffen wurden. Das wurde mir vielleicht aus den Händen gerissen und das tut weh.

 

OA: Nach neun Jahren verlassen Sie nun den SSV Homburg-Nümbrecht. Wie blicken sie auf diese Zeit zurück? Welche Momente nehmen Sie als Erinnerung mit?

 

Reisewitz: Es gibt unzählige Momente, aber es ist schwierig etwas aufzuzählen. Wir waren zweimal im Rennen um den Aufstieg in die Mittelrheinliga, zweimal im Pokalfinale und wir haben viele schöne Momente auf dem Feld erlebt. Wir hatten viele tolle Hallenturniere und logischerweise gehört auch der 5:1-Derbysieg gegen den FV Wiehl dazu. Dazu unzählige persönliche Momente mit Spielern, die sich hier entwickelt haben. Für mich als Trainer war das eine unglaublich tolle und schöne Zeit. Wichtig ist, dass wir uns neun Jahre in der Landesliga gehalten haben und dort zu einer Institution geworden sind. Ich glaube, wir haben der Liga auch unseren Stempel aufdrücken können. Darauf bin ich total stolz.

 

OA: Konnten Sie dem Verein auch Ihren Stempel aufdrücken?

 

Reisewitz: Die DNA des Vereins war es, schon vor mir und in meiner Zeit, Spieler aus dem Umfeld zu entwickeln und keine komischen Sachen zu machen. Es tut der Mannschaft gut, keine zwei oder drei Spieler im Team zu haben, die total drüber sind, aber keinen lokalen Bezug haben. Ich glaube, dazu habe ich beigetragen. Ich glaube und hoffe, dass der Verein diesen Weg weitergeht.

 

OA: Ihre nächste Station ist der Bezirksligist TuS Buisdorf. Warum?

 

Reisewitz: Im ersten Moment wollte ich ja nie wieder etwas mit Fußball zu tun haben. Aber schuld ist meine Frau, die mich sehr unterstützt hat, weiterzumachen. Ich bin ja auch nicht ausgebrannt oder habe keine Lust mehr. Aber ich wollte ohne Druck weitermachen. Buisdorf ist ein charmanter Verein, familiär geführt und mit vielen Zuschauern. Es war genau das richtige, um ohne Druck gleich wieder loszulegen.

 

OA: Soll es in Buisdorf wieder eine neun Jahre währende Ära werden?

 

Reisewitz: Am Anfang kann man so etwas nicht sagen. Es war ja auch in Nümbrecht damals nicht abzusehen. So ein Verhältnis entwickelt sich über die Jahre. Aber ich bin keiner, der sagt, ich bin nach einem Jahr wieder weg.

 

OA: Könnten Sie sich auch vorstellen, irgendwann zum SSV zurückzukehren?

 

Reisewitz: Klar, ich bin da total offen. Mir ist es auch total wichtig, dass man, wenn man geht, sagen kann, dass man auch Wurzeln hinterlassen hat. Ich bin traurig über das Ende, aber wer weiß, was die Zukunft bringt.

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