POLITIK
Keine Bezahlkarte für Flüchtlinge in Wiehl – zumindest vorerst
Wiehl – Nach einem Grünen-Antrag und einer Prüfung der Sachlage schlug die Verwaltung dem Stadtrat vor, zunächst auf die Einführung zu verzichten – Dieser stimmte mehrheitlich zu – Spätestens in einem Jahr soll erneut über das Thema gesprochen werden.
Von Lars Weber
Seit Beginn des Jahres ist damit begonnen worden, die Bezahlkarte für Geflüchtete in Nordrhein-Westfalen auszugeben. Damit wird der Beschluss der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom November 2023 im Gleichklang mit 13 weiteren Bundesländern umgesetzt. Das ausgegebene Ziel: die Unterbindung von Geldtransfers ins Ausland und eine Verwaltungsvereinfachung für die Kommunen. Das Land NRW hat aber die Möglichkeit für Kommunen geschaffen, an vor Ort bereits etablierten Systemen festzuhalten, die sogenannte Opt-Out-Regelung. Für diese ist ein Ratsbeschluss nötig. Genau dieser Weg ist nun auch in Wiehl gewählt worden. Der Beschluss bei der Sitzung des Stadtrats fiel mehrheitlich. Die Befürworter hatten dabei sehr unterschiedliche Beweggründe.
Auf das Tableau gebracht wurde das Thema durch einen Antrag der Grünen-Fraktion. „Wir lehnen die Diskriminierung und Kontrollen der Geldverwendung von Menschen, die um Asyl bitten beziehungsweise sich auf der Flucht befinden und denen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehen, ab. In der Stadt Wiehl sollen Asylsuchende und Geflüchtete auch künftig nicht ausgegrenzt werden.“ In Wiehl gebe es ohnehin nur in sehr geringem und zeitlich begrenztem Umfang Barauszahlungen – also genau das, was mit der Bezahlkarte unterbunden werden soll. Mit einer Einführung werde lediglich „die negative Stigmatisierung Geflüchteter“ erreicht, so die Grünen.
Die Verwaltung hat sich daraufhin eingehend mit dem Thema befasst. Zum Auswertungszeitpunkt im Februar wären 65 Personen betroffen gewesen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. 35 davon seien minderjährig und mit ihrer Familie in Wiehl. Von den Menschen beziehen sieben Personen für sich oder auch für ihre Kinder die Geldleistungen per Scheck, aller anderen bekommen das Geld überwiesen. Dazu bewerte die Verwaltung die Systemumstellung auf die Bezahlkarte auch angesichts dieser Zahlen als „maximal aufwandsneutral“, nicht jedoch als Vereinfachung. Daher, weil eine „mäßige Erfolgsaussicht“ prognostiziert werde, die mit der Bezahlkarte verfolgten Ziele in Wiehl zu erreichen, empfahl die Stadt der Politik, die Opt-Out-Regelung zu nutzen.
Eine Einführung soll in einem Jahr erneut überprüft werden. Die Stadt hofft mit dieser Strategie zudem, dass auch technische, verwaltungsrechtliche und finanzielle Fragen in Bezug auf die Bezahlkarte in dieser Zeit geklärt werden.
Nicht hinter die Argumentation der Grünen, sondern auf die dargestellte Sachlage der Verwaltung, konnten sich auch CDU und FDP sammeln, die generell für die Einführung waren. „Wenn die Zahlen im Moment so gering und ein Systemwechsel nicht zwingend ist, sollten wir abwarten“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzende Larissa Gebser und verwies auch auf die Diskussionen in Berlin, ob die Opt-Out-Regelung Bestand haben wird. So sah es auch FDP-Fraktionschef Dominik Seitz und dankte der Verwaltung für die sachliche Darstellung. „Ist doch klar, dass wir die für die Verwaltung günstigste Lösung umsetzen“, schloss sich Hans-Peter Stinner (UWG) an.
Jürgen Körber, Fraktionsvorsitzender der Grünen, fand es „bedauerlich“, dass verwaltungstechnische Gründe für die Nicht-Einführung „vorgeschoben“ wurden. „Für mich geht es hier um den Menschen. Wir wünschen uns, dass die Bezahlkarte auf Dauer nicht eingeführt wird.“ So sah es auch Matthias Lammerich (Die Linke): „Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist ein diskriminierendes und stigmatisierendes Instrument.“ Dem widersprach Dietmar Rekowski (AfD). Angesichts dessen, dass mit der Karte praktisch überall bezahlt werden könne, sehe er daran nichts Diskriminierendes. „Wir werden nicht darum herumkommen, sie einzuführen.“ Die AfD stimmte dementsprechend gegen den Vorschlag der Verwaltung, dazu gab es zwei Enthaltungen. Die restlichen Stadtverordneten stimmten dafür.