POLITIK
Kosten für Kreishaus: Externe Prüfer fällen klares Urteil
Gummersbach – Experte von der Uni Siegen und auch der Gummersbacher Baufachmann Volker Müller attestieren der Kreisverwaltung und den Planungsbüros gute Arbeit - Wenig Einsparpotenzial.
Von Lars Weber
92,7 Millionen Euro soll der Bauabschnitt für den Kreishausanbau kosten, für den es Ende März einen Mehrheitsbeschluss im Kreistag gab (OA berichtete). „Eine beeindruckende Summe“, sagte heute auch Landrat Jochen Hagt beim Pressegespräch, zu dem der Kreis geladen hatte. Denn verbunden mit dem Beschluss war auch die Überprüfung der Kostenschätzung für das Megaprojekt, mit der bekanntlich Teile der Kreisverwaltung am Standort Moltkestraße zentralisiert und aus teils alten, ungeeigneten und in der Unterhaltung teuren 22 Liegenschaften in Gummersbach herausgeholt werden sollen (OA berichtete). Besonders das Jugendamt benötigt dringend moderne und sichere Räume. Zwei Fachleute hat der Kreis mit der Überprüfung beauftragt, darunter ein alter Bekannter. Nun sind die Ergebnisse vorgestellt worden, mit denen der Kreis natürlich auch den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen möchte.
Wie lautete die Aufgabestellung?
Baudezernent Felix Ammann erläuterte, dass die Experten sich die gesamte Kostenstruktur anschauen sollten. Dazu gehören eben nicht nur die Baukosten, sondern auch Nebenkosten, besondere Aufwendungen oder auch die fünf Prozent für die allgemeinen Kostensteigerungen oder die 20 Prozent Generalunterunternehmer-Zuschlag. „Was für Ausreißer gibt es vielleicht, ist die Struktur plausibel?“, so Ammann über den Arbeitsauftrag.
[Sie stellten die Ergebnisse der Kostenprüfung vor (v.li.): Rainer Schmidt (BMP Baumanagement), Landrat Jochen Hagt, Prof. Dr. Bert Bielefeld, Baudezernent Felix Ammann und Volker Müller.]
Wie schätzt Prof. Dr. Bert Bielefeld das Projekt ein?
Prof. Dr. Bert Bielefeld ist Professor für Baumanagement und Bauökonomie an der Universität Siegen, außerdem Mitglied im Normungsausschuss der DIN 276 – Kosten im Hochbau und Mitglied im Beirat des Baukosteninformationszentrums für Architekten. Bei der Prüfung habe es mehrere Schritte gegeben. In einem ersten Schritt habe er die reinen Baukosten verglichen mit hinterlegten Projekten in einer bundesweiten Baukostenstatistik. Das Ergebnis sei als „Benchmark“ zu verstehen: „Für ein Verwaltungsgebäude bewegen wir uns hier im gesunden Mittelmaß, es ist ein normales Gebäude geplant.“ Anschließend sei er die einzelnen Positionen der Planung durchgegangen. „Die Einschätzung bleibt danach aber ähnlich.“ Besonders die Lage am Hang habe Auswirkungen auf den Preis. „Das gehört in dieser Gegend auch dazu.“ Die vorgesehenen Maßnahmen, um damit umzugehen, seien „legitim“.
Sinnvoll empfindet er die Risikobewertung und den GU-Zuschlag. „Dies werde häufig zu knapp bemessen, dann wird das Bauprojekt plötzlich doppelt so teuer. Hier wurde ein anderer Weg eingeschlagen.“ Auf dem weiteren Weg würden die Kosten weiter spezifiziert und klarer. „Am Ende könnte der Preis günstiger werden als jetzt veranschlagt.“ Die Vergabe an einen Generalunternehmer empfindet er ebenso sinnvoll, um das Risiko zu verteilen. Rainer Schmidt vom BMP Baumanagement, der das Projekt für den Kreis begleitet, betonte, dass er froh sei, dass auch die öffentliche Hand inzwischen Risiken überhaupt einpreisen darf.
Was sagt Volker Müller zu den Kosten?
Noch vor dem Kreistagsbeschluss zum Bau des Anbaus hatten Aussagen Volker Müllers zu großer Kritik an der Planung des Kreises geführt. Müller hatte auf Nachfragen der örtlichen Presse über die tatsächlich entstandenen Baukosten zur Kreispolizeibehörde des Enneper-Ruhr-Kreises informiert. Eine öffentliche Kritik habe er selbst zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen, so Müller. Dieser Eindruck sei nachfolgend erst durch Interpretation und Reaktion Dritter entstanden. Diese Entwicklung habe ihn dazu bewogen, der Bitte des Landrates zu folgen, das Projekt in Hinblick auf die Kosten zu analysieren und die Kostenschätzungen des OBK zu bewerten.
Müller ist ein erfahrener Experte auf dem Gebiet als langjähriger Geschäftsführer der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft (GWG). Außerdem hat er mit Partnern Großprojekte in Gummersbach wie die neuen Gebäude von Polizei und Amtsgericht oder den Neubau der Polizei in Ennepetal gestemmt. Mit letzterem verglich Müller nun auch den Kreishausanbau. Er legte Wert darauf, als „fachkundiger Bürger“ zu sprechen. "Mein sachlicher Beitrag ist in diesem Zusammenhang überparteilich und uneigennützig zu verstehen."
Für den Vergleich habe er das Projekt Polizeigebäude „hochindiziert und hochskaliert“. Das heißt, er hat Baupreise zu einem möglichen Zeitpunkt der Ausschreibung Mitte 2026 für die Polizei angenommen und zudem das Gebäude noch etwas größer gemacht. Um nicht „Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, habe er auch Spezifika wie die Hanglage in Gummersbach ausgelassen. Demnach sei die Kostenschätzung des Kreises „sehr dezidiert“. Es sei nichts überzogenes dabei. „Die Zahlen in Gummersbach und Ennepetal liegen nicht weit auseinander“, so Müller, wenn man die Unterschiede rausnehme.
Die Außenanlage in Gummersbach sei zwar teurer, allerdings habe man dabei an ein Verwaltungsgebäude dieser Art auch einen anderen Anspruch als an ein Polizeigebäude. Müller glaubt, dass beim Baulogistikkonzept noch Sparpotenzial steckt und auch den GU-Zuschlag könnte der Kreis aus seiner Sicht noch überdenken.
Ist es wirklich ein „Glaspalast“?
Bei SPD und Grünen wird längst nur noch von einem „Glaspalast“ gesprochen, wenn es um den Kreishausanbau geht. Landrat Hagt sprach die Experten extra darauf an. Laut Dr. Bielefeld könnte man die Fassade natürlich anders gestalten, zum Beispiel mit Stahlbetonteilen. „Die werden aber auch immer teurer“, auch durch CO2- und Nachhaltigkeitszuschläge. Pro Quadratmeter sieht er einen Unterschied von etwa 100 Euro den Quadratmeter. „Es ist kein Gamechanger, um Kosten zu sparen, zumal das Gebäude ja kein Bunker werden soll.“ Generell sieht er wenig Einsparpotenzial.
Der Rechnung pflichtete Müller bei. Im Vergleich zum Polizeibau werde die Kreishausfassade zwar teurer, dafür brauche die Polizei wiederum die kostenintensivere Gebäudetechnik. Felix Ammann wiederholte einmal mehr, dass der Neubau als nachhaltiges, energieeffizientes Gebäude geplant werde. Dies werde nicht nur getan, um ein Gold-Zertifikat zu erlangen, sondern vor allem um die Betriebskosten so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten.
Wie bewertet der Landrat die Diskussionen in den Kommunen?
Nahezu in allen Kommunen hatten Grüne und SPD Anträge eingebracht, unter anderem mit der Forderung, eine Sondersitzung des Kreistags einzuberufen, um den Mehrheitsbeschluss für den Bau aufzuheben. „Wir haben Wahlkampf“, kommentierte Hagt das Geschehen. Klar ist, dass die Zuständigkeiten woanders liegen. „Die SPD im Kreistag kann jederzeit eine Sondersitzung beantragen.“ Falls der Beschluss aufgehoben werden würde, hieße dies jedoch, dass viel Geld verbrannt werde, unter anderem aufgrund von Schadensersatzansprüchen der beauftragten Büros. Der Landrat erinnerte daran, dass „über die Jahre eine Reihe von Beschlüssen“ zu diesem Baubeschluss geführt haben. Dazu gehörten auch Beschlüsse, die sich für eine Zentralisierung am Standort Moltkestraße ausgesprochen hätten. Übrigens: Selbst das Gebäude des Gymnasiums gegenüber wurde in den vergangenen Jahren überprüft, ob es infrage kommt. Mit dem Ergebnis, dass der Flächenzuschnitt für ein Verwaltungsgebäude ungeeignet sei.
Was ist mit den weiteren Bauplänen?
Landrat Hagt betonte, dass es nur einen Beschluss für einen Bauabschnitt gebe. Die anderen beiden mitgeplanten Bauabschnitte liegen für mögliche zukünftige Bedarfe in der Schublade. „Es gibt aber keine Beschlüsse dafür, anders als das im Netz aktuell gerne dargestellt wird.“ Die rund 50 Millionen Euro, die für eine Realisierung genannt wurden, spielten aktuell keine Rolle. Nun gehe es um "nur" die 92,7 Millionen Euro. Wie dies finanziert werden soll, wiederholte Kreisdirektor Klaus Grootens (hier gibt es einen ausführlichen Bericht dazu). Entscheidend für die Kreisverwaltung und natürlich für die Kommunen: Durch das Finanzierungsmodell werde die Kreisumlage nicht zusätzlich belastet, auch die Pensionen sind sicher. „Auch Wirtschaftsprüfer, die Bezirksregierung und Banken haben unseren Weg als gut bezeichnet“, so Landrat Hagt.
KOMMENTARE
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Ich finde es wirklich schade, dass so viele Bürger nicht auf die Fakten von Kreis und Experten vertrauen. Wahlkampf ist hier das richtige Wort! Die Finanzierung wurde extra entwickelt, damit die Kommunen entlastet werden, aber das wollen SPD und GRÜNE nicht verstehen. Schade, dass solche Darstellungen nun genutzt werden um auf Stimmenfang zu gehen.
, 11.07.2025, 18:50 Uhr2
Vielleicht hört die unsachlich Diskussion, die SPD und Grüne anderswo gerne als Populismus und Fake News bezeichnen, jetzt endlich auf. Ich glaube es zwar nicht, aber immerhin gibt es jetzt eine neutrale Bestätigung, dass die Kosten realistisch und geplant sind. Selbstverständlich sind fast 93 Millionen Euro richtig, richtig viel Geld. Aber die Investition ist - und die Argumentation des Kreises ist an dieser Stelle gut nachvollziehbar - sicherlich notwendig und perspektivisch auch alternativlos. Ich drücke die Daumen, dass die Kosten auch im kalkulierten Rahmen bleiben, evtl. sogar darunter...
Klaus Müller, 11.07.2025, 20:29 Uhr3
Alles schön und gut.
Was ich hier vermisse, ist eine Darstellung / Analyse bezogen auf Nutzung und Erforderlichkeit von zusätzlichen Büros/Arbeitszimmern.
Wie mir bekannt ist und auch von Freunden oder dort Bediensteten mehrfach mitgeteilt wurde, stehen etliche Büros jetzt schon aufgrund von Homeoffice Tätigkeiten leer.
Kann man nicht, wie in der Industrie oder auch größeren Firmen üblich, an Officesharing denken., oder soll jedem Kreismitarbeiter ein festes Büro zugeordnet werden ? [Anm.d.Red.: Ein paar Infos zu diesem Thema gibt es hier: https://www.oberberg-aktuell.de/politik/wie-viel-platz-braucht-der-kreis-f--r-die-erweiterung-wirklich--a-101082] Dann wird der Platz vielleicht in ein paar Jahren wieder nicht ausreichen und man erweitert dann eventuell nochmals,.
Vielleicht dann noch das Kohlgrüber-Haus dann auch noch abreißen.
Wirklich schade, was aus dem alten Gummersbach bzgl. Alter, wunderschönen Villen so geworden ist. Kreisstadt = Bürostaft !
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Ich habe Verständnis dafür, dass die Mitarbeiter ordentlich arbeiten können. Dafür braucht es auch eine entsprechende Infrastruktur.
Diese Selbstverwirklichung der Architektur ist meiner Meinung nach nicht zielführend. Wir benötigen kein architektonisches Meisterwerk. Es ist einfach ein Bürokomplex, der funktional sein muss.
Wer soll bitte diese Mehrkosten tragen? Der Kreis? Nein, es sind die Bürger.
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Der Landrat Hagt will das Projekt mit aller macht durchwinken.
Nur wie dumm sind alle Politiker? Das sie nicht begreifen bei KI wird demnächst jede 2 Arbeitsstelle weg fallen im Kreishaus. Wozu da ein teurer Anbau von 92,7 Millionen??? Und man kann Homeoffice arbeiten.
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Die Zentralisierung der Kreisverwaltung ist dringend notwendig und alternativlos. Die Gutachter bestätigen das die Verwaltung gute Arbeit geleistet hat und diese Erweiterung vollkommen im Rahmen liegt. Weiterhin hat sich ein Arbeitgeber um seine MitarbeiterInnen zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass angemessene Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Viele MitarbeiterInnen sind zur Zeit leider mehr schlecht als recht untergebracht. Und auch den BürgerInnen kommt ein modernes, zeitgemäßes Gebäude entgegen. Außerdem baut der Kreis auf Gummersbacher Stadtgebiet. Die Stadt macht nun mal auch Vorgaben.
Zur KI und Homeoffice: Sicherlich werden einige Bereiche in einigen Jahren verschlankt KI und Homeoffice können Bürgernähe nicht ersetzen.
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