POLITIK

"Handwerk muss für junge Menschen wieder attraktiv werden"

lw; 07.05.2022, 06:00 Uhr
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Fotos Kandidat: Ralf Jost; Foto Plenarssaal Düsseldorf: Landtag NRW/Bernd Schälte; Foto Wahlplakat: Lars Weber.
POLITIK

"Handwerk muss für junge Menschen wieder attraktiv werden"

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lw; 07.05.2022, 06:00 Uhr
Oberberg - Die Landtagskandidaten für den Wahlkreis 24 stellen sich den Fragen von Oberberg-Aktuell - Heute: Marc Zimmermann von Bündnis 90/Die Grünen.

Warum kandidieren Sie für den Landtag?

Ich bin bereits einige  Jahre sehr aktiv, was die politische Arbeit in Oberberg betrifft. Da stößt man schonmal an Grenzen des Möglichen in kommunaler Politik. „Das ist Landessache“, heißt es da nicht selten. Dazu gehört auch die Mobilität im ländlichen Raum. Eine deutliche Steigerung der Attraktivität von ÖPNV und auch Fahrrad-Infrastruktur ist bei uns in Oberberg aber im Zuge einer Mobilitätswende von tragender Bedeutung. Das schaffen Kommunen nicht alleine, sondern sie brauchen dafür Rahmenbedingungen, die unter anderem eine Landesregierung schafft. Energiewende, Agrarwende, Bau- und Wärmewende und vieles mehr sind weitere Anliegen, um der größten Krise unserer Zeit zu begegnen: der Klimakrise! Für meine und Ihre Kinder will ich an Lösungen mitwirken.

 

Welches politische Ziel ist Ihnen das Wichtigste?

Als gelernter Stuckateur und Vorstandsmitglied von HandwerksGrün steht eine Stärkung des Handwerks an oberster Stelle. Die Flut in der Eifel, an der Ahr, aber auch hier in Teilen Oberbergs, hat Infrastruktur zerstört, die schnell und fachmännisch wieder aufgebaut werden muss. Dazu braucht es ausreichend Handwerker*innen. Genau hier herrscht aber massiver Fachkräftemangel. Wir müssen es schaffen das Handwerk für junge Menschen wieder attraktiv zu machen. Dazu gehört auch eine Reduzierung bürokratischer Hemmnisse, eine flächendeckendere Versorgung mit Ausbildungszentren, allgemein eine Gleichwertigkeit von Ausbildung und akademischen Werdegängen. Das Thema Handwerk ist ein Querschnittsthema und muss dringend aus der reinen Wirtschaftspolitik auch in anderen Politikfeldern mitgedacht werden.

 

Zur Person

 

Alter: 49

Wohnort: Wiehl

Familienstand: verheiratet

Beruf: freiberuflicher Wildnispädagoge

Hobbys: Wald und Natur, meine Tiere (zwei Hunde, zwei Katzen, Hühner), Politik

 

Bisheriger politischer Werdegang: 2016 Beitritt zu den Grünen, ab 2017 sachkundiger Bürger im Rat der Stadt Wiehl (bis 2020) und Ortsverbandsprecher (bis 2021), 2018 Beisitzer im Vorstand der Kreisgrünen, ab 2018 Delegierter für die Landesdelegiertenkonferenz, seit 2019 Sprecher der Kreisgrünen zusammen mit Sabine Grützmacher und Delegierter im Bezirksrat, seit Januar 2022 Vorstandsmitglied von HandwerksGrün und Koordinator für NRW

 

Vereinszugehörigkeiten: HandwerksGrün, Mitglied im Nabu und im Aktionsbündnis Erhalt heimischen Naturraum Oberberg, DAV Mitglied Sektion Gummersbach und Förderkreis zur Reaktivierung der Wiehltalbahn

 

Mein Lieblingsplatz im Wahlkreis: Der Wald, die Wiesen und die Felder

 

Welches Thema wurde in den vergangenen fünf Jahren am meisten vernachlässigt?

Sowohl auf Landes-, als auch auf Bundesebene  ist das Thema Energiewende zu kurz gekommen, beziehungsweise durch falsche Interessen nicht entsprechend umgesetzt worden. Leider, und das bestätigt der IPCC-Bericht (Anm.d.Red.: IPCC ist der zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen) immer wieder, haben die bisherigen Regierungen hier deutlich zu wenig getan. Heute tritt unsere Abhängigkeit von russischen, fossilen Energieträgern durch den völkerrechtswidrigen Angriff  auf die Ukraine deutlich zutage. Da kommen wir nur durch einen beschleunigten Ausbau von erneuerbaren Energien heraus, das hat jetzt fast Jede*r verstanden. Und dennoch weigert sich die derzeitige schwarz/gelbe Landesregierung die starren 1.000 Meter Abstandregelungen für Windenergie  zugusten von individuellen Entscheidungen anzupassen. Es wird Zeit, dass das Thema zukunftweisend angepackt wird, wie es derzeit im Bund durch Robert Habeck und Co. angestoßen wird.

 

Die Pandemie hat alle Lebensbereiche getroffen: Wer braucht nun am meisten Hilfe und wie kann das Land unterstützen?

Die Pandemie hat uns alle getroffen. Und sicher jeden auf seine Weise hart. Wichtig ist jetzt, dass wir das gesellschaftliche Zusammenleben wieder aktivieren. Gastronomie, Unterhaltungsbranche und Kulturschaffende brauchen Anschub. Aber auch viele Geringverdiener und Menschen in der Grundsicherung brauchen eine Anpassung an die derzeit enorm steigenden Preise. Dafür hat die Bundesregierung die Kindergrundsicherung, den Mindesstlohn von 12 Euro und eine gerechtere Verteilung des CO²-Preises auf Vermieter und Mieter zu gleichen Teilen umgesetzt. Aber auch die Kinder und Jugendlichen dürfen nicht vergessen werden. Auch deshalb ist die Einführung einer flächendeckenden Schulsozialarbeit in NRW (aber nicht nur dort) dringend geboten. Es gibt also viele Menschen, denen die Pandemie massiv zugesetzt hat. Und alle brauchen Hilfe. Individuell und schnell. 

 

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Hilfe suchen auch viele Menschen aus der Ukraine bei uns: Was muss das Land tun, damit die Menschen in den Kommunen gut aufgenommen und integriert werden? 

Als Erstes mal muss das Land seiner Verantwortung gerecht werden und darf nicht wieder die Kommunen mit dieser Aufgabe alleine lassen. Viele Kommunen haben nicht die personellen Kapazitäten und sind auf die Unterstützung durch Ehrenamtliche angewiesen. Aber auch diese Menschen, die zum Teil bereits 2015/16 bis an ihre Grenzen die Aufnahme der damaligen Flüchtenden gemanaged haben, stoßen an Grenzen. Die neue Landesregierung wird hier massiv die Kommunen unterstützen müssen. Leider etwas, das bisher zu kurz kommt.

 

Was muss im Wahlkreis geschehen, um die Energiewende voranzutreiben?

Die Energiewende werden wir nicht im oberbergischen Süden rocken. Vielmehr muss auf Landesebene die Grundlage geschaffen werden, dass Wind, Solar und Biogas ihre Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Weshalb also hält die derzeitige Landesregierung an den starren Abstandregelungen fest? Wir haben Potenziale, die uns deutlich näher an das angestrebte Zwei-Prozent-Ziel heranbringen. Neben Abstandsregelungen müssen Doppelnutzungen von Flächen (Agrophotovoltaik), Windenergie in Gewerbegebieten, Speicherung von überschüssiger Wind- und Solarenergie (z.B. in grünem Wasserstoff) möglich gemacht und gefördert werden. Dazu müssen Bürgerenergieanlagen stärker gefördert werden. Wenn Menschen von der Erneuerbaren Energie vor der Haustüre partizipieren, ist die Akzeptanz deutlich höher.  Durch Konzeptvergaben können gerade im Neubau und im Gewerbebau Erneuerbare Energien deutlich gefördert werden.

 

Was wollen Sie uns damit sagen?
 

Als Wildnispädagoge habe ich in meiner Ausbildung, angelehnt an das Wissen indigener Völker, die Notwendigkeit erfahren, dass wir Menschen unsere Beziehung zur Natur wieder verstärken müssen. Das beginnt in Kita und Schule. Deshalb halte ich einen regelmäßigen Unterricht in der Natur für wichtig. Die Laborschule Bielefeld, als Versuchsschule des Landes NRW, hat da sehr gute Erfahrungen gemacht. Kinder, die Naturerfahrungen früh sammeln konnten, werden zu Erwachsenen, die Entscheidungen mehr an den Belangen der Natur ausrichten. Das erlebe ich auch immer wieder in meiner Arbeit als Wildnispädagoge. Hinzu kommen weitere positive Aspekte wie beispielsweise eine verbesserte Konzentration der Schülerinnen und Schüler nach diesen Unterrichtseinheiten. Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, müssen wir die Natur besser verstehen und unsere Entscheidungen elementar daran ausrichten.

 

Wie kann das Leben im ländlichen Raum gestärkt werden?

Der demographische Wandel ist ein großes Problem für ländliche Räume, so wie der Mangel an Wohnraum für Städte. Es muss einer Landesregierung daran gelegen sein, die Menschen in jedem Umfeld gut zu versorgen. Dazu gehört heute eine gute Anbindung, digital, aber auch durch klimaschonende Mobilität. Aber auch der Wohnraum muss ebenso für alle Geldbeutel und jedes Alter vorhanden sein wie wohnortnahe Arbeitsplätze und flächendeckende ärztliche Versorgung.  Klimapolitisch dürfen wir uns keine neuen Einfamilienhaussiedlungen auf der grünen Wiese leisten. Es braucht neue Konzepte für nachhaltigen Wohnungsbau. Dahin sollten wir die Bürger*innen mitnehmen. Innenraumverdichtung kann nur mit den Bürger*innen gelingen, nicht an ihnen vorbei. Der Flächenverbrauch (5,7 ha/Tag in NRW) muss deutlich reduziert werden.  Denn auch regionale, landwirtschaftliche Versorgung braucht Platz. Und vieles mehr!

 

Welches Wahlkreisthema möchten Sie in Düsseldorf nach vorne bringen?

Stadtentwicklung ist auch in unserer Region ein wichtiges Thema. Wie oben bereits geschrieben, wird auch bei uns Wohnraum benötigt. Grenzenlose Flächenversiegelung ist aber keine Option mehr. Nachverdichtung vor Neuausweisung. Das alles aber sozial verträglich, was die Stadtgestaltung angeht, aber auch was den bereitgestellten Wohnraum betrifft. Sozialer Wohnungsbau, Wohnen und Arbeiten, seniorengerechter Wohnraum. Das alles unter Mitnahme der Bevölkerung um Akzeptanz für den Neubau nebenan zu schaffen. Stadtentwicklung von Morgen muss ganzheitlich nachhaltig sein. Um die Stadt zu entwickeln, brauchen wir Handwerker*innen. Das ist mein Schwerpunktthema. Ich will auch für unsere Region eine Stärkung der Handwerksunternehmen erreichen und die Attraktivität des Handwerks fördern.  Fachkräftemangel, Bürokratieabbau, Geschlechtergerechtigkeit, Angleichung von Ausbildung und Studium.

KOMMENTARE

1

Vielleicht mal am Lohn-Gehalt anfangen...
So lockt Mann Personal.
Wenn Ich im Lidl und Co als Aushilfe mehr bekomme als wie im Handwerk was soll Ich mir den da den Stress da antun?
Da muss mal angefangen werden und dann fehlt der Respekt vor dem wissen was Mann im Handwerk haben muss von Brand Schutz und Co.....

Ein Handwerker , 07.05.2022, 21:10 Uhr
2

Der Borkenkäfer hat unseren Wald nieder gemacht. Ich sehe die Notwendigkeit für die Natur in der ich mich Täglich mit Hund auf dem Rad oder zu Fuss durch die Natur bewege.
Leider sehe ich auch den Raubbau an unserer A 4 woGesunde Bäume (40 Jahre alt) werden gefällt.
Wo sind den die Grünen ?
Subjektiv alles leere versprechen

Raul, 08.05.2022, 22:55 Uhr
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