SOZIALES
Mit Vertrauen und auf Augenhöhe
Gummersbach – Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens haben die „Wohnhilfen Oberberg“ heute einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltet.
Wenn man im Oberbergischen unterwegs ist, durch Fußgängerzonen geht, an Geschäftseingängen vorbei, oder auch durch Unterführungen, dann begegnet man dabei nur selten Menschen, die offensichtlich obdachlos sind – anders als in Großstädten wie Köln. Doch auch im Oberbergischen gibt es viele Menschen, die keine eigene Wohnung haben und auf Hilfe angewiesen sind. Diesen Menschen zu helfen, das haben sich die rund 70 Mitarbeiter der „Wohnhilfen Oberberg“ zur Aufgabe gemacht. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es dieses Gesamthilfesystem – und das wurde heute im Rahmen eines „Tags der offenen Tür“ gefeiert.
„Wir haben uns vor 15 Jahren auf den Weg gemacht und überlegt, wie die Wohnhilfe im ländlichen Raum optimal aufgestellt werden sollte“, sagte Susanne Hahmann am Vormittag im Gespräch mit OA. Hahmann ist Geschäftsführerin der Sozialen Hilfen der Diakonie Michaelshoven, zu denen die „Wohnhilfen Oberberg“ gehören. Ob bei einem drohenden Verlust der Wohnung oder Wohnungslosigkeit, einem ungesicherten Einkommen, Arbeitslosigkeit, Schulden, Sucht- oder psychischen Erkrankungen, der Trennung vom Partner oder der Familie oder auch in anderen Notlagen: die Wohnhilfen unterstützen in diversen Not- und Krisensituationen.
„Wir versuchen, die Lebenssituation jedes einzelnen zu verbessern, zu stabilisieren und die Menschen in Wohnraum zu bringen“, erklärte Wilfried Fenner, stellvertretender Bereichsleiter der „Wohnhilfen Oberberg“. Ob vom 18-Jährigen, der einen Konflikt mit seinen Eltern hat, bis zur 80-Jährigen, die mit einer Räumungsklage konfrontiert wird: unterstützt werden von den Wohnhilfen volljährige Menschen aller Altersklassen – und das im ganzen Kreisgebiet. „Es gibt überall Wohnungsnotfälle, in allen 13 Kommunen des Oberbergischen Kreises“, sagte Fenner. Und so seien auch die Wohnhilfen in der Fläche präsent.
Stationäre Angebote haben die Wohnhilfen in der Karlstraße 1 in Gummersbach, wo heute auch der „Tag der offenen Tür“ gefeiert worden ist, in der Hochstraße 14 in Wipperfürth und in der Brölbahnstraße 1-5 in Waldbröl. Darüber hinaus gehört auch das Haus Segenborn zu den Wohnhilfen. Laut Susanne Hahmann gibt es das Haus Segenborn schon seit 98 Jahren. Gelegen zwischen Waldbröl und Ruppichteroth, bietet es 90 obdachlosen Menschen ein zu Hause. Doch das zentrale Problem sei nach wie vor fehlender Wohnraum. Auf dem freien Wohnungsmarkt würden die Betroffenen kaum eine bezahlbare Wohnung finden.
[Wilfried Fenner führt Sandra Ost durch die Ausstellung.]
Ob interessierte Bürger, langjährige Kooperationspartner oder auch Menschen, die Hilfe suchen oder fanden: über den Tag hinweg sind viele zu den Wohnhilfen gekommen. Dabei konnten sich die Gäste unter anderem die Ausstellung „Wohnungslosigkeit hat viele Gesichter“ anschauen, die zusammen mit dem Fotografen Marcus Kugelmeier erarbeitet worden ist. Neben Portraits von Menschen, die einst von Wohnungslosigkeit betroffen waren, informiert die Ausstellung auch darüber, wie das Gesamthilfesystem dabei unterstützt, wieder ein neues Zuhause zu finden.
Darüber hinaus waren auch fünf Arbeiten aus dem Kunstprojekt „Auf Augenhöhe“ zu sehen. Im Haus Segenborn hatte der Künstler Harald Birk ein temporäres Atelier aufgeschlagen und von Menschen, die dort lebten, jeweils eine Büste erstellt. Gezeigt wurde außerdem eine Videoinstallation, die Geschichten von Betroffenen und den verschiedenen Projekten der Wohnhilfen beleuchtet, sowie Holzarbeiten, die in der Schreinerei des Hauses Segenborn produziert worden sind. Für Livemusik sorgte die Gruppe „Salossi“.
[Ein Produkt aus der Holzwerkstatt im Haus Segenborn.]
Dem aktuellen Jahresbericht der Wohnhilfen zufolge wurden im vergangenen Jahr 1.536 Fälle erfasst (OA berichtete). In 67 Prozent der Fälle waren Menschen akut bzw. unmittelbar von Wohnungslosigkeit betroffen. Akut sei es laut Wilfried Fenner erstmal wichtig, Vertrauen aufzubauen und die Existenz der Betroffenen zu sichern: heißt, ihnen einen Schlafplatz und Essen zu verschaffen. „Langfristig geht es aber darum, Perspektiven zu schaffen und den Menschen darin befähigen, seinen Weg selbstständig weiterzugehen.“ Dass das im Oberbergischen derart funktioniere, in Kooperation mit dem Kreis, den Kommunen und weiteren Akteuren, sei bundesweit nahezu einzigartig.
[Mitarbeiter aus dem Team der Wohnhilfen in Gummersbach.]
Weitere Informationen zu den „Wohnhilfen Oberberg“ sind hier zu finden.
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