BLAULICHT
Prozess geschwänzt: Ausland statt Anklagebank
Waldbröl – Angeklagte fehlte zum zweiten Mal – Nun wurde sie in Abwesenheit zu einer Geldstrafe wegen Körperverletzung und Beleidigung verurteilt.
Von Lars Weber
Für Richter Kevin Haase schien die Nachricht nur bedingt überraschend zu kommen. Kaum waren die Zeugen im Gerichtssaal, wurde dem Richter am Amtsgericht Waldbröl verkündet, dass die Angeklagte Ola U. (Anm.d.Red.: Name geändert) in Übersee weile – und dementsprechend zu ihrem heutigen Gerichtstermin nicht erscheinen wird. So, wie es vor einigen Wochen schon einmal gewesen war. Nur hatte sich die Frau damals wenige Tage vorher selbst in Richtung Ausland verabschiedet. Dieses Mal überbrachte ihr Ehemann die Nachricht. Seine Frau wolle demnach auch erst Richtung Ende des Jahres wiederkommen.
Es war ohnehin eine Familienangelegenheit im Verhandlungssaal: Unter anderem war die Tochter der Angeklagten vor Ort – sie hatte nach einem handfesten Streit mit ihrer Mutter, bei dem ihr unter anderem ein Büschel Haare ausgerissen worden sein soll, die Sache vor das Gericht gebracht. Die Auseinandersetzung zwischen Mutter und Tochter fand am 6. Mai vor gut einem Jahr in Morsbach statt. Angeklagt wurde Ola U. nun von der Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung.
Weitere Informationen oder Ausführungen zum Geschehen gab es nicht, weil der Prozess erst gar nicht gestartet wurde. Richter Haase entschied sich in Absprache mit der Staatsanwaltschaft, das Urteil in Abwesenheit der Angeklagten nach Aktenlage zu fällen.
Vorher jedoch wurde ihm vom Ehemann der Angeklagten ein Foto auf dem Handy gezeigt, der den Aufenthaltsort der Frau zeigen sollte. Der Ehemann führte zur Entschuldigung seiner Frau noch an, dass sie vor dreieinhalb Jahren schwer krank geworden sei, aber keine Therapie machen wolle.
Dies führte aber nicht dazu, dass das Gericht seine Einschätzung zum weiteren Vorgehen änderte. Richter Haase setzte eine Strafe von 400 Euro fest. Wenn Ola U. dagegen vorgehen möchte, müssen alle Beteiligten erneut (beziehungsweise zum ersten Mal) vor Gericht erscheinen. Falls das Urteil nicht akzeptiert wird und die Angeklagte wieder nicht erscheinen würde, werde die nun festgesetzte Strafe rechtskräftig, erklärte Richter Haase.