POLITIK

Viel Gegenwind beim Höhenwind

ls; 26.03.2025, 14:25 Uhr
Fotos: Leif Schmittgen/Visualisierungen: Archiv/WestfalenWIND -- Auf der Darstellung sind drei der vier Anlagen mit Sicht von Stülinghausen dargestellt, das vierte Windrad fällt aus der Perspektive.
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Viel Gegenwind beim Höhenwind

ls; 26.03.2025, 14:25 Uhr
Marienheide – Knapp 200 Bürger waren gestern der Gemeindeeinladung zur Informationsveranstaltung zum Windkraftvorhaben im Gervershagener Forst gefolgt.

Von Leif Schmittgen

 

Das Interesse am Vorhaben des Investors WestfalenWIND, im Gervershagener Forst vier Windkraftanlagen zu errichten, scheint groß. Vertreter der Marienheider Gemeindeverwaltung hatten 200 Stühle im Pädagogischen Zentrum der Gesamtschule aufgestellt und mussten kurz vor Beginn der Informationsveranstaltung noch nachlegen, so groß war der Ansturm. Und offensichtlich müssen sich die Beteiligten auf stürmische Zeiten gefasst machen, denn die Resonanz fiel unter dem Strich keinesfalls begeisternd aus. 

 

Aber der Reihe nach: Bürgermeister Stefan Meisenberg, Gemeindeplaner Christoph Dreiner und Lasse Tigges, WestfalenWIND-Geschäftsführer, standen den Bürgern Rede und Antwort. Zunächst zeichnete Dreiner den Weg nach, wie es überhaupt zur Standortauswahl gekommen war. Eine Regionalplanänderung der Kölner Bezirksregierung hatte das Vorhaben demnach für den Investor in unmittelbarer Nähe der Bruchertalsperre möglich gemacht. 

 

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Die Einzelheiten mit konkreten Zahlen, Daten und Fakten dazu (OA berichtete) erläuterte Tigges (Foto) dem Publikum und wurde schon während des Vortrags durch Fragen unterbrochen. Viele Sorgen wurden von den Bürgern geäußert. Ein großes Thema war die Emission der bis zu 250 Meter Hohen Anlagen. Welche Geräusche verursachen die Rotorblätter in der Höhe? Wie werden die Waldwege durch den zu erwartenden enorm hohen Lastwagenverkehr belastet? Laut Gutachten werde man die zulässigen Lärmgrenzen unterschreiten und die Wege –120 Betonmischer pro Anlage werden laut Tigges zum Beispiel binnen drei Tagen in den Wald fahren – würden entsprechend instandgesetzt. „Wie werden die Bürger berücksichtigt?“, sprach eine Einwohnerin das Thema finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten an. Die Gemeinde erhalte Anteile, die den Haushalt entlasten könnten, direkte Einkaufsmöglichkeiten für Marienheider gebe es aber nicht. Indirekt könnten Vereine über Stiftungen von Geldern profitieren und jährlich Geld erhalten. 

 

 

„Hat die Gemeinde überhaupt eine Möglichkeit, bei dem Vorhaben zu intervenieren?" Das war die wohl meistdiskutierte Frage des teilweise emotionsgeladenen Abends. Denn nach der eindeutigen Antwort Dreiners, dass die endgültige Entscheidung bei der Kölner Bezirksregierung liege und die Grundlagen zu dieser Befugnis dazu auf Bundesebene getroffen worden seien und er die Frage mit Nein beantworte, verließen die ersten Gäste den Saal. Zwar könne die Verwaltung zum sogenannten Windenergiegesetz und den ausgewiesenen Potenzialflächen Stellungnahmen abgeben, rechtlich bindend seien diese aber nicht. Das Argument mangelnder Bürgerpartizipation beim Prozess ließ man auf Verwaltungsseite nicht zu. „Wir informieren Sie frühzeitig, obwohl wir es nicht müssen“, so Meisenberg. Andere Kommunen würden komplett auf derartige Veranstaltungen verzichten.

 

 

Eine weitere große Sorge im Publikum war der vermeintlich wegbrechende Faktor der Naherholung in dem Waldgebiet und auf den Spazierwegen rund um die Talsperre. „Das ist wie eine Toilette im eigenen Wohnzimmer“, meinte ein aufgebrachter Zuhörer. „Bürger werden außen vorgelassen und müssen Wertminderungen ihrer Grundstücke in Kauf nehmen“, resümierte eine Anwohnerin die Lage aus ihrer Sicht. Auch die Nachfrage auf den Campingplätzen an der Brucher könnte mit Blick auf die vier Windräder Touristen abschrecken. 

 

[Bürgermeister Stefan Meisenberg (li.) koordinierte die Fragenrunde.]

 

„In anderen Ausbaugebieten können wir keinen Rückgang des Tourismus oder Wertminderungen von Eigentum feststellen“, konterte der WestwalenWIND-Geschäftsführer die Bedenken und nannte als Referenz die Stadt Lichtenau. Dort stehen bei einer ähnlichen Einwohnerzahl wie Marienheide gar 150 Anlagen unterschiedlicher Anbieter und von einer Nothaushaltskommune habe man sich zu einer wohlhabenden Stadt entwickelt. 

 

 

Vonseiten anwesender Vertreter der Grünen wurde betont, dass man zwar prinzipiell hinter der Windkraft stehe, man über die Standorte aber diskutieren würde. Widerstand kündigte ein Anwohner der Bruchertalsperre in Bezug auf den gemeindeeigenen Rundweg an: „Ich werde genauestens beobachten, was dort passiert“. Die Eigentümerin des Forsthauses im Gervershagener Forst ging noch einen Schritt weiter und kündigte rechtliche Schritte an. Sie fühle sich bereits von der deutlich kleineren Anlage in Börlinghausen gestört und befürchtet enorme Emissionsbelästigungen durch das Projekt. 2023 habe man die Immobilie erworben und sei der Ruhe wegen von der Stadt aufs Land gezogen, berichtete sie gegenüber Oberberg-Aktuell.

 

 

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