OBERBERGISCHER KREIS

Hagt: „Der Kreis geht ans Tafelsilber“

Red; 19.09.2024, 17:07 Uhr
OBERBERGISCHER KREIS

Hagt: „Der Kreis geht ans Tafelsilber“

Red; 19.09.2024, 17:07 Uhr
Oberberg – Landrat und Kreiskämmerer haben den Bürgermeistern die Eckdaten des Etats für 2025/2026 vorgestellt – Deutliche Mehrbelastung für die Kommunen – Kreis setzt den Rotstift an.

Gestern stellte Landrat Jochen Hagt den Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der kreisangehörigen Kommunen die Eckdaten des Kreishaushalts 2025/2026 sowie zur weiteren Finanzplanung von 2027 bis 2029 vor. Der Etatentwurf beinhaltet deutliche Steigerungen bei den Zahllasten der kreisangehörigen Kommunen, die der Kreis allerdings mit allerlei Instrumenten zu dämpfen versucht. So werde die Ausgleichsrücklage im Zeitraum 2025/2026 entgegen der bisherigen Beschlusslage komplett aufgelöst – nebst des einstmals vom Kreistag beschlossenen Sockelbetrags, der grundsätzlich ausgewiesen werden sollte.    

 

Darüber hinaus plant die Kreisverwaltung, die in den vergangenen Jahren corona- und kriegsbedingt aufgelaufenen Kosten in Höhe von etwa 6,9 Millionen Euro komplett und unmittelbar über die sogenannte Allgemeine Rücklage auszubuchen. Die Kreisumlage belastende Abschreibungen über den möglichen Zeitraum von bis zu 50 Jahren werden also nicht geplant. Im Gegenzug reduziert sich 2025 zusätzlich das Eigenkapital.

 

„Wir verzehren nicht nur das Eigenkapital des Kreises, sondern nutzen alle Instrumente, die das geltende Haushaltsrecht bietet, um die Kommunen finanziell größtmöglich zu entlasten. Dass es gleichwohl zu einer deutlichen Mehrbelastung der Kommunen kommt, ist sehr bedauerlich, aber nicht auf das Wirken des Kreises, sondern auf rückläufiges Wachstum im ganzen Land sowie erheblich steigende Sozialaufwendungen zurückzuführen“, berichtete Hagt.

 

Ab 2027 will der Kreis zudem mit dem neu in das Haushaltsrecht aufgenommenen Instrument des Verlustvortrages arbeiten. Ansonsten bleibe noch die vage Hoffnung, dass sich die gesamtwirtschaftliche Situation in den Folgejahren Schritt für Schritt verbessert. „Aktuell sind die Rahmenbedingungen, die wir hier vorfinden, allerdings denkbar schlecht“, sagt Kreisdirektor und -kämmerer Klaus Grootens.

 

Schließlich werde für den Personaletat ein globaler Minderaufwand in Höhe von 2,0 Prozent der Aufwendungen angesetzt. Angesichts des Fachkräftemangels, der auch den öffentlichen Dienst betrifft, und durch personalwirtschaftliche Maßnahmen wie verzögerte Stellenwiederbesetzungen will der Kreis auch hier den Gürtel enger schnallen.

 

Bei der Aufstellung des Haushaltes seien sämtliche Ansätze noch einmal in besonderer Weise hinterfragt und im Zweifel auch gekürzt worden. „Hierdurch steigt allerdings das Risiko, dass wir in den kommenden zwei Jahren überplanmäßig Mittel bereitstellen müssen, stark an“, erläutert Hagt, der darauf hinweist, dass auch in diesem Jahr Mehraufwendungen für die Jugendhilfe in Höhe von rund 3,4 Millionen Euro und für den Sozialetat in Höhe von etwa 10,0 Millionen Euro anfallen werden.

 

„Die Bürgergeldreform, damit einhergegangene höhere Regelsätze, längere Karenzzeiten und Freigrenzen sowie die Zahl der Geflüchteten haben hieran einen großen Anteil mit der Folge, dass auch der Kreis ‚ans Tafelsilber‘ gehen muss. Dass das nicht langfristig so funktioniert und allein der Not geschuldet ist, ist mir vollkommen klar“, so Hagt, der appelliert: „Es kann nicht sein, dass vor allem der Bundesgesetzgeber immer wieder Beschlüsse zu Lasten der kommunalen Familie fasst. Schließlich sind die kommunalen Gebietskörperschaften die allerletzten in der Kette, die schlussendlich das mit großem Aufwand umsetzen und bezahlen müssen, was der Bundesgesetzgeber als gesetzlichen Anspruch vorsieht.“

 

Kostensteigerungen beispielsweise im Sozialetat seien zwar erwartet worden, „dass uns dann so sehr trifft, hatten wir jedoch vor zwei Jahren so nicht vorausgesehen“, räumt der Landrat ein.

 

Derweil wird Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth, als diesjährige Sprecherin der oberbergischen Rathauschefs, in der Mitteilung des Kreises folgendermaßen zitiert: „Trotz der erkennbaren intensiven Bemühungen des Kreises, die finanzielle Belastung der Kommunen zu mildern, bleibt die Situation für uns äußerst angespannt. Die fortwährenden Kostensteigerungen, vor allem im Sozialbereich, treffen uns schwer. Es ist dringend notwendig, dass Bund und Länder ihre Verantwortung wahrnehmen und die Rahmenbedingungen überdenken, denn die Handlungsfähigkeit der Kommunen ist ein zentraler Baustein für eine funktionierende Gesellschaft.“

 

Nachdem es in den vergangenen Jahren zwischen dem Kreishaus und den kommunalen Amtsstuben schon mal heftiger zur Sache ging und so mancher verbaler Giftpfeil die Seite wechselte, hätten Landrat und Bürgermeister im Rahmen der Sitzung festgestellt, dass alle in einem Boot säßen. Nichtsdestotrotz haben die Städte und Gemeinden nun „im Zuge des förmlichen Verfahrens zur Benehmensherstellung hinsichtlich des Kreisumlagenhebesatzes“ (Zitat Loth) die Möglichkeit, die Haushaltswirtschaft des Kreises zu bewerten und sich schriftlich dazu zu äußern.

 

Finanzielle „Unterstützung“ erhält der Oberbergische Kreis im Jahr 2025 unter anderem aus der Pflegeschule AGewiS, die 2026 1,3 Millionen Euro aus der eigenen Rücklage zur Senkung der Kreisumlage beisteuert. Noch nicht gesichert seien die Erkenntnisse der Kreisverwaltung zur Höhe der Landschaftsumlage. Die Höhe des Hebesatzes steht vermutlich im Oktober fest. Ferner warten die Beteiligten auf die längst überfälligen sogenannten Orientierungsdaten des Landes. Sollten sich daraus neue Erkenntnisse ergeben, wird dies im Rahmen der weiteren Haushaltsaufstellung und –beratungen berücksichtigt.

WERBUNG
WERBUNG