OBERBERGISCHER KREIS
Krankenhausversorgung in Oberberg: Enttäuschende Resonanz bei Bürgerversammlung
Waldbröl – Gerade einmal 25 Bürger waren der Einladung der Stadtverwaltung gefolgt, um sich über die Ergebnisse eines Gutachtens zur Restrukturierung der hiesigen Kliniklandschaft und zur Zukunft des Standorts Waldbröl zu informieren.
Von Ute Sommer
Um den Anforderungen des NRW-Krankenhausbedarfsplans proaktiv zu begegnen, hatte das Klinikum Oberberg bereits Anfang 2021 das Münsteraner Krankenhausberaterteam "Roeder und Partner" mit einem Gutachten zur zukunftsfähigen Restrukturierung der Oberbergischen Kliniklandschaft beauftragt. Das Bekanntwerden erster Ergebnisse im Juni, die die Verlegung der bisher in Waldbröl verorteten kardiovaskulären Notfallversorgung nach Gummersbach vorsah, hatte zu teils heftigen Diskussionen im Kreis geführt, die die "Abwicklung" des Standortes Waldbröl kolportierten.
So hatte man sich gestern für die Vorstellung des Gutachtens in der Bürgerschaft und das erwartete öffentliche Interesse mit der großflächigen Bestuhlung der Hollenberg-Aula vorbereitet, in der letztlich bloß rund 25 interessierte Zuhörer den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. Norbert Roeder folgten. "Unsere Analysen belegen, dass der Standort Waldbröl für Oberberg unverzichtbar ist", schickte der Mediziner seinem Vortrag voraus, doch machten der fortschreitende Wandel der demografischen Entwicklung, zunehmende Staatsverschuldung, belastete Sozialsysteme, der Fachkräftemangel, Corona, Energiekrise, der Krieg und weitere Faktoren eine Reform der Strukturen und der Finanzierung des Gesundheitswesens unumgänglich.
[Sascha Klein, Dr. Norbert Roeder und Larissa Weber standen im Anschluss für Rückfragen zur Verfügung.]
Klar sei, dass von derzeit 1.450 Krankenhäusern deutschlandweit nicht jedes das gesamte medizinische Spektrum vorhalten könne, deshalb müsse sich die Planung der Hospitäler künftig nicht an der Bettenzahl, sondern verstärkt an Leistungsgruppen, die medizinische Leistungsmuster beschreiben, orientieren. Angesichts des Fachkräftemangels müssten personelle und technische Potentiale zum Wohle der Patienten in spezialisierten Gruppen gebündelt werden. So böte das Klinikum Oberberg nach seiner Restrukturierung "gute Voraussetzungen für eine positive Zukunftsgestaltung als medizinisch attraktiver und leistungsfähiger Versorger für die Bevölkerung des Oberbergischen Kreises.“
Bis 2040 werde die Anzahl der über 60-Jährigen um circa 60 Prozent ansteigen, der stationäre Verbleib von Patienten vor dem Hintergrund des medizinisch-technischen Fortschritts und der Ambulantisierung von planbaren Versorgungsleistungen sich allerdings rückläufig entwickeln. Der Gutachter bescheinigte dem Krankenhaus Waldbröl große Versorgungsrelevanz - entsprechend der NRW-Vorgabe, dass 90 Prozent der Einwohner innerhalb von 20 Minuten eine medizinische Grundversorgung erreichen müssten. Bei Schließung des Standortes sei diese Maßgabe für große Teile der Bevölkerung im ländlichen Raum um Waldbröl und Morsbach nicht mehr gegeben.
[Gähnende Leere im Veranstaltungssaal.]
In der von ihm favorisieren Neustruktur skizzierte Dr. Roeder das KKH Waldbröl als qualifizierten Regelversorger für Innere Medizin, Gastroenterologie, Geriatrie, Hämatologie/Onkologie und Palliativmedizin, Unfallchirurgie, Orthopädie, Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie für die Psychiatrie. Ergänzt werde das Angebot durch das angeschlossene Ambulanzzentrum. Dem entgegen sei bei Notfällen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und Kopfverletzungen, die nicht zur medizinischen Grundversorgung zählten, nicht die schnellste Erreichbarkeit von Krankenhausleistungen entscheidend, sondern die Versorgung in einer Fachklinik auf qualifiziertem medizinischem Niveau.
Mit dem breitgefächerten medizinischen Leistungsangebot und der Konzentration von kardiologischer und neurologischer Notfallmedizin in der Kreismitte in Gummersbach werde man sich auch als Standort mit erweiterter Notfallversorgung qualifizieren. Von der Profilschärfung beider KKH-Standorte würden letztlich alle Oberberger profitieren. Im Anschluss an den Vortrag standen Prof. Roeder, Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber und Sascha Klein als Geschäftsführer des Klinikums für Fragen aus dem Auditorium bereit.
KOMMENTARE
1
Interessant, dass bei Herzinfarkte nicht die schnellste Erreichbarkeit entscheidend sei , sondern auch die vorhandenen Ressourcen in waldbröl nicht genutzt werden. Aber die "Kreismitte " ist zu sehr Prestige behaftet und investiert Millionen für ein Umbau, obwohl die Ressourcen in waldbröl vorhanden sind. Die am meisten darunter leiden sind die Patienten, die eine deutliche höhere anfahrt haben ( Kardiologie, Gefäßchirurgie) mit einem akuten Ereignis! Besonders die,die aus dem kreissüden kommen. Naja, die Politik machst möglich!
Oberberger , 21.10.2022, 16:18 Uhr2
Nicht so schnell, bitte, ....
....mit der Verurteilung der Bevölkerung wegen "mangelnden Interesses" !
Erstens war das Kind schon mit dem Bade ausgeschüttet. Zweitens werden wir noch zur Genüge vor Corona gewarnt.
3
Was um alles in der Welt haben die Veranstalter hier etwa erwartet ? Tausende von Zuhörern welche sich eine Schönrederei antun wollen ? Die Leidtragenden des politischen Versagens sind in absehbarer Zeit die im Kreissüden lebenden. Mit solchen Fehlentscheidungen, wie dem schleichenden Abbau der medizinischen Versorgung im Südkreis treiben die politisch Verantwortlichen die Wähler zur AFD und wundern sich dann über ein schlechtes Wahlergebnis.
4
Die ersten 3 Kommentare sagen schon alles. Alle 3 haben Recht.
Günther Klata, 22.10.2022, 20:44 Uhr5
Meine Recherche hat ergeben, dass das Krankenhaus Waldbröl aktuell alle Anforderungen der Notfallversorgungsstufe 2 erfüllt, bis auf ein MRT. Wieso wird ein solches Gerät in Waldbröl nicht installiert? Das wären doch zusätzliche Einnahmen, ein millionenschwerer Umbau/Neubau in Gummersbach könnte gespart werden und die Gelder der höheren Versorgungsstufe gäbe es noch zusätzlich?!
Betroffene Südkreisler, 22.10.2022, 22:24 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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