OBERBERGISCHER KREIS
Schnuppertage im Jugendzentrum: Neues Projekt für junge Menschen mit Beeinträchtigung
Oberberg - Offene Türen in der Kinder- und Jugendarbeit für mehr Teilhabe – Jugendzentren, Schulen und Servicestelle für außerschulische Inklusion arbeiten zusammen.
Junge Menschen mit Beeinträchtigung „verschwinden“ oft in einer Art Parallelwelt, die vom Geschehen der allgemeinen Jugendkultur stark abgegrenzt ist. Dabei wünschen sie sich eine Teilhabe an der Jugendkultur. So erkundigte sich die Schülervertretung der Helen-Keller-Schule bei der Servicestelle für außerschulische Inklusion (Serv In) nach jugendgerechten Freizeitangeboten.
„Bei dieser Anfrage dachte ich sofort an die Jugendzentren im Oberbergischen Kreis, mit denen wir zusammenarbeiten. Das sind offene Orte, an denen Vielfalt ganz unkompliziert gelebt werden kann. Dort werden junge Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen unterstützt und begleitet. Das passt sehr gut zusammen“, erläutert Dorothee Nohn. Bei Serv In, der Servicestelle für Inklusion der Katholischen Jugendagentur, begleitet sie Familien und Veranstalter von Freizeitangeboten dabei, inklusive Angebote zu entdecken und Lösungen für den Abbau möglicher Barrieren zu finden.
Gemeinsam mit Sandra Aschhoff, SV-Lehrerin der Helen-Keller-Schule, entwickelte Nohn ein Vernetzungsprojekt, das junge Menschen mit Behinderung in Kontakt mit den Jugendzentren vor Ort bringt. „Die Jugendlichen möchten kickern, Billard oder FIFA spielen, Musik hören oder einfach gemeinsam chillen“, erläutert Aschhoff, deren Schule vor allem von Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung besucht wird.
Obwohl diese Freizeitwünsche perfekt zu einem Jugendzentrum passen, habe bisher nahezu niemand entsprechende Erfahrungen gemacht, berichtet die Lehrerin. „Die Angebote der Jugendzentren sind den Familien oft nicht einmal bekannt“, erklärt Dorothee Nohn. „Und manchmal scheitert der Besuch im Jugendzentrum auch einfach an fehlender Mobilität oder Transportmöglichkeiten.“ Auf der anderen Seite gebe es auch bei den Jugendzentren Unsicherheiten, wie Kinder mit Beeinträchtigungen in die Offene Jugendarbeit einzubeziehen seien, und warum sie nicht „einfach vorbeikommen“, man sei ja selbstverständlich offen für alle.
Damit möglichst viele Jugendliche von dem inklusiven Projekt profitieren, wurde noch eine weitere Förderschule angesprochen. David Lenzen ist SV-Lehrer an der Hugo-Kükelhaus-Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Er gab wertvolle Hinweise zur Barrierefreiheit und den nötigen Voraussetzungen, damit zum Beispiel Schüler mit Rollstuhl die Angebote eines Jugendzentrums nutzen können. Eine Umfrage an seiner Schule ergab auch hier, dass die Jugendlichen Interesse daran haben, mal ein Jugendzentrum zu besuchen.
Vier Jugendzentren haben bereits ihre Türen geöffnet und das neue Publikum willkommen geheißen: die JuBs (Jugendbegegnungsstätte) in Waldbröl sowie die Jugendzentren in Nümbrecht, Bergneustadt und Morsbach boten Schnuppertage zum gegenseitigen Kennenlernen an. Die jungen Besucher spielten Airhockey, Darts, mischten sich also unter die Stammbesucher.
Die JuBs bietet seitdem einen regelmäßigen Fahrservice für die Schüler der Helen-Keller-Schule an. Dieses Angebot nimmt zum Beispiel Philipp gerne an. Er fühlt sich in der JuBs richtig wohl: „Ich gehe jetzt auch jeden Dienstag zum Breakdance-Training.“ Oli Werner, Leiter des Jugendzentrums Nümbrecht, zeigt sich begeistert: „Inklusion in Hochglanzbroschüren sagt mir nicht so viel, aber für echte Begegnungen lebe ich. Und das hatten wir hier heute.“ Ganz ähnlich sieht das Martin Langen aus der JuBs. „Ihr könnt gerne wiederkommen, auch jeden Tag.“
Die Vertreter der beiden Förderschulen und die Mitarbeitenden der Jugendzentren haben sich im Rahmen des Arbeitskreises „Offene Kinder- und Jugendarbeit“ mit Eltern und Schülern an einen Tisch gesetzt. Ab jetzt gibt es jährliche Treffen, um zusammenzuarbeiten. Weitere Lehrer aus dem Oberbergischen Kreis seien herzlich eingeladen, bekräftigt Nohn: „Es wäre schön, wenn Inklusion in der Freizeit im Oberbergischen Kreis ganz selbstverständlich wird – und das können wir nur gemeinsam schaffen.“
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