POLITIK

„Das Zeitfenster ist sehr eng“

ks; 10.02.2024, 08:00 Uhr
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„Das Zeitfenster ist sehr eng“

ks; 10.02.2024, 08:00 Uhr
Lindlar – Im Bau- und Planungsausschuss wurden die Kernaussagen einer Wohnraumbedarfsanalyse vorgestellt – In Lindlar leben heute mehr Menschen als vor rund zehn Jahren erwartet.

Über dem Oberbergischen schweben drei Wolken: eine im Norden, eine in der Mitte und eine im Süden. Gefüllt sind diese Wolken voller Menschen, die auf der Suche nach einem Eigenheim oder einer Wohnung sind. Skizziert wurde dieses Bild am Dienstagabend von der Volkswirtin Petra Heising vom Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica, die in einer Sitzung des Lindlarer Bau- und Planungsausschusses zusammen mit ihrem Kollegen Thomas Abraham die Ergebnisse einer Wohnraumbedarfsanalyse für die Gemeinde vorgestellt hat.

 

Neben Lindlar zählt die Volkswirtin zum „Teilraum Mitte“ des Oberbergischen Kreises sechs weitere Kommunen, nämlich Engelskirchen, Wiehl, Gummersbach, Bergneustadt, Marienheide und Reichshof. „Die Wohnungsnachfrage schwebt wie eine Wolke über den Teilräumen – und sie regnet da ab, wo es das attraktivste Wohnungsangebot gibt“, führte Heising aus. Wo die Wolke abregnet, hätten die sieben Kommunen also selbst in der Hand.

 

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Im Jahr 2017 habe Empirica laut Gemeinde eine „Regionale Wohnraumbedarfsanalyse für den Oberbergischen Kreis“ sowie seiner drei definierten Teilräume erstellt, nun folgte eine aktualisierte Sonderauswertung für Lindlar. Zentral sei dabei laut Heising die Frage gewesen, ob man die Entwicklung so laufen lassen könne oder ob die Gemeinde gegensteuern müsse. Nachdem die Kernaussagen der Analyse bereits am 25. Januar im „Lenkungskreis Gemeindeentwicklung“ vorgestellt worden sind, folgte nun ein zweiter Vortrag per Zoom im Bau- und Planungsausschuss.

 

Tatsächlich sei die Nachfrage nach Wohnraum in Lindlar höher als 2015 angenommen. Zurückzuführen sei das darauf, dass im „Teilraum Mitte“ heute mehr Menschen leben würden als vor rund zehn Jahren erwartet worden ist. Die Einwohnerentwicklung sei in Lindlar seit 2013 relativ konstant. Der Sterbeüberschuss werde vom Zuzug kompensiert, wobei neben Geflüchteten insbesondere Menschen aus Köln und dem Rheinisch-Bergischen Kreis nach Lindlar gezogen seien. Unterm Strich sei damit klar: Lindlar habe zu wenig Wohnraum.

 

Eine Besonderheit von Lindlar sei, dass der Baubestand relativ jung sei. So seien rund 50 Prozent der Gebäude erst nach 1980 erbaut worden. Außerdem würden in Lindlar recht viele Baby-Boomer leben – also Menschen, die je nach Definition etwa zwischen 1950 und 1964 geboren worden sind. Viele dieser Baby-Boomer würden nun Wohnflächen blockieren, indem sie immer noch in einem Einfamilienhaus leben würden, obwohl ihre Kinder längst ausgezogen seien. Außerdem interessant: „In 20 Jahren werden in Lindlar 50 Prozent mehr 80- als 40-Jährige leben“, sagte Heising.

 

Eine Steuerungsmöglichkeit sei, neue Wohnungen zu schaffen – insbesondere für die Kinder der Baby-Boomer. Während die 30- bis 40-Jährigen den Experten zufolge „wandern“ würden, würde das auf die Ü60-Jährigen nicht mehr zutreffen. Trotzdem sollten letzteren Wohnalternativen zum Einfamilienhaus geboten werden. Darüber hinaus haben die Vortragenden empfohlen, den vorhandenen Bestand aus den 1970er und 1980er Jahren zu prüfen, eine attraktive Infrastruktur zu schaffen sowie unabhängig vom Zinsniveau zu denken. „Das wird sich ändern. Der Bedarf aber bleibt“, erklärte Thomas Abraham.

 

Mit Blick auf das Neubaugebiet „An der Jugendherberge“ sprach der Diplom-Geograph von einem „großen Wohnbaupotential“, einer Gemeinde in der Gemeinde. Alles, was für das alltägliche Leben benötigt werde, befinde sich in der Nähe, konkret: innerhalb eines Radius von 500 Metern. Empirica empfiehlt, „An der Jugendherberge“ auf eine Quartiersentwicklung setzen, dabei 100 Einfamilienhäuser sowie 176 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern zu realisieren. Doch das Zeitfenster sei sehr eng, sagte Abraham: „In zehn Jahren braucht Lindlar kein Baugebiet mehr. Die Baby-Boomer-Kinder werden nur bis 2035 nach Wohnraum suchen.“

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