POLITIK

„Ein toter Baum trägt nicht so viele grüne Blätter“

pn; 28.10.2021, 14:00 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Eichen können über 1.000 Jahre alt werden - Die Friedenseiche am Schmittenloch soll aus Krankheitsgründen bereits nach 150 Jahren gefällt werden.
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„Ein toter Baum trägt nicht so viele grüne Blätter“

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pn; 28.10.2021, 14:00 Uhr
Bergneustadt – Umweltausschuss diskutiert über Zukunft der Friedenseiche im Schmittenloch – NABU-Vertreter Heinz Kowalski zieht Ergebnis des ursprünglichen Gutachtens in Zweifel.

Von Peter Notbohm

 

Hat die Friedenseiche im Schmittenloch doch noch eine Zukunft? Dieser Meinung ist zumindest Heinz Kowalski, Mitglied des Ehrenpräsidiums des NABU-Bundesverbandes. Der Gesundheitszustand des 150 Jahre alten Baums beschäftigte den Bergneustädter Rat bereits Anfang Oktober (OA berichtete). Der Baumsachverständige Florian Bremicker hatte den Ratsmitgliedern damals mitgeteilt, dass der Baum unheilbar krank sei und gefällt werden müsse. Auf Antrag der SPD sollte allerdings ein zweites Gutachten eingeholt werden, da der Baum eine historische Bedeutung für die Stadt hat und man diesen nur ungern verlieren wolle, wie es Detlef Kämmerer (SPD) damals ausdrückte.

 

[Die Ausschussvorsitzende Heike Schmid (CDU, 3.v.l.) diskutierte mit dem Ausschuss für Umwelt und Zukunftsfragen über die Zukunft der Friedenseiche im Schmittenloch.]

 

Am gestrigen Mittwochabend beschäftigte sich nun der Ausschuss für Umwelt und Zukunftsfragen mit der Friedenseiche. Bürgermeister Matthias Thul präsentierte den Mitgliedern zunächst die Kosten, die auf die Stadt zukommen, wenn man den Baum retten wolle. Aktuell ist der Fußweg im Schmittenloch gesperrt, da von dem Baum gemäß dem ersten Gutachten eine Bruchgefährdung ausgehe – beim heftigen Sturm in der vergangenen Woche hat er allerdings – im Gegensatz zu vielen anderen Stadtbäumen - keinerlei Schäden davongetragen.

 

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Ein Zugversuch, der sichere Erkenntnisse bringen würde, kostet die Stadt zwischen 6.000 und 7.000 Euro, die erstmalige Beschneidung und Sicherung zwischen 2.500 und 3.000 Euro. „Das entspricht anderthalb bis zwei Grundsteuer B-Punkten“, rechnete Thul vor. Mindestens alle zwei Jahre müsste dies wiederholt werden, wodurch weitere Kosten in Höhe von jeweils 6.000 bis 7.500 Euro auf die Stadtkasse zukämen. Eine Fällung kostet einmalig 2.000 Euro, die Option den Baum vollkommen unbehandelt stehen zu lassen, sei aus Haftungsfragen nicht möglich. „Ich würde präferieren, die Eiche stehen zu lassen, wenn das möglich ist. Denn auch wenn der Baum selbst tot sein sollte, steckt noch Leben in ihm. Aber diese Entscheidung muss die Politik treffen“, so das Stadtoberhaupt.

 

Heinz Kowalski (Foto) widersprach dem Ergebnis des Erstgutachtens anschließend energisch. „Das Gutachten selbst kenne ich nicht und will es auch nicht in Zweifel ziehen, aber ich halte diesen Baum nicht für unheilbar krank. Ein toter Baum trägt nicht so viele grüne Blätter“, sagte der renommierte Naturschützer, der in der Bergneustädter Altstadt lebt und jahrelang baumpolitischer Sprecher des NABU war. Auch die entstandene Dramatik könne er nicht nachvollziehen. Der Baum habe zwar einen Pilzbefall und es habe ihn schon immer gewundert, dass keine Arbeiten vorgenommen wurden, eine Fällung käme aber übereilt. „Menschen, die krank sind, werden auch nicht abgesägt, sondern behandelt.“

 

Auch die genannten Kosten hält er für völlig überzogen. „Ich bin überzeugt, das geht billiger und qualitativ sogar besser.“ In Bergneustadt seien schon zu viele Bäume aufgrund von Fehldiagnosen gefällt worden. Er sagte zudem Unterstützung des NABU bezüglich eines Zweitgutachtens in Form von Spenden zu: „Daran soll es nicht scheitern. Ein Baum ist schnell abgesägt, das dauert keine 20 Minuten. Danach braucht es 150 Jahre, bis er wieder so steht.“ Er empfahl für ein zweites Gutachten Experten der Forschungsgesellschaft für Landschaftsbau und -pflege (FLL), der die Standfestigkeit, die Erhaltensfähigkeit und auch den Pilzbefall beurteilen und eine anschließende Handlungsempfehlung geben soll. Auf Antrag der SPD soll dieses Gutachten nun eingeholt werden – der Ausschuss stimmte dem bei einer Enthaltung einstimmig zu.

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