POLITIK

Abwasser und Steuern: Reichshofer sollen tiefer in die Tasche greifen

pn; 14.12.2021, 13:30 Uhr
Symbolfoto: Yourschantz auf Pixabay
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Abwasser und Steuern: Reichshofer sollen tiefer in die Tasche greifen

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pn; 14.12.2021, 13:30 Uhr
Reichshof – Kämmerer Gerd Dresbach stellt dem Reichshofer Rat seinen Haushaltsentwurf vor – Grundsteuer B soll angehoben werden – OGS-Beiträge steigen zum kommenden Schuljahr.

Von Peter Notbohm

 

Dem Zufall dürfe keine bedeutende Rolle in den finanziellen Planungen für die Zukunft überlassen werden. Aus Sicht der Reichshofer Verwaltung führt daher kein Weg an einer Steuererhöhung für das kommende Jahr vorbei. Kämmerer Gerd Dresbach schlug in der gestrigen Ratssitzung vor, die Grundsteuer B nach vier Jahren der Kontinuität um 50 Punkte auf 620 Prozent anzuheben.

 

Das sei der Preis der kommunalen Dienstleistung, die finanziellen Lasten für die Gemeinde würden mit jedem Jahr steigen. Allen voran die Kreisumlage, aber auch die allgemeinen Preis- und Tarifsteigerungen fressen das Reichshofer Geldsäckel immer stärker weg. Eine Refinanzierung ohne Steuererhöhungen könne an anderer Stelle nur noch mit Substanzverlust weggespart werden, so Dresbach in seiner Haushaltsrede. Auch die Gebühren für Schmutzwasser (18 Cent) und Niederschlagswasser (4 Cent) sollen steigen.

 

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Eine „glückliche Serie“ nannte der Kämmerer die Tatsache, dass in drei der vier zurückliegenden Jahre ein unerwarteter Batzen Geld am Jahresende zu einem mehr oder weniger auskömmlichen Jahresergebnis gesorgt habe. In 2021 sind es ungeplante sechs Millionen Gewerbesteuer, die voraussichtlich für einen ausgeglichenen Jahresabschluss sorgen werden.

 

Doch der Kämmer ist kein Freund des Zufalls und will auch keiner werden: Bereits heute sei absehbar, dass die Steuerkraft auch im kommenden Jahr auf hohem Niveau bleiben werde. Für die dadurch in 2023 um 1,3 Millionen Euro steigende Kreisumlage müsse man daher bereits jetzt vorsorglich Rücklagen schaffen - bereits in 2022 steigt die Kreisumlage für Reichshof um 1,7 Millionen Euro. „Die Realsteuererträge reichen schon seit Jahren nicht mehr aus, um die Kreisumlagen zu refinanzieren. Während in den kreisangehörigen Kommunen mit Sparzwängen und Haushaltssicherungskonzepten gearbeitet wird, ist beim Kreis so manches möglich“, übte Dresbach Kritik.

 

Der Haushaltsentwurf in Zahlen (in Euro)


Erträge: 48,81 Millionen

Aufwendungen: 49,09 Millionen

 

Steuern

Grundsteuer A: 445 v.H. (=)

Grundsteuer B: 620 v.H. (+50)

Gewerbesteuer: 475 v.H. (=)

 

Einnahmen

Gewerbesteuereinnahmen: 15,25 Millionen

Anteile an den Bundessteuern: 12,13 Millionen

Grundsteuer A+B: 4,13 Millionen

 

Ausgaben

Personal: 6,82 Millionen

Investitionen: 5,64 Millionen

Kreisumlage: 21,25 Millionen

 

Kredite

Darlehnsaufnahme: 1,2 Millionen

Darlehnsbestand (zum 31.12.22): 22,34 Millionen

Liquiditätskredite (zum 31.12.22): 4 Millionen

 

Im Detail sieht das Reichshofer Zahlenwerk für das kommende Jahr Einnahmen in Höhe von 48,8 Millionen Euro vor, dem stehen Ausgaben in Höhe von 49,1 Millionen Euro gegenüber. Das ist zwar weiterhin ein Minus von 281.000 Euro, im Vergleich zu 2021 aber eine Verbesserung um 1,2 Millionen Euro. Dass man auch in Reichshof nicht ohne den Bilanzierungstrick des Corona-Isolierungsgesetzes auskommt, versteht sich fast von selbst: Ein Defizit von zwei Millionen Euro wird hierdurch weggetrickst.

 

Während der Hebesatz der Grundsteuer B gemäß Vorschlag der Kämmerei angehoben werden soll, sollen Grundsteuer A (445 Prozent) und Gewerbesteuer (475 Prozent) unangetastet bleiben. Im Ergebnis macht das geplante Mehreinnahmen in Höhe von 380.000 Euro bei Grundsteuer A und B aus. Auf der Aufwandsseite sind neben der Kreisumlage die Personalkosten der bedeutendste Posten. Diese bleiben trotz Tarifsteigerung dank einer Senkung der Personalquote auf Vorjahresniveau. 'Bestraft' wird die Gemeinde dagegen für die um 4,6 Millionen Euro gestiegene Steuerkraft aus dem Zeitraum Juli 2020 bis Juli 2021. Dies führt dazu, dass sie keine Schlüsselzuweisungen erhalten wird – damit fehlen im Vergleich zu 2021 1,54 Millionen Euro in der Kasse.

 

Investiert werden soll dennoch in den kommenden Jahren: Bis 2025 beträgt das Investitionsvolumen in Reichshof 27,7 Millionen Euro, im kommenden Jahr fließen 5,6 Millionen Euro in mehrere Projekte. Allen voran die Fortschreibung des InHK Phase II sowie Dorferneuerungsmaßnahmen (in 2022: 1,8 Millionen Euro), die Anbauten der Grundschulen Denklingen und Hunsheim (1,4 Millionen Euro) sowie die Sanierung der Schwimmbadhalle Wildbergerhütte (0,9 Millionen Euro).

 

Beschlossen werden soll das 852 Seiten starke Zahlenwerk nach den Beratungen in den einzelnen Fachausschüssen am 8. Februar im kommenden Jahr.

 

Aus dem Rat

 

  • Der gemeinsame Antrag von CDU und FDP auf weitere Förderung von Photovoltaikanlagen in Höhe von 125.000 Euro im kommenden Jahr wurde an den Bau- Planungs, Verkehrs- und Umweltausschuss verwiesen. Kritik gab es aus Reihen der SPD, der Haushaltsplan gebe das nicht her: Marlies Schirp begrüßte zwar die Förderung solcher Anlagen, angesichts einer geplanten Grundsteuer B-Erhöhung und „extrem gestiegenen Preisen“ für Benzin, Energie und Lebenserhaltung für den Bürger könne man dem Antrag aber nicht zustimmen. Die Mehreinnahmen aus der Grundsteuer B wären damit bereits zu einem Drittel verplant.

     

  • Einstimmig wurde vom Rat beschlossen, der SG Hunsheim 3.000 Euro aus der Sportpauschale zur Verfügung zu stellen. Die Gelder sind zweckgebunden. Für die Pflege des Rasenplatzes müssen in die Jahre gekommene Maschinen ersetzt werden, zudem sollen Flutlicht und Zaunanlage modernisiert werden.

     

  • Trotz scharfer Kritik der SPD beschloss der Reichshofer Rat die Erhöhung der Elternbeiträge für den Besuch der Offenen Ganztagsschulen ab dem Schuljahr 22/23 um 20 Prozent. Pro Monat kann ab dem 1. August ein Höchstbeitrag von 215 Euro pro Kind erhoben werden. Die durchschnittlichen Einnahmen der Gemeinde pro Kind steigen hierdurch von 1.026 auf 1.227 Euro. Auch der Preis für das Mittagessen steigt um 50 Cent. Marlies Schirp bezeichnete die Mehreinnahmen von 18.800 Euro als „Peanuts“ im Vergleich zu Kostentreibern wie dem Monte Mare: „Bei den Kosten für OGS gehören wir sowieso zu den Spitzenreitern im Kreis. Wir möchten nicht, dass Kinder aus Kostengründen abgemeldet werden müssen und sich dann womöglich zuhause alleine überlassen sind.“

     

  • Irmgard Kutsch erhält den Heimatpreis der Gemeinde Reichshof für ihr Projekt „Mehr Natur für Kinderorte“. Der erste Platz war mit 3.000 Euro dotiert. Auf eine Preisverleihung wurde aus pandemischen Gründen verzichtet.

     

  • In den kommenden Tagen und Wochen sollen in allen Reichshofer Schulen die CO2-Ampeln in Betrieb gehen. Mit Ausnahme der Gesamtschule Reichshof werden die Geräte mobil von den Lehrern transportiert. An der Gesamtschule werden die 40 benötigten Geräte von den Hausmeistern fest an der Wand hinter Gittern installiert, damit diese trotz der stationären Lösung nicht entwendet werden können.

KOMMENTARE

1

Sehr interessant.
In anderen Nachbargemeinden sinkt die Grundsteuer B. Das wirft ein paar Fragen auf.
Zur Abwassergebühr braucht man gar nichts mehr zu sagen. Reichshof rangiert hier in Deutschland unter den Top 10 der teuersten Städte und Gemeinden.

Schmitz , 14.12.2021, 19:43 Uhr
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