POLITIK
Alte Bücherfabrik: „Wenn ich diesen Zank sehe, bin ich sprachlos“
Engelskirchen – CDU und FDP haben Bedenken wegen rechtlicher Standhaftigkeit und verschieben das Votum zur Bücherfabrik in das nächste Jahr - Haushalt einstimmig verabschiedet.
Von Leif Schmittgen
Im Vorfeld der gestrigen Ratssitzung waren alle politischen Vertreter im Gespräch mit Oberberg-Aktuell zunächst davon ausgegangen, dass die Formalie eines Bürgerbegehrens vom Gremium durchgewunken wird und der politische Diskurs zur Alten Bücherfabrik in Ründeroth dann im Februar 2023 während des nächsten Treffens hätte beginnen sollen. In dem reichlich von Bürgern besuchten Ratssaal kam aber alles anders. Denn wie so oft steckt der Teufel im Detail: Die CDU, unter Fraktionsvorsitz von Marcus Dräger, sieht die rechtliche Standhaftigkeit des Bürgerbegehrens in Gefahr. Die Initiatoren bezögen sich in ihrer Fragestellung nicht eindeutig auf die Beantragung des A-Stempels.
Stattdessen - so suggeriere es der Schriftsatz - wolle man das Projekt im Ganzen weiter vorantreiben, das sei nach juristischer Beratung laut den Christdemokraten aber nicht der Fall: „Wir möchten Sicherheit für die Bürger gewährleisten“, argumentierte Dräger. Das sorgte für einen Aufschrei bei der SPD. Monika Güdelhöfer meinte, man solle doch einfach mal Basisdemokratie walten lassen und die Formalie zulassen. Fraktionschef Wolfgang Brelöhr ergänzte, dass die politischen Vertreter ihre Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung durch dieses Vorgehen verlieren würden und es etliche weitere Argumente für die Zulassung des Verfahrens gebe.
Haushalt einstimmig verabschiedet
Einige Änderungen hat es bei der Haushaltsplanung für 2023 seit Einbringung gegeben. U. a. wurden die angekündigten Kosten für die überörtliche Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung in Höhe von 63.000 Euro aufgenommen. Außerdem wurden auf der Einnahmeseite die Haushaltsansätze der nun vorliegenden Orientierungsdaten (Grundsteuer A und B, Einkommens- und Umsatzsteuer und der Kompensationszahlungen neu berechnet. Hier ergibt sich in der Summe eine leichte Verbesserung in Höhe von 142.000 Euro. Außerdem gab es u. a. Veränderungen bei der Kreisumlage. Der Haushaltsausgleich wurde durch Einbringung eines außerordentlichen Ertrages für die Belastungen aus der Covid-19-Pandemie um 19.402 Euro reduziert. „Wir müssen solide wirtschaften aber trotzdem Chancen wahrnehmen“, kommentierte Bürgermeister Dr. Gero Karthaus die Ausführungen von Kämmerer Laszlo Kotnyek. Dank und Anerkennung an die Verwaltung für die transparente Erstellung des Zahlenwerks, welches es hier einzusehen gibt, gab es aus allen Fraktionen. Einstimmig wurde der Haushalt verabschiedet.
Das gesamte Zahlenwerk gibt es hier.
Sowohl Christopher Sterka (FDP) als auch Matthias Haas (CDU) sehen das Vorhaben aber in Gefahr, dass sie rechtlich auf wackeligen Füßen sehen und bezweifelten außerdem die vorgebrachten Zahlen. „Wir brauchen einfach eine solide Grundlage“, so Haas. Die Zahlen hatten sich die Initiatoren von der Verwaltung geben lassen. Nach Ansicht von Bürgermeister Dr. Gero Karthaus sei das Vorhaben sicher, denn auch im Rathaus hatte man sich von Fachleuten beraten lassen. Karthaus warnte außerdem vor möglichen Fristversäumnissen, denn einem solchen Akt müsse innerhalb von acht Wochen stattgegeben werden. Sein Vorschlag, den Beschluss mit dem Hinweis auf erneute externe Prüfung – z. B. durch die Kommunalaufsicht - durchzuwinken, verhallte, denn CDU, Grüne und FDP stimmten unisono für die Verschiebung in die Februarsitzung des Rates und zwischenzeitliche Rechtsprüfung.
[Foto: Leif Schmittgen --- Christoph Gissinger fand gestern deutliche Worte in Richtung der Politiker.]
Christoph Gissinger, der mit seinen Mitstreitern die erforderliche Anzahl an Unterschriften zusammengetragen hatte, schäumte vor Wut: Ihm war zwischenzeitlich das Wort vom Gremium erteilt worden: „Wenn ich diesen Zank sehe, bin ich sprachlos. Einen solchen Schwachsinn und Mist habe ich noch nicht erlebt“. Er warf den Bücherfabrikgegnern juristische Kleinkrämerei vor. Er sorgt sich nun darüber, dass man das Bürgerbegehren eventuell komplett von vorne initiieren muss. Gissinger stellte erneut klar, dass man sich nicht zwingend an dem eigentlichen Vorhaben klammert, aber erst einmal die zu generierenden Fördermittel durch Zulassung des A-Stempels prüfen und dann eine Kostenaufstellung vorantreiben sollte. Einigkeit im Rat gab es zumindest nach einem CDU-Antrag, nach dem man auch die indirekten Kosten in eine entsprechende Gegenüberstellung der Finanzen mitaufnehmen sollte.
Kita-Gruppenschließung
Zur entstandenen Problematik zur Gruppenschließung des DRK-Kindergartens (OA berichtete) äußerte sich CDU-Ratsmitglied Lukas Miebach, der auch im entsprechenden Kreisgremium sitzt. Demnach befasse sich der Jugendhilfeausschuss und auch der Kreistag in ihren heutigen Sitzungen mit dem Thema. „Es wird eine kurzfristige Lösung geben“, versprach Miebach.
KOMMENTARE
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Ich bin sprachlos wenn ich sehe, dass einige wenige ein Projekt starten wollen, was der Allgemeinheit nachher monetär zu Last fallen kann. Muss man die Fehler, die in Berlin gemacht werden in Engelskirchen wiederholen?
Karl Rannseier, 09.12.2022, 11:17 Uhr2
"sprachlos" kann einen das nicht machen, da will man doch lieber schreien vor Schmerz..
Die "Volkspartei" CDU und die "Liberalen" sind sich für nichts zu schade..
Jetzt wird ein Bürgerbegehren torpediert mit dem Vorwand möglicher Formfehler. Der Bürgerwille wird ignoriert und zur Krönung des ganzen Irrsinns spricht man dann vom Schutz der Bürger.. [.....]
Ratsmitglieder von CDU, FDP und Grüne, akzeptieren Sie, dass die Bürger mit Ihren politischen Entscheidungen nicht einverstanden sind und lassen Sie zu, dass sie mit dem Sammeln von Unterschriften eine Willensbekundung abgeben können.
Auch wenn Sie vermutlich nicht mehr hören können:
Sie sind die Vertreter des Volkes, nicht deren Vormund.
3
Der Bürgerwille wird hier immer wieder genannt. Ja, um den soll es auch grundsätzlich gehen. Es entsteht allerdings ein falscher Eindruck, da meines Erachtens die gefühlte Mehrheit dieses Projekt gar nicht mehr will. SPD und Bürgermeister sind in der Minderheit, das ist in einer Demokratie gefälligst zu argumentieren. Übrigens ist es richtig wenn CDU und FDP das Bürgerbegehren nur rechtlich sauber zulassen wollen. Denn, und das ist durchaus möglich, sollten die Gegner des Projektes den Bürgerentscheid gewinnen, könnten die Befürworter nicht dagegen klagen und hätten das Ergebnis "gerichtsfest" zu akzeptieren. Es hat auch ein "Geschmäckle", dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens allesamt Verbindungen zur SPD haben (siehe Liste der Sachkundigen Bürger der SPD im Internet!)
Peter L., 10.12.2022, 05:44 Uhr4
Zum Kommentar von Peter L vom 10.12.2022 möchte ich nur richtig stellen, dass es sich um falsche Behauptungen handelt, wenn behauptet wird, die Initiatoren des Bürgerbegehrens wären sachkundige Bürger
Ich bin weder sachkundiger Bürger, noch ein Mitglied der SPD. Und soviel mir bekannt ist, ist dies auch nicht bei Annemarie Nusch-Schneider und Klaus Noss der Fall.
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