POLITIK
Bauprojekt als „sinniger Lückenschluss“
Waldbröl – Oberhalb des Ritter-Simon-Wegs sind sechs Wohnhäuser geplant – Anwohner kritisieren Vorgehen, Ausschussmitglieder erklären ihre Zustimmung.
Von Lars Weber
Sechs Wohnhäuser auf einer Gesamtfläche von 8.500 Quadratmetern, großzügige Grundstücksgrößen zwischen 1.000 und 1.500 Quadratmeter: Das sind die Pläne der Waldbröler Roth Immobilien für das Areal oberhalb des Ritter-Simon-Wegs, direkt angrenzend zum Isengartener Berg. Bereits im vergangenen Jahr im September wurde das Neubauprojekt zum ersten Mal im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt. Damals gab es innerhalb der Fraktionen noch Beratungsbedarf, weshalb eine Entscheidung verschoben wurde. Nun, ein Jahr später, wurde nicht nur eine zwischenzeitlich gestellte landesplanerische Voranfrage von der Bezirksregierung positiv beantwortet: Die Fraktionen sprachen sich auch klar für die Pläne der Gebrüder Roth aus, obwohl es deutliche Kritik von Anwohnern gibt.
Neben Sorgen um etwaige Wertminderungen ihrer Grundstücke oder Probleme bei Starkregenereignissen stand vor allem der Waldbestand auf dem Planareal im Zentrum der Kritik. Die Anwohner führten unter anderem ökologische Aspekte wie den Artenschutz ins Feld – vergebens. Schon vor einem Jahr hatte der Landesbetrieb Wald und Holz NRW mitgeteilt, dass das Waldgebiet keine herausgehobene Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion genieße, auch weil der Wald teilweise „schon abgängig“ sei. Einige Bäume wurden damals schon wegen Kernfäule und Trockenschäden gefällt, andere kippten bei Stürmen um. Eine Entwicklung, die seitdem weitergegangen ist: Auf dem Areal sind praktisch keine Bäume mehr zu sehen. Zum Ausgleich der geplanten Waldumwandlung sei aber schon die Aufforstung von einem Hektar in unmittelbarer Nähe und bei Geilenkausen geplant.
Die Anwohner kritisieren den Umgang mit dem Baumbestand. „Nahezu täglich hörte man in unserem Wohngebiet die Motorsäge und mit schwerem Gerät wurden die zu 90 Prozent gesunden Bäume abtransportiert“, schreiben sie in einer Mitteilung an den Ausschuss. Außerdem würden schon mit dem Neubaugebiet „Breuers Wiese“ sowie den Bauprojekten im Bereich Homburger Straße und Turnerstraße Wohnraum für mehr als 500 Personen geschaffen, so die Rechnung der Anwohner. „Objektiv betrachtet“ sei die Notwendigkeit einer Flächennutzungsplanänderung auf diesem Waldgebiet überhaupt nicht gegeben.
Den Wald als Argument gegen die Neubauten ließen die Ausschussmitglieder aufgrund der fachlichen Einschätzung des Landesbetriebs nicht gelten. Zumal über die Jahrzehnte in diesem Gebiet die Bäume immer weniger geworden seien, merkte Anne Pampus (SPD) an. „Da gab es nie einen Aufschrei.“ Pampus ist am Isengarten geboren und begründete deshalb ihre Zustimmung für das Projekt ausführlich, auch weil sie sich sonst eher kritisch bei solchen Bauvorhaben zeige. „Es war kein gesunder Baumbestand mehr“, sagte sie. Das sei das eine. Das andere: Die Investoren setzten bei ihrem Projekt auf Nachhaltigkeit. PV-Anlagen seien ebenso vorgesehen wie eine Nahwärmeversorgung, an die auch schon bestehende Gebäude angeschlossen werden könnten.
Ausschussvorsitzender Andre Steiniger (CDU) zeigte zwar Verständnis dafür, wenn man hinter dem Altbestand keine neuen Häuser haben möchte. „Wir müssen uns in Zukunft gut überlegen, wo geht sowas, und wo nicht.“ Beim vorhandenen Areal handele es sich aber um einen sinnigen Lückenschluss. Damit bekräftigte Steiniger die Haltung der Verwaltung. Das Areal sei von einer zweiseitigen geschlossenen Bebauung umgeben, sodass die Bebauung als sinnvolle städtebauliche Ergänzung angesehen werden kann, so Bauamtsleiter Jan Kiefer. An der Erschließung finanziell beteiligt werden sollen die Anwohner aber nicht. Dafür soll ein Erschließungsvertrag mit dem Investor sorgen.
Deutlich wurde Monika Bourtscheidt (SPD): „Niemand hat das Recht auf eine schöne Aussicht“. Auch anderen Menschen sei ein schönes Haus zu gönnen. Und die Zahl an Projekten zeige den Bedarf für Wohnraum in der Marktstadt, so die vorherrschende Meinung im Ausschuss.
Die Mitglieder beschlossen einstimmig bei mehreren Enthaltungen die weiteren planungsrechtlichen Schritte einzuleiten. Es müssen der Flächennutzungsplan in diesem Bereich sowie der Bebauungsplan in einem Parallelverfahren geändert werden. Dabei soll kein beschleunigtes Verfahren angewendet werden, sondern das Normalverfahren. Das heißt, dass unter anderem auch eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen wird. Dann können auch die Bürger nochmal ihre Bedenken vorbringen.
KOMMENTARE
1
Nur noch traurig wie in Waldbröl alles zugebaut wird. Immer mehr Flächen werden versiegelt, Stadt im Grünen das war einmal.
Oberberger, 06.09.2024, 11:09 Uhr2
Geld regiert die Welt
traurig traurig da geb ich Oberberger recht.
dämliche verbastlerei
3
Nicht nur Grünflächen gehen verloren, auch das Verkehrsaufkommen durch die Neubaugebiete wird enorm steigen. Dann wird nicht nur die Parkplatzsituation wieder ein Thema werden.....
Chris aka DjC, 06.09.2024, 17:25 Uhr4
Sinniger Lückenschluss, stimmige Begründung. Besser in Lücken mit naher Erschließungsmöglichkeit als weiter weg deutlich teurere neue Infrastruktur bauen. Wer Einwände hat, kann sie ja noch ausführlich begründen und im Verfahren einbringen. Nach jetzigem Stand aber alles stimmig...
Andreas, 06.09.2024, 17:58 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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