POLITIK

„Der Haushalt ist weit mehr als ein schnödes Zahlenwerk“

ls; 31.10.2024, 14:00 Uhr
POLITIK

„Der Haushalt ist weit mehr als ein schnödes Zahlenwerk“

ls; 31.10.2024, 14:00 Uhr
Wipperfürth - Bei der jüngsten Ratssitzung wurde der Haushalt für 2025 eingebracht - Mammutprojekt Schulen und die Steigerung der Lebensqualität in vielen Bereichen sind die größten Herausforderungen.

Von Leif Schmittgen

 

In Wipperfürth sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - wie vielerorts auch - schwierig und die Herausforderungen in der Zukunft gewaltig. Bürgermeisterin Anne Loth schwor die Politik während der Haushaltseinbringung bei der jüngsten Ratssitzung auf schwierige Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren ein. „Der Haushalt ist weit mehr als ein schnödes Zahlenwerk und er sagt viel über Wohlstand und Lebensqualität aus“, so Loth. Deshalb müsse man in schwierigen Zeiten besonders darauf achten, die Spreu vom Weizen mit dem richtigen Augenmaß zu trennen.

 

Die geplanten Investitionen in Höhe von 45 Millionen Euro seien aber wichtig angelegtes Geld, um Infrastruktur, Bildungslandschaft und Wirtschaft zu stärken und zu fördern. „Das dickste Brett, was wir zu bohren haben, sind die Schulen.“ Für die „Mammutaufgabe“ Hochbau werden allein im kommenden Jahr 25 Millionen Euro bereitgestellt, was rund 70 Prozent der Gesamtinvestitionen im kommenden Jahr ausmacht. Mit Ausgaben über 200 Millionen Euro rechnet die Verwaltung in den kommenden 15 Jahren im Bereich der Schulen. Außerdem fließen laut Bürgermeisterin 7,8 Millionen Euro in den Straßenbau, für die Entwässerung werden zwei Millionen Euro bereitgestellt. Insgesamt werden 36 Millionen Euro für das Bauen ausgegeben, darunter auch Sanierungsarbeiten an Rathaus, Kolpinghaus und Feuerwehreinrichtungen sowie der Bau von 48 Häusern im Neubaugebiet Reinshagensbusch (OA berichtete).

 

Eckdaten des Haushalts

 

Erträge (in Klammern: Vergleich zum Vorjahr)

 

Insgesamt: 80.700.210 Euro (77.070.493 Euro)

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Gewerbesteuer: 22.000.000 Euro (21.000.000)

Einkommensteuer: 14.520.000 Euro (13.030.000 Euro)

Grundsteuern: 6.705.000 Euro (6.615.000 Euro), davon 6.580.000 €

Zuweisungen des Landes: 9.921.276 Euro (10.703.006 Euro), davon 0 € Schlüsselzuweisung, 539.544 € Bedarfszuweisungen, 9.381.732 € Landeszuweisungen

Umsatzsteuer: 2.580.000 Euro (2.490.000 Euro)

 

Aufwendungen

 

Insgesamt: 86.081.474 Euro abzgl. globaler Minderaufwand 1.668.000 Euro = 84.413.474 Euro (82.191.862 Euro)

 

Darin unter anderem enthalten:

 

Kreisumlage: 13.000.000 Euro (12.630.000 Euro), Hinweis: Aufgrund von bilanziellen Rückstellungen entsprechen die vorgenannten Werte nicht dem Zahlbetrag der Kreisumlage, 2025 ist tatsächlich eine Zahlung von 20.150.000 € zu erbringen (Vorjahr Zahlung von 13.635.051 Euro)

Personal- und Versorgung: 21.691.049 Euro (19.401.766 Euro)

Gewerbesteuerumlage: 1.638.300 Euro (1.563.900 Euro)

 

Fehlbetrag: 3.713.264 Euro (wird mit 2.243.178 Euro aus der Ausgleichsrücklage ausgeglichen , der restliche Fehlbedarf von 1.470.086 Euro soll gegen die allgemeine Rücklage verrechnet werden)

 

Der gesamte Haushaltsplanentwurf ist hier einzusehen.

 

„Alles das dient zur Verbesserung der Lebensqualität“, meinte Loth. Das alles sei die finanziell und personell größte Herausforderung der kommenden Jahre. Weiteres Geld wird für die Beseitigung der Schäden des Unwetters von 2021 bereitgestellt, diese Arbeiten stünden aber kurz vor dem Abschluss. Außerdem müssten laut Bürgermeisterin finanzielle Mittel zum Erhalt des Einzelhandels und der Gastronomie bereitgehalten werden, auch durch Förderanreize für Ladenbesitzer und die Stärkung der vorhandenen Bürgervereine als wichtige Akteure des Zusammenlebens. Tourismus steht ebenfalls auf der Agenda, Loth nannte die Wanderveranstaltung „Bergische 50“ als Leuchtturmprojekt.

 

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Kämmerer Jens Groll meinte, dass man viel Geld in die Zukunftsfähigkeit der Stadt investieren müsse. Bereits im vergangenen Jahr hatte er die Rahmenbedingungen aufgrund deutlich eingeschränkter finanzieller Handlungsmöglichkeiten als gefährdet bezeichnet. „Die Lage hat sich seither verschlechtert“, so der Kämmerer. Dass man in Zukunft nicht in das Haushaltssicherungskonzept abrutsche, sei nur mit diversen Hilfen wie den ab dem kommenden Jahr möglichen Verlustvorträgen (Verschiebung von Jahresergebnissen) des Gesetzgebers möglich. Aller Tricks zum Trotz: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, stellte Groll fest und warnte vor einer langfristigen Verschiebung der Probleme.

 

Weil der aktuelle Jahresabschluss vermutlich Mehreinnahmen verspricht, könnte das Defizit in Grenzen gehalten werden. Von einem ausgeglichenen Haushalt wage er nicht zu träumen, das Defizit aber müsse in Grenzen gehalten werden. Erschwerend sei, dass es im kommenden Jahr keine Schlüsselzuweisungen mehr gebe. Die Steuereinnahmen waren in den vergangenen zwei Jahren höher als erwartet, was vor allem an diversen Nachzahlungen lag, die 2025 entfallen.

 

Knapp 81 Millionen Euro Erträgen stehen Aufwendungen von gut 86 Millionen Euro gegenüber. Er rechnet ab 2026 mit jährlichen Defiziten von jeweils etwa 4,5 Millionen Euro aus, so die Prognose der mittelfristigen Finanzplanung. Eine Verminderung der Rücklagen sei deswegen unumgänglich. „Wir müssen uns ernste Gedanken machen, wie wir das Schrumpfen des Eigenkapitals verhindern können“, sprach Groll die Hauptaufgabe von Politik und Verwaltung an. „Wenn wir das nicht schaffen, tun es andere“, warnte der Kämmerer.

 

Die Gewerbesteuer soll im kommenden Jahr bei 470 Prozentpunkten bleiben und würde ab 2026 auf 499 Prozent angehoben. Dadurch generierte Mehreinnahmen von 1,3 Millionen Euro seien künftig zum Überleben unerlässlich. Noch nicht festlegen wollte man sich bei der Frage, wie man künftig die Grundsteuer-Hebesätze gestaltet. Dem derzeitigen Einheitsmodell von Wohn- und Nichtwohngrundstücken stehen konstant 860 Prozentpunkte zu Buche, bliebe aber auch bei differenzierter Anwendung in ähnlicher Höhe bestehen.

 

Neben der steigenden Kreisumlage (siehe Kasten) belasten Zinsaufwendungen und wegen Stellenbedarf und Tarifabschlüssen gestiegene Personal- und Vorsorgekosten den Haushaltsplanentwurf. Dieser soll in der Ratssitzung im Dezember verabschiedet werden.

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