POLITIK
Die richtige Balance in der Krise nicht verlieren
Wiehl – Einbringung des Haushaltsplanentwurfs für das kommende Jahr im Rat – Bürgermeister Stücker möchte trotz aller Herausforderungen die Entwicklung der Stadt nicht vernachlässigen.
Von Lars Weber
Bürgermeister Ulrich Stücker hat in seiner Rede zur Haushaltseinbringung für das nächste Jahr die Herausforderungen für Wiehl nüchtern eingeordnet. Seit seinem Amtsantritt 2015 jage ein großes Thema das nächste. Die Aufnahme von vielen Flüchtenden, die Pandemie und nun der Angriffskrieg auf die Ukraine: „Es passiert alles jetzt, alles gleichzeitig“ – mit allen Folgen wie Lieferengpässen, Inflation oder die Energiepreisexplosion. „Es ist völlig unklar, wie es wirtschaftlich weitergeht.“ Klar war aber, dass ein Haushalt aufgestellt werden musste. Dieser ächzt zwar unter den Herausforderungen: Trotzdem verzichtet die Stadt wo es geht auf Erhöhungen für die Bürger und treibt die Stadtentwicklung voran. „Diese zu stoppen wäre fatal für die Zukunftsfähigkeit Wiehls.“
Der erste Beigeordnete und Kämmerer Peter Madel sowie Fachbereichsleiter Alf Karsten stellten die wichtigsten Zahlen des 700 Seiten starken Papiers vor. Vor allem durch eine vorsichtige Kalkulation bei den Gewerbesteuereinnahmen (sechs Millionen Euro weniger im Plan) und Energie-Mehrkosten (2,4 Millionen Euro) rechnen beide mit einem klaren Defizit über 4,3 Millionen Euro, das nur durch den Griff in die Ausgleichsrücklage ausgeglichen werden kann. Für Madel „erschreckend“: Ohne das Mittel der Isolierung von Pandemie-Folgekosten und den finanziellen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine liege das Defizit sogar bei 8,9 Millionen Euro. Erst 2026 rechnet Madel wieder mit einem leichten Plus. Der Blick in die Glaskugel ist aber erschwert, da die Orientierungsdaten des Landes noch immer nicht vorliegen.
Trotz der Rahmenbedingungen – dazu gehören auch die Erhöhung der Kreisumlage oder voraussichtlich mehr Personalkosten durch einen neuen Tarifabschluss –, die dafür sorgen, dass Wiehl einen Anzeigehaushalt vorlegt, verzichtet die Verwaltung auf Erhöhungen der OGS- und Kita-Beiträge. Die Steuersätze bleiben bis auf die Grundsteuer B unverändert. Diese müsse an den Fiktiv-Hebesatz des Landes von 479 auf 493 Prozent angehoben werden, was aber nur zu geringfügig mehr Belastungen führe. Wiehl hat damit noch immer den geringsten Hebesatz bei der Grundsteuer B im Kreisvergleich. Keine zusätzlichen finanziellen Erschwernisse für die Bürger darüber hinaus – „das war eine Schlussfolgerung“ in dieser Krisenzeit gewesen, sagte Stücker.
Die zweite Schlussfolgerung: „Die Stadtentwicklung muss weitergehen“. Allerdings mit einer klaren Priorisierung. Die Projekte, die Stücker vorstellte, seien dabei keine Kür, sondern die Pflicht. Er freute sich darüber, dass dabei die Balance gewahrt bliebe und viele Stadtteile und Dörfer berücksichtigt wurden und werden. Neben Geld für die weitere Umsetzung des ISEK (6,6 Millionen) sind auch sechs Millionen Euro für das Gymnasium eingestellt. Was und wie viel Geld im kommenden Jahr wirklich benötigt werden, ist aber noch unklar. Stücker warb dafür, sich aufgrund der Preisentwicklungen mit den „neuen Realitäten“ abzufinden. „Das schließt aber ein gutes und modernes Konzept nicht aus“, betonte er.
Investitionen stehen weiter bei der Feuerwehr an (drei Millionen Euro, unter anderem für das Gerätehaus Bomig), für den Breitbandausbau (2,3 Millionen Euro) oder das Stadtteilhaus Drabenderhöhe (drei Millionen Euro). Von 28,7 Millionen Euro entfallen mindestens 2,8 Millionen Euro auf energetische Verbesserungen, von der Dachsanierung bis zu PV-Anlagen. Überhaupt soll bei allen Krisen die Klimakrise nicht vergessen werden und die Ergebnisse der Klimawerkstatt konsequent verfolgt werden. „Da führt kein Weg dran vorbei“, so Stücker. Angesichts der weiteren Entwicklung müssten Verwaltung und Rat auch Mut haben, vielleicht „Nein“ sagen zu müssen. Er nannte das Beispiel Eishalle. In diesem Jahr wurde sie geöffnet, wenn auch einen Monat später. Wie es im kommenden Jahr aussehe, müsse man sehen. Die Krise sollte bei allen Herausforderungen aber als Chance gesehen werden. Die ganze Rede von Stücker kann hier angeschaut werden.
Das Zahlenwerk wird nun in den Ausschüssen beraten. Verabschiedet werden soll der Haushaltsentwurf am 13. Dezember vom Rat.
Der Haushaltsentwurf in Zahlen (Euro)
Erträge: 71,8 Millionen
Aufwendungen: 76,2 Millionen
Steuern: Grundsteuer A: 260 v.H., Grundsteuer B: 493 v.H., Gewerbesteuer: 460 v.H.
Einnahmen
Gewerbesteuer: 19,1 Millionen
Einkommenssteueranteil: 15,6 Millionen
Schlüsselzuweisungen: keine
Grundsteuer B: 5,06 Millionen
Ausgaben
Personal: 15,3 Millionen
Investitionen: 28,7 Millionen
Kreisumlage: 17,5 Millionen
Entnahme Ausgleichsrücklage: 4,38 Millionen
Kreditaufnahme: 27 Millionen
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