Nümbrecht – Rat verabschiedet Haushalt – Grüne, SPD und WGHL stimmten dagegen – Kritik ließ Verwaltung nicht auf sich sitzen.
Von Lars Weber
Ein schöner Haushaltsentwurf sieht anders aus. Ein Defizit knapp über drei Millionen Euro mitten in einem Haushaltssicherungskonzept, in dessen Zuge endlich wieder Eigenkapital geniert werden muss, stimmt nun einmal niemanden in Nümbrecht wirklich glücklich. Seit der Einbringung des Entwurfs Mitte Januar hat sich an diesem Minus auch nichts verändert (OA berichtete). Der Umgang mit den Zahlen und der Blick in die Zukunft könnte innerhalb des Rates aber nicht unterschiedlicher sein, allen Erklärungsversuchen von Kämmerer Rainer Mast und Bürgermeister Hilko Redenius zum Trotz. Zwar hat der Haushalt gestern bei der Sitzung im Rathaus dank 21 Stimmen von CDU, GUD und FDP eine klare Mehrheit gefunden – es gab allerdings auch elf Gegenstimmen von Grünen, SPD und WGHL. Jan Köstering von Die Linke enthielt sich seiner Stimme.
Vor der Abstimmung und den Haushaltsreden ging Redenius auf die Konsolidierungsmaßnahmen ein, die Rat und Verwaltung seit 2012 ergriffen haben, um die Haushaltsergebnisse zu verbessern. Die Liste wurde mit den Jahren immer mehr erweitert. Betrug das Volumen dieser Maßnahmen 2012 noch 477.000 Euro, lag es 2021 bei vier Millionen Euro. Innerhalb weniger Jahre hätte auch dieses Vorgehen zu ausgeglichenen Haushalten geführt. Zu den Maßnahmen gehörten unter anderem Steuererhöhungen, personalwirtschaftliche Entscheidungen oder auch der Verkauf der Namensrecht für die Sporthalle.
Die „Delle“ in der jetzigen Haushaltsplanung liege also nicht am Sparwillen. Vielmehr seien die Berechnungsgrundlagen für die Schlüsselzuweisungen vom Land und die Höhe der Kreisumlage für die Gemeinde sehr ungünstig gewesen. Dafür wurden die Steuereinnahmen zur Mitte des Jahres 2022 zugrunde gelegt. „Bis dahin hatten wir ein super Ergebnis“, so der Bürgermeister. Die Folge: Keine Schlüsselzuweisungen vom Land und eine Rekord-Kreisumlage von fast 18 Millionen Euro. Im zweiten Halbjahr manifestierte sich die allgemeine Krise dann auch bei den Gewerbetreibenden in Nümbrecht, die Gemeinde musste 3,5 Millionen Euro Steuern zurückzahlen.
Auch auf die Verschuldung der Gemeinde ging Redenius ein. 2012 standen die Kassenkredite bei 31,8 Millionen Euro, die Investitionskredite bei 57,4 Millionen Euro. Bei gleichbleibender Entwicklung hatte Kämmerer Mast damals prognostiziert, dass 2021 ein Schuldenstand von insgesamt 115,6 Millionen Euro zu erwarten gewesen wäre, vor allem aufgrund eines immensen Anstiegs der Kassenkredite. Nun steht die Gemeinde bei 35,64 Millionen Euro an Kassenkrediten und 55,41 Millionen Euro an Investitionskrediten, die vor allem aufgrund Projekten für Bildung (Beispiel: neuer Schulcampus) oder Sicherheit (Beispiel: Fahrzeuge und Gerätehäuser für Feuerwehr) aufgenommen werden mussten. Rechne man die geschaffenen Werte dagegen, stünden allein rund um den Schulcampus mit den beiden Hallen und dem Schwimmbad mehr als 50 Millionen Euro zu buche. Die Kassenkredite gebe es indes zu bemängeln, so Redenius.
Der Schuldenstand trieb Grüne und SPD in ihren Haushaltsreden um. „Von außen betrachtet ist Nümbrecht eine Kommune, die sich sehr gut entwickelt“, sagte Andrea Saynisch (Grüne). „Aber unsere Schulden sprengen fast die 100-Millionen-Euro-Marke.“ Zudem befinde man sich in einer Haushaltssperre und man habe ein negatives Eigenkapital von zehn Millionen Euro. „Das kann man doch nicht schönrechnen.“ Ira Hennecken (SPD) befürchtete, dass die „Delle“ von längerer Dauer sein könnte. „Wer garantiert uns denn, dass die Einnahmen wirklich so stark wachsen wie angenommen?“ Es sollte lieber etwas pessimistischer geplant werden. Auch die WGHL, die ihre Haushaltsrede nicht vortrug, sondern aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit von Rainer Galunder nur verschickte, nahm die Finanzen ins Visier. „Die horrenden Kassenkredite werden aufgrund der Zinserhöhungen immer teurer." Ein Ende sei nicht absehbar. Die Zeit der Negativzinsen sei vorbei. "Schulden sind nicht mehr 'sexy', sondern einfach nur teuer."
Besonders die Aussagen Saynischs wollte Redenius so nicht stehenlassen. Die Haushaltssperre werde Vergangenheit sein, sobald die Kommunalaufsicht dem Haushaltsentwurf grünes Licht gegeben hat. „Wir sind handlungsfähig!“, sagte der Rathauschef. Obwohl sie ursprünglich auf eine Haushaltsrede verzichten wollten, sprangen CDU, FDP und GUD ebenfalls dem Bürgermeister bei. Markus Lang (CDU) nannte Grüne und SPD „Zauderer und Nörgler“. Natürlich wüssten sie um die Haushaltslage mit dem negativen Eigenkapital. Aber die Pläne, was die Gemeinde zu tun habe, liegen alle vor. „Das Defizit ist erklärbar“, sagte Manfred Bestgen (GUD). Sie könnten bei der Verwaltung keine Nachlässigkeit feststellen. Carsten Frommhold (FDP) ergänzte: „Wer den Entwurf ablehnt, lehnt alles ab, was darin enthalten ist, auch die Investitionen in Bildung und Sicherheit“.
Nach der Haushaltsverabschiedung stimmten die Ratsmitglieder bei vier Enthaltungen noch für einen Begleitbeschluss nach einem Antrag von CDU und FDP. Dabei sollen Sachaufwendungen um zehn Prozent gekürzt werden. Ausnahmen bilden die Bereiche Sicherheit und Ordnung. Auch die Aufgaben als Schulträger bleiben davon unberührt. Seit 2012 seien so laut Antrag Sachaufwendungen in Höhe von rund 130 000 Euro im Jahr gekürzt worden. CDU und FDP hoffen nun jährlich auf ein fünf- oder knapp sechsstelliges Einsparvolumen.
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