POLITIK

Einstieg in die Windkraft? Am 14. Februar weiß Nümbrecht mehr

lw; 03.01.2023, 15:41 Uhr
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Archivfoto: Lars Weber --- Die einzige Windkraftanlage auf Gemarkung Nümbrechts steht bei Marienberghausen.
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Einstieg in die Windkraft? Am 14. Februar weiß Nümbrecht mehr

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lw; 03.01.2023, 15:41 Uhr
Nümbrecht – Unterlagen für den Ratsbürgerentscheid werden bald verschickt – Rund 14.500 Nümbrechter sind wahlberechtigt.

Von Lars Weber

 

Sollen die Gemeindewerke Nümbrecht (GWN) Windkraftanlagen in Nümbrecht aufstellen, um die Bürger und Betriebe mit eigener Energie zu versorgen? Mit dieser Idee kam die Verwaltung im September in die politischen Gremien der Gemeinde mit dem Vorschlag, die Entscheidung über diese Frage in die Hände der Nümbrechter zu geben. Die Durchführung eines Ratsbürgerentscheids wurde am 22. September schließlich mehrheitlich beschlossen. Inzwischen sind die Stellungnahmen der Fraktionen eingegangen, das Informationsheft (hier geht’s zum Download) befindet sich im Druck. Bald sollen die Unterlagen versandt werden. Dann wird es spannend.

 

Konkret wird folgende Frage zur Abstimmung stehen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann: „Sind Sie damit einverstanden, dass die Gemeindewerke Nümbrecht GmbH (GWN) Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Nümbrecht zur Eigenversorgung der Bürger und Bürgerinnen sowie der Nümbrechter Gewerbebetriebe errichten?“

 

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Zur Entscheidungshilfe wurde, wie die Satzung es vorsieht, ein Informationsheft aufgesetzt. Darin stellen die Fraktionen ihre Sicht auf das Thema dar. Die Mehrheit (CDU, GUD, FDP, Grüne, SPD) spricht sich ausdrücklich dafür aus, mindestens die Möglichkeit zu prüfen, selbst in die Windkrafterzeugung einzusteigen. Das vergangene Jahr habe gezeigt, wie abhängig man von Energie sei, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme von CDU, GUD und FDP. „Geht Windkraft in Nümbrecht überhaupt? Lohnt sich das? Gibt es bei uns passende Flächen? Was ist mit Artenschutz? Mit Lärm? Es gibt sehr viele offene Fragen hierzu.“ Die Antworten zu finden sei zwar aufwändig und teuer. „Aber es kann sich für uns in Nümbrecht richtig lohnen.“

 

Die Grünen glauben, dass Windkraft als Ergänzung zu anderen regenerativen Energien wie Solar, Wasser oder Biomasse einen wertvollen Beitrag für eine gesicherte, klimafreundliche, preiswertere, möglichst autarke und bürgernahe Energieversorgung für Nümbrecht leisten könne. Bei der Errichtung sollte man privaten Investoren zuvorkommen. Die Anzahl von Windkraftanlagen wolle die Fraktion aber dank anderer regenerativer Energien möglichst niedrig halten. Die SPD möchte bei der Suche nach geeigneten Standorten besonders die persönlichen Belange der Bürger im Auge behalten, sodass „Lärmbelästigungen für die Bürger reduziert und möglicherweise sogar das ländliche Ortsbild unseres schönen Nümbrechts gewahrt werden“.

 

Für eine Chance für die Windkraft wirbt auch Bürgermeister Hilko Redenius, der in seiner Stellungnahme nochmals auf mögliche Bürgerbeteiligungsmodelle wie Energiegenossenschaften hinweist. So sollen Bürger unmittelbar von dem hausgemachten Strom profitieren. Da Nümbrecht 70.000 MWh Strom im Jahr verbrauche (davon private Haushalte 33.000 MWh), deckten vier bis sechs Windkraftanlagen mit 21.700 MWh Jahresleistung rein rechnerisch den Nümbrechter Strombedarf ab, so Redenius. Trotzdem: Natürlich müssten alle notwendigen Untersuchungen (unter anderem Umweltverträglichkeit) und Berechnungen ein positives Ergebnis ergeben, bevor die Anlagen gebaut würden. Ein „Ja“ im Ratsbürgerentscheid bedeutet zunächst einmal grünes Licht für diese Untersuchungen.

 

Die WGHL spricht sich gegen das Vorhaben aus. Die Fraktion glaubt nicht, dass bis zu sechs Anlagen ausreichten, um den Strombedarf zu decken. Sie schreibt von neun bis 18 Anlagen. Besonders das wirtschaftliche Risiko ist der WGHL zu hoch. „Das Risiko und damit die Folgekosten tragen die Nümbrechter Bürger.“ Es gelte abzuwägen, ob die GWN in der Lage sei, als Betreiber von Windparks aufzutreten, oder „ob hier nicht in eine weitere Schuldenfalle in zweistelliger Millionenhöhe“ hineingetappt wird.

 

Ab Mitte Januar werden die Abstimmungsunterlagen per Post zugestellt. Wie bei der letzten Ratssitzung des vergangenen Jahres beschlossen, werden die Bürger nicht erst ihren Stimmzettel gesondert anfordern müssen, sondern die Unterlagen sind sofort komplett im Briefkasten. Davon erhofft man sich eine höhere Beteiligung. Abstimmungsberechtigt sind exakt 14.313 Nümbrechter ab 16 Jahren. Bis zum 24. Januar sollten alle ihren Brief bekommen haben. Wer sein Kreuz gemacht hat, kann den Abstimmungsbriefumschlag portofrei direkt an die Gemeinde zurücksenden oder im Rathaus abgeben. Spätestens bis Dienstag, 14. Februar, um 12 Uhr muss der Umschlag im Rathaus eingetroffen sein. Anschließend wird sofort ausgezählt. Damit der Ratsbürgerentscheid gültig ist und mit Ja beantwortet gilt, müssen mindestens 20 Prozent der Nümbrechter Wahlberechtigten die Frage positiv beantworten. Ansonsten gilt der Vorschlag als abgelehnt.

 

Die Fraktionen haben die Möglichkeit, im Zuge der Wahl eigene Informationsveranstaltungen auf die Beine zu stellen. Auf jeden Fall davon Gebrauch machen werden die Grünen, die auf Donnerstag, 12. Januar, ab 18 Uhr in den Kursaal des Parkhotels einladen.

 

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KOMMENTARE

1

Kann mir fast schon denken wie das ausgehen wird:
Die breite Mehrheit der Gemeinde wird dafür sein und das Nachsehen haben dann natürlich trotzdem die Einwohner der Orte, die die Anlagen dann letztendlich vor Ihrer Haustüre stehen haben, in den dafür vorgesehenen Flächen.
Vielleicht sollte man da besser nur die Bewohner der betroffenen Ortschaften einmal abstimmen lassen und das sage ich nicht weil ich dort wohne, sondern weil ich diese Abstimmung sonst eben für sehr fragwürdig und ungerecht halte.
Wenn ich die Dinger nicht bei mir vorm Haus stehen habe (ich wohne im Hauptort) kann ich hier sehr leicht mit JA dafür sein.

Ein Nümbrechter, 03.01.2023, 16:32 Uhr
2

"Die Dinger" sehen gleich viel schöner aus, wenn bei jeder Umdrehung ein paar Cent im Beutel klingeln. Und zwar bei allen Bürgerinnen und Bürgern von Nümbrecht, nicht nur denen in Sichtweite der Anlage.
Natürlich sind viele für die Windkraft- nur vielleicht eben nicht an ihrem Ort. Die Haltung nennt man auf Englisch NIMBY- not in my backyard...
Passt überall: Es gäbe weder Straßen, Schulen, Flugplätze oder Gefängnisse, wenn die Nachbarn darüber abgestimmt hätten...

Seb Schäfer, 03.01.2023, 20:07 Uhr
3

Wir wohnen in Marienheide seit ca. 20 Jahren 470 m Luftlinie (gerade bei googlemaps gemessen) mit direkter Sichtlinie vom Schlafzimmerfenster von einem Windrad entfernt. Nachbarn zum Teil nur 400 m. Keiner hat damit ein Problem.
Ja, man hört es bei offenem Fenster außer bei Sturm und Regen permanent. Es verhält sich aber wie mit Bachgeplätscher, einer entfernten Autobahn o. ä.
Man gewöhnt sich in einer Woche dran und nimmt es dann nicht mehr wahr (wir schlafen immer bei offenem Fenster). Alternativ kann man natürlich einfach das Fenster schließen.
Die Zeiten absoluter Stille sind in einer Industrienation mit hoher Bevölkerungsdichte schon lange vorbei. Wenn das leise wusch...wusch... der Rotoren auszuhalten mein Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt sein muss, also da gibt es Schlimmeres.

David, 04.01.2023, 07:22 Uhr
4

20 % "dafür" reichen aus ??? Ein Unding !!!!
Mehrheitsentscheidungen sollten doch wohl mind. 51 % betragen , oder ?

Kein Nümbrechter, 04.01.2023, 23:31 Uhr
5

Wir reden hier von modernen Anlagen mit einer Leistung von 5MW und einer Höhe von ca. 240 m.
Diese Anlage multiplizieren mit 1500 Volllaststunden , das ist fürs Oberbergische ein sehr guter Durchschnitt, mehr Wind steht nicht zur Verfügung, sind im Jahresergebnis 7500 MWh.
Bei einem Verbrauch von 70.000 MWh sind das mindestens 9-10 Anlagen und das wohlwollend gerechnet.
Ideologen können träumen, aber nicht rechnen.

Volker Birkholz, 05.01.2023, 16:45 Uhr
6

Der Mühlstein um den Hals des Kämmerers, auf dem steht GWN!! Für dem gesamten Strombedarfs benötigt Nümbrecht rechnerisch 10 Windräder. Die Errichtung einer WKA kostet etwa 9 Mio. €, zuzüglich Zinsen, aktuell 4%, ca. 3,6 Mio. € jährlich, entspricht einer Gesamtinvestition von 90-100 Mio. €, über 20 Jahre. Hat die GWN diese finanziellen Mittel? Sollte dieses Vorhaben schiefgehen, wer übernimmt dann die Verantwortung? Als 100%ige Tochter der Gemeinde übernimmt diese eine Bürgschaft für dieses Darlehen. Am Ende wird der Kämmerer also für die finanziellen Mittel sorgen müssen. Das kann extreme Steuererhöhungen bedeuten, für jeden Nümbrechter Bürger!!! Wirtschaftlich wäre das ein Desaster. Jeder sollte sich daher genau überlegen, ob er einem solchen Szenario seine Zustimmung gibt!!!

(Anm.d.Red.: Rüdiger Hagelstein ist Mitglied der WGHL-Fraktion im Nümbrechter Gemeinderat)

Rüdiger Hagelstein, 10.01.2023, 11:14 Uhr
7

Losgelöst von Mutmaßungen über Anzahl von WK-Anlagen oder deren Kosten, bedarf der Kommentar von Rüdiger Hagelstein einer Klarstellung! Die GWN soll nicht als alleiniger Investor auftreten - vielmehr geht es hier um ein Bürgerbeteiligungsmodell nach einer erfolgten Machbarkeitsstudie über Wirtschaftlichkeit & Effizienz. Falsch ist, dass die Gemeinde für einen möglichen Kreditbedarf Bürgschaften übernimmt. Eine Kommune darf nach der GO NRW nur unter bestimmten Voraussetzungen Bürgschaften übernehmen. Bürgschaften für Investitionskredite einer gemeindlichen GmbH, die sich mit der entsprechenden Investition im privaten Wettbewerb befindet, sind nicht zulässig. Seitens der Gemeinde Nümbrecht ist die Übernahme einer Bürgschaft nicht geplant und wie bereits erläutert auch nicht zulässig.

Reiner Mast, Kämmerer der Gemeinde Nümbrecht, 11.01.2023, 12:56 Uhr
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