POLITIK

Freude, Frust und Unerklärliches

lw; 15.05.2022, 22:06 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung --- Fairer Verlierer: Thorben Peping (SPD, li.) gratulierte seinem Kontrahenten Christian Berger (CDU) sofort, als er am Kreishaus ankam.
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Freude, Frust und Unerklärliches

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lw; 15.05.2022, 22:06 Uhr
Oberberg – CDU und Grüne haben am Wahlabend viel zu feiern – SPD und FDP unzufrieden – AfD bekommt im Oberbergischen viel Zuspruch.

Von Lars Weber

 

Die CDU und die Grünen sind die großen Gewinner der diesjährigen Landtagswahl. Dies gilt nicht nur für das Gesamtergebnis auf Landesebene, sondern auch für die oberbergischen Wahlkreise 23 und 24. Die größte Freude war beim traditionellen Wahlabend im Gummersbacher Kreishaus auf den Gesichtern von Christian Berger (CDU, WK23) und Marc Zimmermann (Grüne, WK24) abzulesen. Berger gewann seinen Wahlkreis mit 42,49 Prozent (vorläufiges Endergebnis) direkt und tritt damit die Nachfolge von Peter Biesenbach an, der nach 22 Jahren nicht mehr angetreten war. Zimmermann gewann zwar nicht das Direktmandat. Im Wahlkreis 24 setzte sich wie erwartet der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag Bodo Löttgen souverän durch, der jedoch in Düsseldorf feierte. Zimmermann schaffte aber dennoch Historisches. Denn er wird der erste oberbergische Grünen-Landtagsabgeordnete in Düsseldorf. Er zog dank des guten Ergebnisses seiner Partei über die Landesliste in den Landtag ein. OA schaut auf die Gewinner und Verlierer des Abends.

 

Schwarz und Grün feiern

 

Lange Zeit war es ruhig gewesen im Kreishaus. Applaus kam nur einmal auf, und zwar um 19:27 Uhr, als Christian Berger in Gummersbach eintraf. Zu diesem Zeitpunkt stand sein Sieg im Wahlkreis 23 bereits lange fest. Zwischen ihm und Thorben Peping (SPD) war es nicht lange spannend, dann war klar, dass der Wahlkreis fest in schwarzer Hand bleiben würde. „Ich freue mich über das klare Ergebnis, gerade als Newcomer“, sagte Berger, der Demut vor der Aufgabe habe, nun in die Fußstapfen von Biesenbach zu treten, der es bis zum Justizminister geschafft hatte. „Ich möchte meinen eigenen Weg finden“, so Berger weiter.

 

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Lob bekam Berger auch von Michael Stefer, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. „Er ist als echter Sympathieträger rübergekommen im Wahlkampf." Er blickte bereits auf mögliche Regierungskonstellationen. „Es gibt gute Beispiele, wo es mit den Grünen funktioniert.“

 

Über die Regierungsfrage wollte Marc Zimmermann (13,80 Prozent der Stimmen im Wahlkreis 24) heute noch nicht spekulieren. „Die großen Parteien kommen jedenfalls nicht an uns vorbei.“ Zunächst einmal ging es für ihn ohnehin daran, das Erlebte zu verarbeiten. „Ich bin sehr erleichtert.“ Er habe viel Arbeit investiert und sich klar für das Thema Handwerk positioniert. Diese Arbeit will er nun in Düsseldorf fortsetzen. Schon am Dienstag wird das erste Treffen in der Landeshauptstadt sein.

 

[Die oberbergischen Grünen mit den Landtagskandidaten Uwe Söhnchen (li.) und Marc Zimmermann (2.v.r.) und der Bundestagsabgeordneten Sabine Grützmacher waren mehr als zufrieden mit dem Ergebnis des Abends.]

 

Wer sehr gut verstehen konnte, wie Zimmermann sich fühlte, war Sabine Grützmacher. Sie wurde vergangenes Jahr als erste oberbergische Grüne in den Bundestag gewählt. Sie hofft, dass sich durch das starke Grünen-Ergebnis Landes- und Bundespolitik besser aufeinander abstimmen lässt.

 

In Düsseldorf mitarbeiten möchte auch der andere Grünen-Kandidat Uwe Söhnchen, der mehr als 16 Prozent im Wahlkreis 23 holte. Zwar nicht in der Fraktion, wohl aber in Arbeitsgruppen möchte er sich künftig einbringen, sagte er heute.

 

Enttäuschung in Rot und Gelb

 

Gewonnen hatten die beiden SPD-Kandidaten Thorben Peping und Tobias Schneider ihre Wahlkreise zwar nicht – wirklich unzufrieden waren sie mit ihren Ergebnissen aber trotzdem nicht. Beide traten das erste Mal bei solch einer großen Wahl an und holten im Kreis jeweils mehr Erststimmen als ihre Partei Zweitstimmen. Gerade das starke Ergebnis in seiner Heimat Morsbach freute Schneider. Dort siegte er sogar gegen Löttgen. „Das Landesergebnis war aber nicht so, wie wir uns das erhofft haben“, so Peping weiter. „Wir hatten ein engeres Rennen erwartet“, sagte dann auch Thorsten Konzelmann, Chef der SPD Oberberg. Ein Regierungsanspruch sei in weite Ferne gerückt. „Das wäre eine Koalition der Verlierer“, sagte er mit Blick auf die SPD und FDP.

 

Dort gab es teils schockierte Gesichter angesichts des schlechten Landesergebnisses. Zumal Ina Albowitz-Freytag kurz vor der Wahl nach Umfragen noch von Werten Richtung neun Prozent ausgegangen war. Nun mussten sie plötzlich um den Einzug in den Landtag zittern. Die Enttäuschung war auch den beiden Landtagskandidaten Annette Pizzato und Dominik Trautmann anzusehen, die sich mit jeweils mehr als fünf Prozent aber persönlich achtbar aus der Affäre zogen.

 

[Die oberbergische FDP zitterte um den Einzug ihrer Partei in den Düsseldorfer Landtag.]

 

Letztlich blieb die FDP im Landtag, Albowitz -Freytag war zwar erleichtert, konnte sich das schlechte Abschneiden aber schlicht nicht erklären. Einen guten Wahlkampf hätten sie gehabt, mit vielen guten Gesprächen an den Ständen. „Was machen wir nur verkehrt?“, fragte sie gerade auch angesichts des hohen Zuspruchs für die AfD-Landtagskandidaten im Kreis.

 

Bedrückt war auch Jan Köstering. Weniger wegen seines eigenen Ergebnisses von 2,71 Prozent. Der Vorsitzende von Die Linke Oberberg und Landtagskandidat im Wahlkreis 24 schaute vor allem auf das schwache Landesergebnis. Der Einzug in den Landtag verpasste die Partei, und zwar deutlich. Überrascht sei er nicht, so Köstering. „Bei der Partei liegt viel im Argen. Wir müssen uns zusammensetzen und offene Fragen klären, um endlich wieder geschlossen aufzutreten.“

 

AfD mit gemischten Gefühlen

 

Dass es für ihn trotz eines ordentlichen Listenplatzes 19 nicht reicht, war Bernd Rummler schon früh klar an diesem Abend. Dafür verlor die AfD auf Landesebene zu viel an Wählergunst. Dass die Laune am AfD-Tisch im Kreishaus trotzdem nicht schlecht war, lag an den Ergebnissen aus den oberbergischen Wahllokalen. Rummler wählten 7,43 Prozent (und damit 1,87 Prozentpunkte mehr als 2017), Susanne Valentin im Wahlkreis 24 konnte sogar 9,75 Prozent der Stimmen holen. Dazu ist die AfD im Oberbergischen viertstärkste Kraft. In beiden Wahlkreisen kam sie vor die FDP. „Damit sind wir sehr zufrieden“, so Rummler.

 

Frust über Wahlbeteiligung

 

Im Wahlkreis 23 gaben 56,51 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Im Wahlkreis 24 lag die Wahlbeteiligung bei 53,61 Prozent. Vor fünf Jahren hatte diese noch bei 65,69 und 63,2 Prozent gelegen. Ina Albowitz-Feytag und Dr. Friedrich Wilke (FDP) waren – wie andere Politiker an diesem Abend auch - enttäuscht von diesen Zahlen. „Das ist katastrophal“, kommentierte Wilke. Die nächsten Tage werden dementsprechend im Zeichen der Analyse stehen.

 

Hier gibt es die Ergebnisse aus dem Wahlkreis 23.

Hier gibt es die Ergebnisse aus dem Wahlkreis 24.

Hier geht's zum Ticker vom Wahlabend.

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