POLITIK

Gummersbach beschließt Haushalt: Nur wenig Spielraum in der Krise

pn; 01.12.2023, 15:25 Uhr
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Symbolfoto: Louis auf Pixabay
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Gummersbach beschließt Haushalt: Nur wenig Spielraum in der Krise

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pn; 01.12.2023, 15:25 Uhr
Gummersbach – 24 zu 18 Stimmen: Haushalt wird vom Stadtrat in der letzten Sitzung des Jahres mehrheitlich beschlossen – Viele kritische Zwischentöne prägen die Haushaltsreden.

Von Peter Notbohm

 

Es war bereits der zweite Haushalt, über den Gummersbachs Politik in diesem Jahr entscheiden musste. Doch anders als beim verspätet verabschiedeten Haushalt 2023 Ende April herrscht im Dezember kaum noch Einigkeit über das Zahlenwerk von Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit für 2024, das ein Defizit von 10,88 Millionen Euro vorsieht, nachdem sich Gummersbachs Politik gegen die Einführung einer Einwegverpackungssteuer entschieden hat (Bericht folgt). Der hieraus resultierende Fehlbetrag von insgesamt 470.000 Euro (2024 und 2025) soll in den kommenden beiden Jahren durch die Ausgleichsrücklage aufgefangen werden. Ab 2026 sieht die mittelfristige Planung vor, den Fehlbetrag durch Erhöhung der Grundsteuern (jeweils 20 Prozentpunkte) aufzufangen.

 

Der Rat segnete den Haushalt mehrheitlich mit 24 Stimmen von CDU, FDP und Grünen ab. 18 Ratsmitglieder (SPD, Grüne, AfD und Die Linke) stimmten dagegen. Aus Reihen der Grünen gab es eine Enthaltung. Gescheitert ist auch der Antrag der SPD noch einmal an der Steuerschraube moderat zu drehen. Die Sozialdemokraten hatten dafür geworben, die Gewerbesteuer auf 484 Prozentpunkte anzuheben und dafür den Grundsteuer B-Hebesatz auf 665 Prozentpunkte abzusenken.

 

Dies hätte nach SPD-Berechnungen zum selben Ergebnis geführt, den Bürger aber noch einmal etwas entlastet. CDU, FDP und AfD wollten sich mit diesem Vorschlag allerdings nicht anfreunden und lehnten ihn mehrheitlich ab. Stattdessen beschloss der Rat mehrheitlich die vom Rathaus vorgeschlagenen neuen Hebesätze (Grundsteuer A: 440 auf 575 Prozentpunkte / Grundsteuer B: 570 auf 675 Prozentpunkte / Gewerbesteuer: 475 auf 482 Prozentpunkte) mit 26 Ja-Stimmen bei 17 Gegenstimmen. Unter anderem wegen diesem Beschluss versagte die SPD – wie angekündigt - dem Haushaltsplanentwurf ihre Zustimmung.

 

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Durch die Bank sprachen die Fraktionsvorsitzenden der Parteien in den traditionellen Haushaltsreden von einem besonderen Haushalt sowie schwierigen und herausfordernden Zeiten. Jörg Jansen (CDU) ging sogar noch einen Schritt weiter und sprach von einer „Zäsur, die wir erleben“. Ihn bedrücke die chronische Unterfinanzierung des Haushalts, die durch die Stadt nicht mehr beherrschbar sei. Aber auch, dass die Lage in den kommenden Jahren nicht besser werde und damit nicht einmal mehr ein fiktiver Haushaltsausgleich zu erreichen sei. „Ab kommendem Jahr ist unser städtisches Sparbuch leer und eine Haushaltssicherung bereits heute nahezu vorprogrammiert.“

 

Das wollte er aber nichts als Vorwurf in Richtung der Kämmerei verstanden wissen, die „wieder einmal alles versucht, unsere Lage zu verbessern“. Mit Steuererhöhungen müsse die Stadt dennoch vorsichtig sein, warnt er: „Es gibt genügend Briefkästen in Gewerbesteuer-Oasen in NRW.“ Stattdessen forderte er endlich eine Lösung von Bund und Land für die chronische Unterfinanzierung der Kommunen. Derzeit bleibe aber nichts anderes übrig als zu priorisieren, sodass „wir uns immer häufiger die Frage stellen, 'können bzw. wollen wir uns das leisten?'“.

 

Thorsten Konzelmann (SPD) nannte den Haushalt 2024 ein „Maßnahmenpaket, das es in sich hat“. Er habe Verständnis dafür, dass die Verwaltung durch Beitrags- und Steuererhöhungen alle erdenklichen Möglichkeiten ausschöpfe, um den für 2027 prognostizierten Eigenkapitalverzehr zu vermeiden. Allerdings sei man im Rathaus in Manchem auch übers Ziel hinausgeschossen, nannte er eine ins Spiel gebrachte Erhebung einer sogenannten Gewässerunterhaltungsumlage als Beispiel.

 

Die SPD habe es sich in ihren Beratungen keineswegs leicht gemacht, da ein entscheidender Anteil an der miserablen Situation durch Ausgaben verursacht werde, die von der Stadt nicht gesteuert werden können. Der Union warf Konzelmann vor, dass sie sich fortschrittlichem Handeln verweigere. Sowohl bei der Einwegverpackungssteuer als auch beim Vorschlag zur Gründung einer Energiegenossenschaft zeige sich die CDU „enttäuschend rückwärtsgewandt. Hindenburg lässt grüßen“.

 

[Im Stadtrat herrschte ein geteiltes Echo zu den Finanzplänen für das kommende Jahr.]

 

Konrad Gerards (Grüne) wiederholte seine Kritik aus dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss (OA berichtete), dass es in den Haushaltsberatungen immer nur um die Einnahmeseite gegangen sei, die Ausgaben dabei aber völlig außer Acht gelassen worden seien. Die Anhebung der Grundsteuern bedeute für jeden Bürger durchschnittlich Mehrkosten von 36 Euro. Der CDU warf er vor, dass sie sich auf ihrem starken Wahlergebnis ausruhe und Vorschläge der Opposition abbügle. „Zu den Einsparvorschlägen müssen Sie sich schon selbst Gedanken machen, das liegt in Ihrer Verantwortung. Wir warten auf ihre Vorschläge“, so Gerards, der forderte Projekte zu verschieben, zu reduzieren oder auszusetzen, um Finanzmittel für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung zu haben.

 

Elke Wilke (FDP) sprach in ihrer Rede von einer Welt „im Dauerstress“ und „im anhaltenden Krisenmodus“, in der Populisten zunehmend Zulauf hätten, obwohl sie keine Lösungen präsentieren würden. Gummersbach müsse aus ihrer Sicht trotz einer sehr angespannten Haushaltslage weiterhin in die Zukunft investieren, „aber mit Außenmaß“. Denn: „Auch Fördergelder, so verlockend sie sind, sind Steuergelder.“

 

Bernd Rummler (AfD) nutzte seine Rede zu einer Generalabrechnung mit Bund und Land. „Als Ratsmitglieder sind wir dem Bürger verpflichtet. Sorgen wir für eine Schubumkehr. Zucken wir weiter mit den Achseln und zahlen die Zeche von Bund und Land? Wer mitmacht, ist auch mitschuldig“, forderte er Rathaus und Politik dazu auf, jeden Monat eine Rechnung nach Düsseldorf und Berlin zu schicken, denn dort säßen die „Zechpreller“.

 

Diyar Agu (Linke) formulierte angesichts einer „dramatischen Haushaltssituation“ scharfe Kritik in Richtung des Rathauses, aber auch in Richtung der Grünen und ihrer Kürzungsforderungen. Er kritisierte u.a., dass die Stadt auf langfristigen teuren Energieverträgen sitzen würde: „Diese schlechte Haushaltssituation haben sie mit ihrer schlechten Politik mitzuverantworten.“ Auch die vorgeschlagene Einwegverpackungssteuer ist aus seiner Sicht nur ein weiteres Mittel, um die Gesellschaft zu spalten: „Grün sein, muss man sich leisten können. Ich möchte nicht, dass Gummersbach die erste Kommune in NRW wird, in der die AfD auf über 20 Prozent kommt, weil die Menschen unter den Abgaben leiden.“

 

Aus dem Rat

 

Der Stadtrat hat dem Umzug der Kreis- und Stadtbücherei in das Einkaufszentrum Gummersbach (OA berichtete) mehrheitlich zugestimmt. Die AfD stimmte geschlossen gegen den Umzug, vier Ratsherren von CDU, Grünen und Linken enthielten sich. Die Stadtverwaltung wurde mit der Anmietung der Fläche beauftragt. Die AfD hatte im Vorfeld der Abstimmung noch einmal den Nutzen angezweifelt und die Kostenfrage gestellt. „Wir haben 15 Prozent mehr Nutzen bei 100 Prozent mehr Kosten. Das ist inakzeptabel“, sagte Rainer Degner. Seine Umfrage unter 25 befreundeten Familien mit Kindern, auf die er seine Aussagen neben den statistischen Kennzahlen stützte, nannte Inga Bormann (SPD) „lächerlich“: „Oder wie man in der Schule sagen würde: verhaltensoriginell.“

 

Mit breiter Mehrheit angenommen wurde der Aufstellungsbeschluss einer Veränderungssperre für das Areal der ehemaligen Fachhochschule am Sandberg (OA berichtete). Nur von Seiten der Grünen gab es eine Enthaltung und eine Gegenstimme.

 

Einstimmig, bei zwei Enthaltungen der Linken, wurde die Einführung des Deutschland-Tickets für die Schüler von Gummersbach beschlossen (OA berichtete).

KOMMENTARE

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Das Problem des vermeidbaren Mülls wird von CDU, FDP und den Extremen ignoriert. Der Nutzen einer Verpackungsabgabe ist eindeutig: es wird weniger herumliegenden Dreck in der Stadt und der Natur geben. Das Image der Stadt wird deutlich verbessert, eine Marketingmaßnahme mit ähnlichem Effekt wäre unbezahlbar. Es gibt wohl keinen Menschen in GM, der/die sich nicht freut, wenn wenigstens etwas weniger Müll herumliegt. Und die Stadt hat auch noch ein paar Euro mehr. Da ist es sehr befermdlich, wenn sich Politiker gegen ein Projekt stellen, das nur Vorteile bringt. Die Partikularinteressen einiger Weniger (allen voran Großkonzerne aka Fast Food Ketten) scheinen denen offenbar wichtiger, als das Allgemeinwohl und das Image der Stadt sowie das Empfinden der Bürger*innen in GM.

F Lothar Winkelhoch, 03.12.2023, 09:59 Uhr
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