POLITIK
GWN als Vorbild: Stadtwerke sollen auf den Prüfstand
Wiehl – Rat diskutiert darüber, ob das städtische Tochterunternehmen zukünftig die Bürger mit Wasser, Gas, Elektrizität und Wärme versorgen kann – Verwaltung soll Optionen prüfen – Antrag von Bürgerenergieverein.
Von Lars Weber
Was in der Zukunft in der Stadt Wiehl in Sachen Energieversorgung, besonders natürlich mit erneuerbaren Energien möglich sein soll, dies hatte Jürgen Körber, seines Zeichens Fraktionschef der Grünen, schon während seiner Haushaltsrede bei der vergangenen Ratssitzung zum Thema gemacht und Mut gefordert, eigene Wege zu gehen. Besonders am Herzen liegt ihm ein Antrag des Bürgerenergievereins Wiehl, der auf Wirken der Grünen, CDU, SPD und der FDP bei der Sitzung im Stadtheilhaus Drabenderhöhe noch auf der Tagesordnung landete, obwohl er dafür eigentlich zu spät eingereicht worden war. Der Inhalt verknappt: Es soll geprüft werden, ob die eigenen Stadtwerke „ertüchtigt“ werden können, zum Beispiel um die Energie-, Wasser-, Gas- und Wärmeversorgung zu übernehmen. Das Thema wird Stadt und Politik voraussichtlich länger beschäftigen, es sollen die Optionen ausgelotet werden.
Der „Verein für mehr erneuerbare Energie in Wiehl“ wurde im März 2023 gegründet. Diverse Informationsveranstaltungen gehen schon auf das Konto der Engagierten, die auch aus unterschiedlichen Parteien kommen. Die Vorsitzenden sind beispielsweise Stefan Rossner, CDU-Ortsverbandschef, und Ingo Kötter, sozusagen sein SPD-Amtskollege, im Vorstand finden sich aber auch Grüne und Liberale. Ein Fokus des Vereins: günstige Energiegewinnung aus der Region für die Region, auch die Entwicklung von Bürgerbeteiligungsmodellen. In dem vorliegenden Antrag geht es um die Prüfung, Ausarbeitung und Vorlage eines Umsetzungskonzepts für die Erweiterung der Aufgabenfelder der Stadtwerke.
Betrachten werden solle die „eigenständige Übernahme der Versorgung der Stadt Wiehl und seiner Bürgerschaft sowie gegebenenfalls weiterer Interessierter mit Wasser, Gas, Elektrizität und Wärme“, weiter auch die Erzeugung, Beschaffung und Vermarktung der erforderlichen Energieträger und auch der Betrieb von Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie. Auch Konzepte für eine Bürgerbeteiligung sollten Berücksichtigung finden. Darüber hinaus bringt der Verein die Übernahme der Versorgungsnetze ins Gespräch – der Konzessionsvertrag mit der AggerEnergie läuft aktuell noch bis 2032. Nicht zu vergessen dabei: Die Stadt Wiehl ist auch Gesellschafterin der AggerEnergie.
Es wäre also ein kompletter Relaunch, der sein Vorbild mit der GWN in Nümbrecht hat. Die Gemeinde ist einen ähnlichen Weg gegangen, allerdings schon vor Jahrzehnten. Die Gemeindewerke kümmern sich um die Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie Nahwärmelösungen und seit 2017 auch um den Breitbandausbau. Aktuell plant die GWN den Einstieg in die Windenergie.
Der Antrag des Wiehler Vereins erhielt bei der Sitzung des Rats viel Zuspruch. „Das ist eine große Chance für die Wiehler Bürger“, sagte Körber, der Politik, Stadt und Bürger an einen Tisch bringen möchte. Er sehe keine Probleme, die nicht unüberwindbar seien mit der Hilfe von Fachleuten. Seinen Willen, dass bereits über den Prüfantrag in der vorliegenden Form angestimmt wurde, bekam der Grünen-Fraktionschef aber nicht, auch wenn er angesichts der Folgen des Klimawandels zeitlichen Druck sieht. „Es gibt ein großes Interesse an der Professionalisierung der Stadtwerke, da gehört aber viel Vorarbeit zu“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzende Larissa Gebser. SPD-Fraktionschef Carlo Riegert lobte die Initiative ebenso, wies aber zugleich auf die Komplexität hin. „Da steckt auch viel Brisanz drin.“ Man sollte sich in kleinen Schritten dem Projekt nähern.
Genau dies hatte Bürgermeister Ulrich Stücker vorgeschlagen, der sich bereits mit den Vereinsvertretern zusammengesetzt hatte. Er sieht die Notwendigkeit, den Antrag mit mehr Inhalten zu füllen, ihn zu konkretisieren und zu strukturieren. „Das soll in den nächsten Wochen geschehen.“ Dann sollen die Themenfelder abgearbeitet werden, denn ein Antrag von dieser Größenordnung betrifft alle Bereiche der Verwaltung. Wenn die Stadt so weit ist, wolle man mit den Ergebnissen zur Diskussion in den Haupt- und Finanzausschuss gehen. Diese Vorgehensweise bekam schließlich eine Mehrheit bei vier Enthaltungen und der Gegenstimme Jürgen Körbers.
Aus dem Rat
Noch ist völlig unklar, welche Sanierungsarbeiten nötig sein werden, damit auf der Wiehltalbrücke auf der A4 wieder sämtliche Spuren genutzt werden können. Seit einigen Wochen ist jeweils nur der linke Fahrstreifen nutzbar, zudem ist die Brücke für den genehmigungspflichtigen Schwerverkehr gesperrt. Die Autobahn GmbH hatte festgestellt, dass die in den 1970er-Jahren errichtete, rund 700 Meter lange Brücke Defizite in der Tragfähigkeit aufweist. Die Stadt Wiehl ist wegen der Brücke mit der GmbH im Austausch. Dabei ging es darum, um über die Auswirkungen des Schleichverkehrs für die Ortschaften nach dem Schwerverkehrsverbot zu sprechen. Moritz Müller (CDU) nutzte die Gelegenheit im Rat, und forderte die Stadt auf bei der Autobahn GmbH darauf hinzuwirken, dass bei etwaigen Sanierungsmaßnahmen bauliche Maßnahmen für den Lärmschutz für die umliegenden Ortschaften Berücksichtigung finden sollten. In dieser Frage gibt es seit Jahren Stillstand.
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