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Haarscharf an der Haushaltssicherung vorbei

lw; 27.04.2023, 09:06 Uhr
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Haarscharf an der Haushaltssicherung vorbei

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lw; 27.04.2023, 09:06 Uhr
Gummersbach – Haushalt der Stadt Gummersbach mehrheitlich verabschiedet – Gute Jahresergebnisse 2021 und 2022 lassen Verwaltung kurz durchatmen.

Von Lars Weber

 

Lange Zeit war es unsicher, ob die Stadt Gummersbach ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen muss. Bei der Einbringung rechnete Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit noch mit einem Minus von 13,3 Millionen Euro, das auch mit einem Griff in die Ausgleichsrücklage nicht auszugleichen gewesen wäre (OA berichtete). Die Hoffnung: Dass die (sehr spät gelieferten) Orientierungsdaten des Landes sich positiv auf das Zahlenwerk auswirken, die Kreisumlage noch leicht sinke und vor allem die Jahresabschlüsse 2021 und 2022 so gut werden, dass das Minus noch auf unter 10,3 Millionen Euro gedrückt werden kann – denn so hoch lag die Ausgleichsrücklage zu diesem Zeitpunkt. Da die Jahresabschlüsse ihre Zeit brauchten, wurde der Haushalt für das laufende Jahr erst Dienstag verabschiedet – so spät wie noch nie. Dafür hatte sich das Warten gelohnt. Einem Haushaltssicherungskonzept entgeht Gummersbach – zumindest in diesem Jahr. Die Steuern werden nicht erhöht. Der Rat stimmte dem Haushalt mehrheitlich zu. Grüne und Die Linke stimmten dagegen.

 

Ein Jahresfehlbedarf über rund 9,74 Millionen Euro steht da nun als erwartetes Ergebnis. Die Erträge konnten im Vergleich zur Einbringung Ende November leicht nach oben auf 168,9 Millionen korrigiert und die Aufwendungen leicht auf 178,6 Millionen Euro gedrückt werden. Dies genügte, um durch den Griff in die Ausgleichsrücklage den fiktiven Haushaltsausgleich herzustellen. Nicht zufriedenstellend für die Verwaltungsspitze. Doch die meisten der Faktoren, die dazu geführt haben, kommen von außen. Seien es (welt-)politische Entwicklungen von Pandemie über den Krieg bis zu Energiepreisexplosion und Inflation. Oder seien es rechtliche Vorgaben von Bund und Land. Hinzu kommt die schon lange angeprangerte strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen. Die Tatsache, dass viele dieser Faktoren nicht über Nacht verschwinden, wird auch die kommenden Haushalte zu einer schwer zu lösenden Rechenaufgabe machen.

 

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Dies griffen auch die Fraktionssprecher bei ihren Haushaltsreden während der Ratssitzung auf. Jörg Jansen war selbst „bis zum letzten Moment“ gespannt, wie es um den städtischen Haushalt letztendlich stehe. In Anbetracht der Gesamtumstände sei das Ergebnis „sehr gut“.  Er betonte, dass die Christdemokraten die Fokussierung auf die Pflichtaufgaben der Stadt (Schule, Kindergärten, Sicherheit, Digitalisierung, Wirtschaftsförderung) angesichts Herausforderungen wie den Energiekosten und dem ungeregelten Zufluss von Kriegsvertriebenen mittrage. „Erst die Pflicht, dann die Kür.“

 

Der „Buchungstrick“ der Isolierung der Aufwendungen für Corona und den Krieg in der Ukraine sieht die CDU – wie alle anderen Fraktionen auch – sehr kritisch. Über vermutlich 50 Jahre wird diese vom Staat verordnete Maßnahme die Haushalte ab 2026 belasten, Gummersbach jährlich mit rund 500.000 Euro. Auch wenn es schwer erscheine: Man sollte versuchen, eine Haushaltssicherung durch weitere Konsolidierungsmaßnahmen zu vermeiden. „Meine Fraktion möchte das auch ohne Steuererhöhungen schaffen.“

 

SPD-Fraktionsvorsitzender Thorsten Konzelmann freute sich, dass das Haushaltssicherungskonzept dieses Jahr umschifft werden konnte, bedeute dieses doch, dass die Stadt kaum noch Handlungsspielraum unter dem „strengen Regime der Kommunalaufsicht“ gehabt hätte. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“ Die SPD sieht wie die CDU auch nicht zwingend Steuererhöhungen als erstes Mittel an, die Zahlen zu verbessern. „Der Schlüssel liegt in der Entlastung der Kommunen.“ Vor allem das Land NRW sieht Konzelmann da in der Pflicht. Er ging auch auf die Kreisumlage ein und nannte seine CDU-Kreistagskollegen im Rat mit Namen, denen er vorwarf, mit ihren Stimmen für einen Kreisneubau sich zu wenig für ihre Heimatkommune einzusetzen. „Warum können Sie bei ihren Parteifreunden nicht mehr bewirken“, wandte er sich an Bürgermeister Frank Helmenstein.

 

Eckdaten des Haushalts (in Euro)

 

Erträge: 168,9 Millionen

Aufwendungen: 178,6 Millionen

 

Steuern: Grundsteuer A: 440 v.H., Grundsteuer B: 570 v.H., Gewerbesteuer: 475 v.H. 

 

Einnahmen:

Gewerbesteuereinnahmen: 40,1 Millionen

Grundsteuer B: 10,6 Millionen

Gemeindeanteil Einkommensteuer: 25,8

Schlüsselzuweisungen: 19,2 Millionen

 

Ausgaben:

Energiekosten (Strom und Heizung): 9,9 Millionen

Kreisumlage: 39,1 Millionen

 

Den Bereich Klima- und Umweltschutz rückte Konrad Gerards, Chef der Grünen-Fraktion, in das Zentrum seiner Ausführungen. In vielen Bereichen werde geklotzt. Beim Klima- und Umweltschutz werde „nicht mal gekleckert“. Obwohl die Zeit dränge, tue Gummersbach „so gut wie nichts“. Ladeinfrastruktur für E-Mobilität, Photovoltaik auf städtischen Gebäuden oder Verbesserungen in der Fahrradinfrastruktur: Die Stadt gebe gerade mal 350.000 Euro oder 2,4 Prozent des Investitionshaushaltes für das Klima aus. „Das ist erschreckend wenig“, so Gerards. „Die Bürger sind da selbst schon weiter.“ Man brauche dagegen keine Entsiegelung kleiner Flächen für viel Geld, die einst mit viel Geld versiegelt wurden (Beispiel: Hindenburgstraße) oder weitere Gewerbeflächen. „Die werden nicht gebraucht, weil Arbeitskräfte schon jetzt Mangelware sind.“

 

Elke Wilke sprach bei ihrer Premieren-Haushaltsrede für die FDP – sie hat den Fraktionsvorsitz von Dr. Ulrich von Trotha übernommen, der am Dienstag bei der Sitzung nach 17 Jahren im Rat verabschiedet wurde – von einem „realistischen Zahlenwerk“. Mit Investitionen in Kitas, Feuerwehr oder auch PV-Anlagen würden die richtigen Prioritäten gesetzt. Sie regte eine weitere Belebung des Handels in der Innenstadt an. Bemühungen um Sonntagsöffnungen seien aber bislang von Ver.di „torpediert“ worden. „Wir müssen den Handel vor Ort erhalten.“ Sie hofft zudem, dass in Sachen Theater nach dem Aus für das Bergischen Forum für Wissen und Kultur noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. „Die Hülle des alten Theaters ist in einem guten Zustand.“

 

Bernd Rummler (AfD) kritisierte vor allem die Isolierung als eine „Mogelpackung“, die in der freien Wirtschaft als Bilanzbetrug durchgehen würde. Er nahm die Verwaltungsspitze aber von der Kritik aus, schließlich sei das Bilanzmittel „staatlich verordnet“. „Deutschland hat noch nie so viel Schulden gemacht“, sagte Rummler. Durch diese schwierige Finanzplanung schmilzt das Eigenkapital der Stadt schnell wieder zusammen.

 

Mit Kritik sparte auch Diyar Agu (Die Linke) nicht. Aber er nahm die Stadtspitze da nicht aus. „Wir können uns keinen Bürgermeister leisten, der zwar gebetsmühlenartig Steuererhöhungen aufschiebt, dafür aber den Wasserpreis oder die Preise für das Gumbala erhöht.“ Diese Maßnahmen würden jene treffen, die bereits unter den hohen Energiekosten oder der Inflation litten: Bürger mit niedrigen Einkommen. Gummersbach brauche stattdessen mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Maßnahmen für den Klimaschutz. „Wir wollten einen gut getakteten ÖPNV. Bekommen haben wir ein Carsharing-Angebot mit zwei Autos.“

KOMMENTARE

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Ja, in Gummersbach wird die GROKO im Kleinen fortgesetzt: Stillstand bis Rückwärtsgewandtheit regieren! Klimaschutz und Soziales - unweigerlich miteinander verbunden - bleiben auf der Strecke; das bedeutet Ignoranz der dringendst notwendigen Maßnahmen. Konrad Gerhards und Diyar Agu nennen einige Beipiele; was die - leider immer noch - Hindenburgstraße betrifft: Wochenlang sah ich vom bzw. zum Bahnhof kommend /gehend die Aktivitäten dort...schließlich stand ich kopfschüttelnd vor dem Ergebnis - unfassbar! Konrad Gerhards spricht mir aus der Seele! Auch andere Kommunen im Oberbergischen Kreis leisten sich Derartiges: In Marienheide wurde ein zweiter Zuweg zum Heilteich geschaffen - wenige Meter kürzer als der bestehende. FAZIT: Bäume gefällt, Biotop zerstört, Müllabladegelegenheit!

Cornelia Lang, 27.04.2023, 14:51 Uhr
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