POLITIK

Harsche Kritik an Haushaltsentwurf: Wahrer Kern oder politische Motivation?

lw; 11.02.2025, 16:20 Uhr
Archivfoto: OA.
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Harsche Kritik an Haushaltsentwurf: Wahrer Kern oder politische Motivation?

lw; 11.02.2025, 16:20 Uhr
Nümbrecht – Externer Gutachter nahm Nümbrechter Zahlen unter die Lupe und wirft Verwaltung diverse Versäumnisse oder Fehler vor – Aus dem Rathaus kommen Widerworte – Verbreitet wurde das Gutachten durch einen Bürgermeisterkandidaten.

Von Lars Weber

 

„Unvollständig, fehlerhaft, widersprüchlich und irreführend“: In einem externen Gutachten zum Haushaltsplanentwurf der Gemeinde Nümbrecht wird nicht mit Kritik gespart. Erarbeitet wurde die Analyse von Dr. Manfred Busch, vor dem Ruhestand unter anderem Kämmerer in Wesel und Bochum, und außerdem für die Grünen acht Jahre lang im NRW-Landtag. In Auftrag gegeben haben soll das Gutachten eine neue Bürgerinitiative, wie Markus Schauf erklärt, der das Gutachten an Presse und Verwaltung geleitet hat. Der parteilose Schauf wiederum möchte im Herbst gerne neuer Bürgermeister von Nümbrecht werden. Beim aktuellen Amtsinhaber Hilko Redenius, der bei der Kommunalwahl nicht wieder antritt (für die CDU geht Thomas Hellbusch ins Rennen), liegt das Gutachten ebenfalls auf dem Schreibtisch: Er weist die Vorwürfe zurück.

 

Knapp 20 Seiten stark ist das Gutachten von Dr. Busch, es ist etwas für Freunde von haushalterischen Analysen. „Die Gemeinde Nümbrecht steht auf Platz 7 der kreisangehörigen Gemeinden mit dem höchsten negativen Eigenkapital pro Einwohner in NRW (bilanzielle Überschuldung); in ihrer Größenklasse der kleinen kreisangehörigen Gemeinden steht sie – trotz der im Rahmen des Stärkungspakts erhaltenen 8,7 Millionen Euro - auf dem schlechtesten Platz.“ Defizitäre Jahresergebnisse und Überschuldung seien rechtswidrige Zustände, die „schnellstmöglich beendet werden müssen“, schreibt er weiter.

 

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Der Gutachter arbeitet sich in der Folge am Entwurf ab. So wirft er der Verwaltung vor, dass die in den Rat eingebrachten Unterlagen „etliche relevante und bekannte Sachverhalte nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt“. Zum Beispiel beim Thema „Binery Swaps“, zum Beispiel beim Thema Beteiligung an der Anton Frese Erben GmbH, die bekanntlich das Parkhotel betreibt. Unter anderem schreibt er, dass „angesichts des extrem hohen Ausfallrisikos“ Liquiditätskredite an die AFE GmbH den Charakter von verlorenen Zuschüssen hätten – „deshalb handelt es sich faktisch um zusätzliche freiwillige Leistungen, zu denen die Gemeinde Nümbrecht im rechtswidrigen Zustand der Überschuldung nicht berechtigt ist“.

 

Den Zustand der AFE rückt Dr. Busch in die Nähe der Insolvenz, wogegen sich Bürgermeister Hilko Redenius wehrt. Die defizitären Ergebnisse hätten sich seit 2022 von Jahr zu Jahr jeweils halbiert. Für die positive Richtung habe unter anderem die Auslagerung des Sportparks an die GWN gesorgt. „Wir sind zuversichtlich, dieses Jahr eine schwarze Null zu schreiben. Die positive Fortführungsprognose hat uns Anfang des Jahres auch ein Wirtschaftsprüfer attestiert." Redenius warnt davor, mit Begriffen wie „Insolvenz“ um sich zu werfen. An der AFE und dem Parkhotel hingen immerhin 70 Arbeitsplätze.

 

Weiter heißt es im Gutachten unter anderem, dass die Kämmerei die Schlüsselzuweisungen für die Jahre bis 2031 falsch berechnet habe, und so „die finanzielle Zukunft in einem zu positiven Licht erscheinen“ lasse. Darüber hinaus „scheinen sich die verschiedentlich angesprochenen Konsolidierungs-‚Anstrengungen‘ darin zu erschöpfen, die Hebesätze für die Realsteuern anzuheben“. Beiden Vorwürfen widerspricht der Bürgermeister. Die Schlüsselzuweisungen würden mithilfe eines komplexen Planungsinstruments genau berechnet und fußen bei den Zahlen ab 2027 auf den Vorgaben des Landes. Zudem gebe es diverse Anstrengungen, den Haushalt abseits von Steuereinnahmen zu konsolidieren, sei es bei der Reduzierung von Personalaufwendungen, bei der Rückführung auf Budgets, der Auflösung der Schulpauschale oder der Anpassung der Schülerbeförderungsbudgets.

 

„Substanziell sehe ich in dem Gutachten keinen Punkt, der es rechtfertigt, die Aussage ‚rechtswidrig‘ zu nutzen“, so Redenius. Vielmehr sei in der Weiterleitung des Gutachtens eines Ex-Kämmerers mit Grünen-Parteibuch durch einen parteilosen Bürgermeisterkandidaten eine „rein politische Motivation klar erkennbar“. „Der Wahlkampf lässt grüßen“, meint Redenius. Die Zusendung von Markus Schauf wertet er nun als „Einwendung eines Einwohners“, die zusammen mit der Einladung zur nächsten Ratssitzung an die Mitglieder versendet wird. „Der Rat wird dann über die Einwendung entscheiden.“ Auf die fast 50 Fragen, die dem Gutachten anhängen, werde er den Regularien folgend rechtzeitig schriftlich antworten.

 

Weitere Informationen über die Bürgerinitiative, die das Gutachten in Auftrag gegeben haben soll, hat Markus Schauf auf Nachfrage nicht. „Diese Bürgerinitiative wird sich zeitnah treffen, um die Gründung zu vollziehen.“ Er selbst gehöre der BI nicht an, er habe lediglich das Gutachten zugespielt bekommen. Eine Meinung hinsichtlich des Gutachtens hat er aber natürlich. „Sollte das Gutachten den Tatsachen entsprechen, ist eine Verabschiedung durch den Rat nicht möglich.“ Er bittet Kommunalaufsicht und die Wirtschaftsprüfer, mit der Verwaltung in Nümbrecht „Klarheit und Transparenz“ zu schaffen.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Dr. Busch mit dem Nümbrechter Haushalt auseinandersetzt. Schon den Planentwurf für das Haushaltsjahr 2024 analysierte der ehemalige Kämmerer im Auftrag der Nümbrechter Grünen. Schon damals kam er zu dem Schluss: „Die für die Haushaltsberatungen 2024 zur Verfügung gestellten Unterlagen sind an wesentlichen Stellen unvollständig, fehlerhaft, widersprüchlich und irreführend.“ Den Vorwürfen zum Trotz wurde der Haushalt später vom Rat beschlossen und auch von der Kommunalaufsicht genehmigt. Die überschuldete Gemeinde befindet sich im Haushaltssicherungskonzept – und der Kreis als Aufsichtsbehörde schaut bei den Nümbrechtern gerade besonders genau hin. Diese Genehmigung sei für Redenius „das Maß der Dinge“, wenn es um den Haushalt geht.

 

Der aktuelle Haushalt soll im März vom Rat beschlossen werden.

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