POLITIK
„Hauptschulwege kompromisslos sicher machen“
Wiehl – Ergebnisse der Planungen zur Schulwegsicherung im Bau- und Verkehrsausschuss vorgestellt – Umsetzung kleinerer Maßnahmen hat bereits begonnen – Weniger Elterntaxis ein Ziel.
Von Lars Weber
Elterntaxis sind zu einem Massenphänomen geworden. Weil die Erziehungsberechtigten der Überzeugung sind, dass der Schulweg zu unsicher ist, bringen sie ihren Nachwuchs, am liebsten bis vor den Schuleingang. Dies führt zu mehr Autos im Umkreis der Einrichtungen, und dem Gefühl bei weiteren Eltern: „Hier kann ich mein Kind nicht sicher gehen lassen.“ Und schon werden noch mehr Kinder chauffiert. Bundesweit würden 32 Prozent der Kinder mit Autos zur Schule gebracht. In Wiehl liege der Anteil teils weit darüber. Der „Teufelskreis Gefährliche Straße“, wie Jens Leven vom Büro Bueffee aus Wuppertal das beschriebene Prinzip nannte, müsse durchbrochen werden. Werden die Schulwege sicherer gemacht und sind auch die Eltern von den Maßnahmen überzeugt, nehmen Elterntaxis ab. Dafür hat das Büro für Forschung, Entwicklung und Evaluation ein Schulwegsicherungskonzept erarbeitet, das Leven gestern im Bau- und Verkehrsausschuss der Stadt Wiehl vorgestellt hat.
Das Thema wurde aus den Reihen der Stadtverordneten bereits 2018 angeschoben, später wurde Leven und sein Team damit beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten. 28.000 Euro kostet dies, die Stadt bekommt aber eine Förderung von 80 Prozent. Von der Auftaktveranstaltung über Fragebögen bis zu deren Auswertung (rund 500 Stück flossen ein, die Rücklaufquote betrug 50 Prozent) und der Erstellung von Maßnahmen anhand von Vor-Ort-Analysen: Es gab viel zu tun. Mehr als 60 relevante Problemhäufungsstellen in ganz Wiehl seien bei der Befragung der Eltern ausfindig gemacht worden. Daraus ergaben sich 121 Einzelvorschläge für die Problemlösung. „Manchmal reicht eine Markierung auf der Straße, manchmal ein Grünschnitt, manchmal wäre aber auch ein Kreisel die beste Lösung“, zeigte Leven die Bandbreite auf. Ultimatives Ziel sind ausgewiesene Schulwegpläne für Wiehl.
Tatsächlich werde schon nicht mehr nur geredet, so Leven. Von den 121 Vorschlägen seien 52 bereits umgesetzt oder in der Bearbeitung. 14 Maßnahmen bedürfen der Absprache mit Dritten, zum Beispiel mit Straßen.NRW, acht Maßnahmen seien voraussichtlich erst einmal nicht machbar. Dabei liegen längst nicht alle Problemstellen direkt an den Wiehler Schulen. „Viele liegen viel weiter weg im Ort.“ Neben den leichter umsetzbaren Lösungen gibt es aber auch einige knifflige Stellen. Leven nannte da zum Beispiel einen Kreisel samt Zebrastreifen als Ideallösung, damit Kinder sicher die Straße im Oberwiehler Zentrum überqueren können. Ebenfalls in der Diskussion: Eine Durchfahrtsbeschränkung an der Grundschule Marienhagen.
Sämtliche Maßnahmen sollen im Herbst auch den Schulpflegschaften präsentiert werden. Dabei geht es aber nicht nur um die planerischen Verbesserungen der Infrastruktur rund um Wiehls Schulen, sondern auch um die Schaffung von Hol- und Bringzonen. Schließlich werden – egal wie sicher der Weg ist – weiterhin Kinder zur Schule gebracht werden. Die Zonen sollen helfen, diesen Vorgang besser zu lenken. „Mit allen Grundschulen haben wir potenzielle Hol- und Bringzonen ausgemacht und vorbesprochen“, so Leven. Die Akzeptanz der Eltern dafür sei aber entscheidend. Stimmen sie zu, sollen die Zonen schon im Frühjahr bis Sommer kommenden Jahres eingerichtet werden.
Bauliche und Straßenverkehrsrechtlichte Lösungen, Schulwegpläne sowie Hol- und Bringzonen sollen laut Konzept von einer weiteren Komponente ergänzt werden: dem Verkehrszähmerprogramm. Die Kinder trainieren dabei das Zufußgehen auf ihren Alltagswegen. Als ganzheitliches Schulwegkonzept konzipiert werden den Kindern Mobilitätskompetenzen vermittelt. Ziel ist es, dass sie lernen selbstständig, sicher und eigenverantwortlich mobil zu sein. Verbunden ist das mit einer spannenden Drachengeschichte. „Alle Schulen werden dazu einen Workshop angeboten bekommen“, so Leven. Die Entscheidung darüber, ob diese Maßnahme umgesetzt wird, liege dann bei den Einrichtungen.
„Die Hauptschulwege sollten kompromisslos sicher gemacht werden“, gab Leven die Richtung vor. Dies funktioniere nur, wenn Stadt, Politik, Ordnungsamt, Polizei und weitere Behören zusammenarbeiten. Nur so sei ein Umdenken bei Eltern zu erreichen. Bis zum nächsten Sommer möchte Leven seinen Teil der Arbeit abgeschlossen haben. Die Arbeit von Stadt, Politik, Eltern und Schulen werde weitergehen.
Der Ausschuss machte nach dem Vortrag von Leven sogleich Nägel mit Köpfen und beschloss einstimmig die Errichtung geschwindigkeitshemmender Elemente zur Schulwegsicherung im Stadtgebiet. Der Fachbereich 7 empfiehlt dabei das „Krefelder Kissen“. Der Einbau bedeute zwar einen größeren Eingriff in den Straßenverkehr und kostet auch mehr als andere Varianten. Die guten Erfahrungen in Sachen Funktionalität und Langlebigkeit sprechen laut Verwaltung aber für die „Krefelder Kissen“. Als Beispiel für eine künftige Umsetzung wurde Büttinghausen genannt. Dort wurden nach Prüfung der Situation vor Ort zehn verkehrsberuhigende Elemente seitens der Straßenverkehrsbehörde angeordnet.
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