POLITIK
Herausfordernd, aber (noch) nicht bedenklich
Wiehl – Vorstellung des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr – Nur sehr geringe Steuererhöhungen – Investitionen in Feuerwehr, Bildung und Infrastruktur.
Von Lars Weber
Angespannt und herausfordernd, aber im Vergleich noch sehr befriedigend: So hat die Wiehler Verwaltung um Bürgermeister Ulrich Stücker gestern die finanzielle Lage bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs beschrieben. Gerade an der Steuerschraube wolle das Rathaus kaum drehen. Während beispielsweise in Gummersbach angesichts der aktuellen Umstände die Grundsteuer A und B um jeweils mehr als 100 Prozentpunkte in die Höhe geschraubt werden soll, möchte Wiehl die Grundsteuer A unverändert lassen. Und bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer soll es nur rund drei Prozent hochgehen (siehe Eckdaten). Eine einfache Geschichte ist das Zahlenwerk aber trotzdem nicht gewesen, wie bei der Ratssitzung in der Wiehltalhalle klar geworden ist.
Der Beigeordnete und Kämmerer Peter Madel sowie Alf Karsten, Leiter des Fachbereichs Finanzen, erklärten den Stadtverordneten die Zahlen, Bürgermeister Ulrich Stücker ordnete diese dann in seiner Haushaltsrede ein. Schon die Tatsache, dass am Ende des Jahres 2024 ein Defizit über rund 4,2 Millionen Euro den Griff in die Ausgleichsrücklage nötig machen wird, um den Haushalt zumindest fiktiv auszugleichen, verdeutlicht: Auch Wiehl hat mit der aktuellen Lage zu kämpfen. Und auch die Folgejahre werden Defizite erwartet.
Dabei wird aber immerhin die Ausgangslage voraussichtlich noch etwas rosiger aussehen, als zunächst angenommen. So erwartet die Verwaltung, dass das aktuelle Jahr auch dank einer guten Gewerbesteuereinnahmenentwicklung mit einer schwarzen Null abschließen wird – ursprünglich war schon dieses Jahr 4,4 Millionen Euro Minus eingeplant. So hält die Rücklage noch ein wenig länger.
Die Faktoren mit Einfluss auf die kommunalen Haushalte sind vielfältig – und können kaum von Wiehl oder anderen Städten und Gemeinden beeinflusst werden. Madel zählte auf: Die Inflation und Kostensteigerungen in allen Bereichen, der Fachkräftemangel, die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst (Personalausgaben steigen um 1,1 Millionen Euro an), die Energiepreisentwicklung, die Flüchtlingssituation oder auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. Um das Defizit gering zu halten, wurde nicht nur jeder Cent mehrmals umgedreht, sondern auch das Instrument des „Globalen Minderaufwands“ genutzt. Dabei werden die Ausgaben pauschal um bis zu einem Prozent gekürzt – in Wiehl wird dies 400.000 Euro sparen.
Der Haushaltsentwurf in Zahlen (Euro)
Erträge: 75,0 Millionen
Aufwendungen: 79,2 Millionen
Steuern: Grundsteuer A: 260 v.H. (unverändert), Grundsteuer B: 508 v.H. (bisher 493), Gewerbesteuer: 475 v.H. (bisher 460)
Einnahmen:
Gewerbesteuer: 25,4 Millionen
Einkommenssteueranteil: 15,4 Millionen
Schlüsselzuweisungen: 139.000
Grundsteuer B: 5,2 Millionen
Ausgaben:
Personal: 16,4 Millionen
Investitionen: 23,9 Millionen
Kreisumlage: 18,7 Millionen
Entnahme Ausgleichsrücklage: 4,2 Millionen
Kreditaufnahme: 20 Millionen (für Investitionen)
Die Planungen der Stadt seien aufgrund der vielschichtigen Herausforderungen daher vorsichtig in den Haushalt eingeflossen, aber Investitionen seien zwingend nötig. Im Fokus sind die Feuerwehr (vier Millionen Euro), Schulen und die Infrastruktur. So wird unter anderem das Feuerwehrgerätehaus Bomig fertiggestellt werden. „Darauf freue ich mich“, so Stücker. Für die Grundschulen stehen im Rahmen des Digitalpakts zwei Millionen Euro bereit. Sechs Millionen Euro gibt‘s für das Gymnasium, unter anderem für Aufwertungsmaßnahmen. „Dies entbindet uns nicht davon, dass wir in wenigen Wochen eine Grundsatzentscheidung zur Zukunft des Gymnasiums treffen müssen!“, so Stücker. Momentan ist für den 13. Dezember eine Sondersitzung des Rates angesetzt, die schon mehrmals verschoben wurde.
In die Infrastruktur, in Straßen, Brücken und die Beleuchtung, sollen weiter 5,1 Millionen Euro fließen. Auch bei den Kinderbetreuungsplätzen gibt es weiter Bewegung. Besonders freut sich Stücker auf die Eröffnung der Kita Repschenrother Mühle. Das Thema Asyl sei indes nicht planbar für die Stadt. „Das macht es schwer.“ Es sei aber eine Aufgabe, die gelöst werden müsse. „Wir müssen den Menschen in Not Schutz bieten.“
Weiter kritisierte der Bürgermeister in seiner Rede die Subunternehmen der Telekom für ihre Arbeit beim Glasfaserausbau im Stadtgebiet. „Diese ist desolat. Die Qualität der Straßenarbeiten werden wir nicht akzeptieren.“ Gute Nachrichten hatte er für Drabenderhöhe, Brächen, Hillerscheid und Oberbantenberg, die von der Firma Westconnect noch 2024 eigenwirtschaftlich ans Glasfasernetz angeschlossen werden sollen.
Auch wenn Wiehl weiter handlungsfähig bleibe – Stücker mahnte vor allem den Bund an, dass dies auch so bleiben müsse. Die hohen Belastungen für die Bürger führten anderorts schon zu innergesellschaftlichen Verwerfungen, noch höhere Belastungen seien nicht zumutbar. Noch freue er sich, dass Wiehl mit moderaten Hebesätzen bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer im Kreisvergleich weiterhin ganz unten stehe. Trotz oder gerade wegen der komplizierten Situation forderte Stücker: „Unser Ziel muss ein gemeinsames Miteinander bleiben“.
Aus dem Rat
Eine Erklärung gegen jegliche Form von Antisemitismus verlas CDU-Fraktionsvorsitzende Larissa Gebser vor Beginn der Tagesordnung. „Wir verurteilen den Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung.“ Die Interessen der Palästinenser seien durch die Hamas nachhaltig gefährdet. „Wir hoffen auf Frieden und ein Miteinander von Zivilbevölkerung und Politik.“ Ebenfalls Sorge bereiteten die Vorkommnisse in Deutschland. „Antisemitismus darf in unserem Land keinen Platz haben.“ Gebser erinnerte an Artikel 4 im Grundgesetz. Es sei Bürgerräson, „in jeder Stadt, in jedem Gemeinwesen unseres Landes dafür zu sorgen, dass niemand wegen seines Glaubens in irgendeiner Weise benachteiligt oder gar gefährdet ist“. Gebser weiter: „Unsere ganze Kraft sollte dem Aufbau und Erhalt eines friedensbereiten, achtsamen und zukunftsgerichteten Miteinanders gelten“. Manfred Kriegeskorte (Die Linke) ergänzte die Forderung nach einem Waffenstillstand, Christoph Hastenrath (SPD) die Forderung nach der Freilassung aller Geiseln.
Einstimmig hat der Rat die Einführung des Deutschlandtickets im Schülerverkehr beschlossen. Die Stadt wird dabei 160.000 Euro einsparen. Sie wird bei dem beschlossenen Modell 40 Euro pro freifahrtberechtigten Schüler im Monat zahlen. Die Eigenanteile der Selbstzahlenden und der Freifahrtberechtigten bleiben unverändert bei 35,70 und 7 Euro.
Mit einer deutlichen Mehrheit hat der Rat die Satzung für den Bebauungsplan „Im Weiher“ beschlossen und damit die Regeln für die Bebauung im Zentrum festgelegt. Bekanntlich betroffen davon ist das von Investoren angestrebte Projekt auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Platte – dieses wird damit endgültig nicht in der Form umgesetzt werden können, wie die Investoren dies einst geplant hatten. Die Eingaben der Rechtsanwälte der Investoren waren berücksichtigt worden, zu Veränderungen am Regelwerk führten sie aber nicht. Auf Antrag von SPD-Fraktionschef Carlo Riegert wurde geheim abgestimmt. 29 Ratsmitglieder stimmten für die Satzung, sieben dagegen. Es gab eine Enthaltung.
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