POLITIK

KMVZ: Mit Hausarzt und Kinderarzt soll’s losgehen

lw; 08.07.2024, 12:55 Uhr
Foto: Lars Weber --- Das Medicenter entsteht aktuell direkt am Kurpark. Dort soll das KMVZ Räume beziehen.
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KMVZ: Mit Hausarzt und Kinderarzt soll’s losgehen

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lw; 08.07.2024, 12:55 Uhr
Nümbrecht – Rat beschloss Gründung einer GmbH für ein kommunales medizinisches Versorgungszentrum – Nächstes Jahr startet Betrieb.

Von Lars Weber

 

Als „epochale Entscheidung“ bezeichnete es Bürgermeister Hilko Redenius und auch die Mitglieder des Rats hatten fraktionsübergreifend nahezu ausschließlich positive Worte übrig für die Gründung eines eigenen, kommunalen medizinischen Versorgungszentrums (KMVZ). Dies schlug sich bei der aktuellen Sitzung des Gemeinderats auch im Votum nieder: Die Entscheidung fiel mit klarer Mehrheit bei einer Gegenstimme (Dr. Iris Kunadt, fraktionslos) und einer Enthaltung (Ursula Witten, FDP, OA berichtete). Mit der Gründung eines KMVZ sollen interessierten Ärzten, die zunehmend die Selbstständigkeit scheuten, optimale Bedingungen als angestellte Mediziner geboten werden. OA gibt einen Überblick über die Diskussion und wie es nun weitergeht.

 

Worum ging es auf der Zielgeraden?

 

Die Marschrichtung hatten die Gemeinderatsmitglieder schon in mehreren Abstimmungen klar vorgegeben, seitdem das Thema vor über einem Jahr von der Verwaltung in das Gremium gebracht worden war. Klarer Tenor: Vor allem aufgrund des glücklichen Umstands, dass der Wiehler Investor Michael Pfeiffer aktuell mit seinem Medicenter am Kurpark in ein modernes, neues Gebäude investiert, in dem die Gemeinde Räume für ein eigenes KMVZ mieten kann, bestand von Anfang große Einigkeit darüber, dass Nümbrecht proaktiv etwas gegen den Ärztemangel unternehmen soll. Zuletzt sprach sich der Rat dafür aus, das Projekt selbst anzugehen, und nicht unter das Dach der MVZ Oberberg des Kreises und der Kreiskrankenhäuser zu schlüpfen, um das Heft des Handelns – und die Kontrolle über etwaige Arztsitze – in der eigenen Hand zu halten (OA berichtete).

 

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Der Kreis als Kommunalaufsicht hatte der Gemeinde noch am vergangenen Dienstag, also nur zwei Tage vor der Entscheidung im Rat, noch einige Hausaufgaben aufgegeben. Dabei ging es zum einen um Formalitäten – etwa Passagen im Gesellschaftsvertrag. Vor allem aber sollte die Verwaltung sicherstellen, dass die Räte über alle etwaigen Risiken des Projekts im Bilde sind, bevor die Hände bei der Abstimmung hochgehen. Daher ging es in aller Ausführlichkeit wie schon im Zukunftsausschuss und im Haupt – und Finanzausschuss um die Anschubfinanzierung und Rückbürgschaftsregelung mit der Sparkasse Gummersbach. Finanziell wird das Risiko mit 325.000 Euro als überschaubar bewertet, und das trotz der finanziellen Situation Nümbrechts. Durch das private Invest beim Medicenter muss die Gemeinde nichts selbst bauen, und die Ausstattung für die Praxen soll geleast werden.

 

Das KMVZ wiederum wird sich selbst tragen, wie Benjamin Häcke seitens der Wirtschaftsförderung der Gemeinde anhand des Businessplans verdeutlichte. Demnach werde nur das aktuelle Jahr mit einem leichten Minus abschließen, da die GmbH 2024 gegründet wird, der Betrieb aber erst 2025 startet. Anschließend rechnet Häcke stets mit positiven Ergebnissen.

 

Das sagt der Bürgermeister

 

Hilko Redenius ging auf den Hinweis des Kreises ein, jede zusätzliche freiwillige Leistung der Kommune gut zu überdenken. Er wies darauf hin, dass beim Bund bereits weitere Hilfestellungen zur Gründung von KMVZ diskutiert werden und die ärztliche Versorgung der Bürger immer stärker Aufgabe der Kommunen selbst würden. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Ärzteschwund weitergeht.“ Deshalb sei es richtig, jetzt etwas zu tun. Viele Ärzte möchten nicht mehr in das finanzielle Risiko gehen und selbst eine Praxis eröffnen, gleichzeitig wollen sie auch nicht mehr „Tag und Nacht“ arbeiten, wie viele ländliche Ärzte ihren Job bislang interpretiert hätten. Eine Anstellung in einem KMVZ soll einen modernen Arbeitsplatz mit geregelten Arbeitszeiten verbinden – und so Ärzte nach Nümbrecht locken. Dass der Plan der Kommune aufgehen kann, daran glaubt Redenius auch aufgrund des Rückhalts der Sparkasse Gummersbach, der Expertise des Beratungsbüros Dostal, das die Gemeinde von Anfang an begleitete und nicht zuletzt setzt Redenius viel Vertrauen in die Arbeit von Benjamin Häcke.

 

Was sagen die Fraktionen?

 

Auf die Sparkasse verwies auch Carsten Frommhold (FDP) in seiner Stellungnahme. „Wenn sie die finanzielle Hauptlast trägt, muss es sich lohnen“, glaubt er an die Kompetenz der Finanzexperten. Er verwies zudem beim Thema Rückbürgschaft darauf, dass bei Pfusch mit den Abrechnungen auch andere Köpfe in die Verantwortung genommen werden müssten. Diesen Bereich der Abrechnungen soll ein externes Büro übernehmen. Wilhelm Weber (GUD) ist überzeugt, dass das KMVZ deutlich mehr Chancen als Risiken mit sich bringe. „Es ist der richtige Schritt zur künftigen Absicherung der Nümbrechter Bürger.“ Andrea Saynisch zeigte sich glücklich darüber, dass Nümbrecht das Projekt ohne den Kreis auf die Beine stellen wird. Henry Daub (CDU) sagte, dass auch Mitglieder des Rats den Aufsichtsrat des KMVZ bilden werden, Kontrolle und Einfluss also auch bei ihnen bliebe. „Niemand hier zweifelt am Sinn und Wert eines KMVZ, lasst es uns tun.“ Als nötigen Schritt bezeichnete Ira Hennecken (SPD) das Projekt. „Wir sind gegenüber den Nümbrechtern verpflichtet.“ Rainer Galunder (WHGL) bezeichnete das KMVZ als „Weg der Zukunft“. „Wir füllen eine Zeitgeist-Lücke der medizinischen Versorgung.“

 

Ursula Witten erklärte ihre Enthaltung damit, dass sie Zweifel habe, dass sich genügend Ärzte dafür finden werden. Ihr Mann war selbst lange Zeit Hausarzt in Nümbrecht und blieb bei der Suche nach einem Nachfolger trotz größter Anstrengung erfolglos. Ähnlich erklärte auch Dr. Iris Kunadt ihr Votum gegen das KMVZ. Sie kenne einige Mediziner, die keinesfalls an ein KMVZ gehen würden.

 

Wer kommt rein und wann geht’s los?

 

Der Betrieb soll Anfang 2025 starten, zunächst mit den beiden notwendigen Gründungsärzten. An der Hand habe die Verwaltung einen Hausarzt und einen Kinderarzt. Die Verträge seien sehr weit und könnten final ausgehandelt werden, wenn die GmbH-Gründung durch ist. Schrittweise sollen dann weitere Räume im Medicenter angemietet werden und die Liste der Ärzte vergrößert werden – und zwar noch im kommenden Jahr. Häcke sprach von zwei Allgemeinmedizinern mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten.

 

Wer führt die Geschäfte?

 

Wirtschaftsförderer Benjamin Häcke wird Prokura erhalten. Er betreute das Projekt von Anfang an. Die Rolle des Geschäftsführers blieb noch offen. Zunächst war Bürgermeister Hilko Redenius selbst im Gespräch, er nahm aber von der Position doch Abstand. Da er selbst schon Geschäftsführer der Anton Frese Erben GmbH sei und auch nur noch bis nächstes Jahr das Bürgermeisteramt bekleiden wird, sei er nicht die richtige Person für den Job.

KOMMENTARE

1

Merkwürdig an der Sache ist für mich schon das man so einen riesigen "Kasten" einfach baut, ohne vorab diverse Ärzte sicher vertraglich als Mieter verpflichtet zu haben.
So als wenn ich einen neue Schule baue und erst hinterher prüfe, ob auch überhaupt genügend Schüler dafür vorhanden sind.

Heinz-Werner, 08.07.2024, 14:00 Uhr
2

Einfach mal nur freuen. Ist für Nümbrecht ein 6 er im Lotto mit Superzahl. Genau wie das neue Fitnesstudio 24.

Peter Herrmann, 08.07.2024, 16:22 Uhr
3

Hoffentlich lässt nicht bald Derschlag grüßen ...!?

Uwe, 08.07.2024, 17:47 Uhr
4

Wenn sich die Situation für uns Bürger/Patienten verbessern soll müssen Anreize geschaffen werden.
Also zunächst positiv zu bewerten!

, 09.07.2024, 12:20 Uhr
5

Ich kann es kaum erwarten, bis es öffnet, bin dringend auf der Suche nach einem neuen Hausarzt. Zudem ist es fast vor meiner Haustür.

A. P., 13.09.2024, 18:39 Uhr
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