POLITIK
Knappe Entscheidung für Markthallen-Nachfolger steht
Waldbröl – Mehrheit für Entwurf des Architekturbüros form A aus Köln – Förderantrag für das Projekt soll nun noch dieses Jahr gestellt werden.
Von Lars Weber
Man kann wirklich nicht sagen, dass es sich Politik und Verwaltung einfach gemacht haben mit der Auswahl eines Nachfolgers für die Waldbröler Markthalle, die im vergangenen Jahr abgebrannt war. Ein Vorschlag im vergangenen Sommer wurde von der Politik einkassiert und der schnelle Förderantrag im Rahmen der Regionale 2025 war damit vom Tisch. Ein Jahr später endete die Sitzung vor der Sommerpause nicht nur damit, dass es trotz eines vorberatenden Auswahlgremiums keine Mehrheit für den Favoritenentwurf gab, sondern auch noch mit einem Zwist zwischen SPD, UWG und Grünen auf der einen und der Bürgermeisterin Larissa Weber auf der anderen Seite (OA berichtete). Gestern stand nun eine Sondersitzung an. Nach mehreren Stunden Diskussion haben sich die Mitglieder des zuständigen Haupt- und Finanzausschusses – einmal mehr sehr knapp – mit neun zu acht Stimmen für den Entwurf des Architektenbüros form A aus Köln entschieden. Mit diesem will sich Waldbröl nun auf Fördergelder bewerben.
Die Vorgeschichte allein macht schon deutlich, welches Gewicht der multifunktionalen Halle, die immerhin essenziell wichtig für den traditionsreichen Vieh- Krammarkt ist, zugesprochen wird. Und auch die Waldbröler zeigten gestern, dass ihnen das Thema am Herzen liegt. Die aufgestellten Stuhlreihen im Bürgersaal reichten nicht aus, die mehr als 50 Zuschauer saßen bis in den Eingang hinein. Sie wollten sich selbst ein Bild von den verschiedenen Entwürfen machen, die die drei Architekturbüros erstmals alle öffentlich präsentierten. Die Entscheidung und Diskussion fand wie gewöhnlich bei Planvergaben im nichtöffentlichen Teil statt. Ein Antrag der UWG, die Abstimmung auf die Ratssitzung am 7. August zu verschieben, fand keine Mehrheit.
OA gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Entwürfe, die sich an den Vorgaben von der Verwaltung und Politik zu orientieren hatten. Das Ziel: Auf rund 800 Quadratmetern Nutzfläche sollen neben der Halle, die etwa die Hälfte der Fläche ausmachen soll, unter anderem die Tourist-Info, ein Büro, Raum für Catering, Lagerraum und Toiletten untergebracht werden. In der Halle sollen auch Messen, Feste, Konzerte oder andere Märkte möglich sein. Die Kosten sollen auf vier Millionen Euro gedeckelt sein. Alle Bewerber planten mit PV-Anlagen auf dem Dach und teils auch mit Dachbegrünung. Erlaubt waren im öffentlichen Teil nur Fragen der Ausschussmitglieder an die Architekten.
De zwarte Hond, Köln
[Grafik: De zwarte Hond.]
Das Konzept des Büros hatte im Auswahlgremium entgegen der Meinung der beisitzenden Fachleute knapp das Rennen gemacht. Bei der Sitzung vor der Sommerpause gab es dann aber keine Mehrheit mehr. Niklas Gröhl von De zwarte Hond erklärte die Vision. Der Entwurf sieht eine 13 Meter hohe Halle im Holzbinder-Bau vor, die nach einem Raum-im-Raum-Prinzip gestaltet wurde. Es würde also eine äußere Halle geben und einen inneren Kubus. Der äußere Teil wäre rundherum komplett durch Rolltore zu öffnen. Im Inneren wären auf zwei Geschossen Tourist-Information, ein multifunktionaler Raum, die Toiletten und das Lager untergebracht. Im Vergleich zur jetzigen Markthalle würde das Gebäude rund fünf Meter nach vorne rücken, sodass dahinter Richtung Friedrich-Engelbert-Weg ein Hof entstehen würde.
Thema bei der Fragerunde war unter anderem der Zugang zur Tourist-Info. Gemäß der jetzigen Planung müssten Besucher durch die Halle, um dorthin zu gelangen. Eine normale Tür statt eines Rolltors war nicht vorgesehen. Auch die geringe Anzahl an Toiletten (zwei barrierefreie) im Erdgeschoss des Kubus wurde hervorgehoben, obwohl es eine größere WC-Anlage in der ersten Etage geben soll. Theo Schüller, Geschäftsführer von Wir sind Waldbröl und als Experte bei der Sitzung dabei, wies weiter darauf hin, dass durch das Vorrücken der Halle auf dem Marktplatz für manches große Fahrgeschäft beim Stadtfest kein Platz mehr bliebe. Auch sei der Technikraum für die nötigen Zwecke zu klein geplant.
Kostenpunkt: vier Millionen Euro
form A Architekten, Köln
[Grafik: form A Architekten.]
Einen gänzlich anderen Weg verfolgten Helmut Rübsamen und sein Team. Sie möchten ein U-förmiges Gebäude bauen. Die große multifunktionale Halle würde parallel zum Löher Weg stehen. Mit 6,7 Metern wäre sie die Halle mit der geringsten Höhe der Entwürfe. Nach vorne wäre die Halle mit Schiebetoren zu öffnen. Damit wäre auch der Innenhof zum Marktplatz abtrennbar. Dieser könnte bei Bedarf ebenfalls für Veranstaltungen genutzt werden. Die Tourist-Info (im hinteren Bereich multifunktional nutzbar) wäre in dem zweiten sichtbaren Trakt in der Holzkonstruktion untergebracht, die sich in den Proportionen lose das Fachwerk der Altstadt als Gestaltungsvorlage zum Vorbild genommen hat. Der hintere Teil des Gebäudes verschwindet am Hang. Dort sind unter anderem Foyer, Toiletten und Lager. Über eine Treppe im Innenhof soll ein weiterer Platz zu erreichen sein mit Zugang zum Friedrich-Engelbert-Weg.
Anne Pampus (SPD) hinterfragte die ihrer Meinung nach wetteranfällige Fassade. Auch die fehlende Lüftungsanlage in der großen Halle war ein Thema, auf die auch die anderen Entwürfe verzichteten. Dies bedeute, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr vom Lärmschutz schwierig werden, da offene Fenster und Tore für eine Lüftung notwendig seien. Für die Zahl der Veranstaltungen im Jahr sei eine Lüftungsanlage für 800.000 Euro schlicht unwirtschaftlich, sagte Rübsamen. „Der Kostendeckel ist richtig, Sie dürfen dafür aber keinen Schnickschnack erwarten.“ Bei der Kostenprognose kam es zu Konfusionen, die erst im nichtöffentlichen Teil korrigiert wurden. Demnach bleibt form A – entgegen dem Eingeständnis des Architekten in der öffentlichen Sitzung - unterhalb der Grenze zu vier Millionen Euro.
Kostenpunkt: 3,7 Millionen Euro
Otten Architekten, Korschenbroich
[Grafik: Otten Architekten.]
Wie anders die Büros die gleiche Aufgabe interpretieren, zeigte sich mit dem Vortrag von Tim Witte. Otten Architekten wollten dem Marktplatz mit einem markanten Gebäude die fehlende Fassung geben. Dabei würde die Fassade von 19 auf knapp 40 Meter Breite verdoppelt. Mit knapp zehn Metern Höhe reiht sich der Entwurf in der Mitte ein. Auch hier wurde auf den Baustoff Holz gesetzt. Auf der einen Seite planten die Architekten mit der Tourist-Info, hinter der ein multifunktional nutzbarer Raum, Toiletten und Technik angesiedelt wären. Die andere Seite des Gebäudes wäre der Halle gewidmet, deren Fassade komplett zu öffnen wäre. Der Zugang ist an Markttagen auch von der Seite möglich.
Mit den Fragen stellten die Ausschussmitglieder heraus, dass keine öffentlichen Toiletten in den jetzigen Planungen vorgesehen sind. Eine Schwierigkeit sah beispielsweise Anne Pampus in der Beleuchtung des hinteren Teils der Halle, da in diesem Teil keine Oberlichter vorgesehen sind.
Kostenpunkt: 3,97 Millionen Euro
Die Entscheidung
Dreieinhalb Stunden dauerte allein die Präsentation aller drei Entwürfe. Anschließend ging es im nichtöffentlichen Teil nochmals mehr zwei Stunden weiter. Bürgermeisterin Larissa Weber betonte, dass sich niemand die Entscheidung einfach gemacht habe. „Das Gebäude soll dort mindestens 50 Jahre stehen.“
Die Diskussion sei ihrer Meinung nach trotz der Vorgeschichte gut und konstruktiv gewesen. Als „nicht so harmonisch“ bezeichnete Roger Helzer, Fraktionschef der UWG, dagegen die Atmosphäre. Von einer „intensiven Diskussion“ schreiben CDU und FDP in einer gemeinsamen Mitteilung. Die finale Wahl fiel auf den Entwurf von form A, den auch die Experten den Politikern empfohlen hatte. Dafür stimmten die Bürgermeisterin, die CDU und die FDP. Dagegen stimmten SPD, UWG und Grüne. An zweite Position wurde der Vorschlag von Otten Architekten gewählt, der als Kompromissvorschlag von UWG, Grünen und SPD fungierte.
Aus Sicht von Weber werde der Sieger-Entwurf sowohl jetzigen aus auch künftigen Bedürfnissen mit dem flexiblen Raumangebot gerecht. Es sei die Idee mit den meisten Möglichkeiten gewesen.
So geht’s weiter
Um bestenfalls 60 Prozent der Projektkosten gefördert zu bekommen, muss nun der Antrag bei der Bezirksregierung im Rahmen der Regionale 2025 gestellt werden. Gut für die Stadt und das Architekturbüro: In diesem Jahr haben sie nicht bis Ende September, sondern bis Ende Oktober Zeit, um die ersten Leistungsphasen durchzuplanen. Bis dahin ist Detailarbeit angesagt, außerdem wird der Stadtentwicklungsausschuss und der Rat den Förderantrag beraten und beschließen müssen. „Im Frühjahr wird Düsseldorf dann über die Förderung entscheiden“, sagte Bürgermeisterin Weber, die froh ist, nun weiter am Nachfolger der Markthalle arbeiten zu können. „Wir möchten jetzt nach vorne schauen.“
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