POLITIK
Landrat Hagt: „Das führt die kommunalen Haushalte in den Ruin“
Oberberg – Einbringung des Entwurfs des Doppelhaushalts für die kommenden beiden Jahre – Scharfe Kritik an der Bundesregierung – Kreisumlage steigt.
Von Lars Weber
Viel Ächzen, viel Zähneknirschen, aber auch viel Wille, das Beste aus der Situation zu machen. So könnte man das Zahlenwerk in schlichten Worten zusammenfassen, das Landrat Jochen Hagt am Donnerstagnachmittag dem Kreistag vorgestellt hat. Im Lindlarer Kulturzentrum wurde der Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 eingebracht. Mitte September hatte Hagt zusammen mit Kreisdirektor und Kämmerer Klaus Grootens die Eckdaten bereits den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vorgestellt (OA berichtete).
Für diese natürlich die zentrale Botschaft: Noch höhere Umlage-Überweisungen in die Kreisstadt kommen auf die Kommunen zu (siehe Grafik "Eckdaten"), obwohl der Kreis alles in die Waagschale geworfen habe, um eine noch höhere Steigerung zu vermeiden. Darauf ging Landrat Hagt selbstredend auch bei seiner Rede ein – und sparte nicht an Kritik an den Entscheidungen der Bundespolitik, von wo immer wieder neue Sozialleistungen „großzügig beschlossen“ und neue Aufgaben an die Kreise verteilt würden. „Das ist keine nachhaltige Politik, sondern führt die kommunalen Haushalte in den Ruin.“
Der drohende Verlust der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sei ebenso „direkte Folge der konzeptlosen und widersprüchlichen Struktur- und Wirtschaftspolitik auf Bundesebene“. Und dies verschärft die ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen für den Kreis und seine Kommunen, die mit den Folgen von Pandemie, Energiekrise, Inflation, Ukrainekrieg, Nahostkonflikt und der sich ausweitenden Flüchtlingskrise ohnehin schon seit geraumer Zeit mit besonderen Herausforderungen zu tun haben.
Auf dem Papier sehen die Zahlen dann so aus: Der Kreishaushalt weist ein Gesamtvolumen von 607,7 Millionen Euro auf. Davon entfallen allein auf die Transferaufwendungen die Rekordsumme von 330,4 Millionen Euro in 2025 und 342,1 Millionen Euro in 2026 (Ansatz 2024: 279,8 Millionen Euro). Dieser Anstieg ist laut Kreis hauptsachlich den gestiegenen Aufwendungen im Sozialetat und im Jugendhilfeetat sowie dem Anstieg der Landschaftsumlage geschuldet.
Hagt skizzierte nochmal wie schon im Gespräch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, dass nicht nur das Eigenkapital des Kreises verzehrt werde, um die Kommunen finanziell größtmöglich zu entlasten, sondern alle Instrumente, die das geltende Haushaltsrecht bietet, genutzt werden. So sehe der Haushaltsentwurf vor, dass – abweichend von der bisherigen Beschlusslage des Kreistages – die Ausgleichsrücklage vollständig im Zeitraum 2025 und 2026 aufgelöst wird. Außerdem werden die corona- und ukrainekriegsbedingten finanziellen Nachteile nicht kreisumlagebelastend über 50 Jahre abgeschrieben, sondern vollständig und unmittelbar über die Allgemeine Rücklage ausgebucht. Schließlich werde für den Personaletat ein globaler Minderaufwand in Höhe von zwei Prozent der Aufwendungen angesetzt und zudem ab dem Jahr 2027 mit dem neuen Instrument des Verlustvortrages gearbeitet.
Der Entwurf des Haushaltes 2025/2026 sehe dennoch eine unausweichliche Steigerung der Hebesätze vor, die allerdings geringer ausfalle als vor sechs Wochen im Gespräch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie den Kämmerinnen und Kämmerern der kreisangehörigen Kommunen prognostiziert. Hagt sei sich bewusst, was für eine Belastung die Erhöhung für die Kommunen bedeute. „Doch ohne eine Anpassung der Umlage werden wir die drängenden Aufgaben und gesetzlichen Verpflichtungen nicht erfüllen können.“
[Grafik: OBK.]
Trotz der angespannten Haushaltslage betonte der Landrat, dass nicht ausschließlich auf Konsolidierung gesetzt werden dürfe: „Kreise und Kommunen haben die Verantwortung, nicht nur kurzfristig ausgeglichen zu wirtschaften, sondern auch den gesetzlichen Auftrag, die Zukunftsfähigkeit der Regionen sicherzustellen.“ Daher sollen auch in den kommenden Jahren Investitionen in Bereichen wie Gesundheit (unter anderem Weiterentwicklung Agewis und Schritte gegen den Ärztemangel mithilfe des MVZ Oberberg), Bildung (unter anderem kommt eine dritte Förderschule mit dem Schwerpunkt „Geistige Entwicklung“), Bevölkerungsschutz (der Katastrophenschutzbedarfsplan wurde am Donnerstagabend vom Kreistag einstimmig beschlossen) oder Digitalisierung (Ausbau der Angebote für die Bürger) getätigt werden, um auch langfristig die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen.
Investiert werde weiter in die Infrastruktur, also unter anderem in die Straßen oder auch in neue Rettungswachen. Das neue Straßenverkehrsamt ist bald fertig (Umzug im Frühjahr 2025). Und auch die geplante und viel diskutierte Zentralisierung der Verwaltung am Standort Moltkestraße werde vorangetrieben. Aktuell verteile sich die Verwaltung auf mehr als 80 Liegenschaften. „Die zersplitterte Struktur kostet den Kreis seit Jahren viel Geld“, so Hagt, und verweist vor allem auf die hohen Energiekosten für die häufig alten, energetisch unsanierten Gebäude. Wie zuletzt beschlossen werde sich aufgrund der finanziellen Situation zunächst auf einen ersten Abschnitt konzentriert, um die „völlig unzureichende Unterbringung des Kreisjugendamts zu verbessern“.
Einen ausdrücklichen Dank richtet Landrat Jochen Hagt an alle Kolleginnen und Kollegen der Kreisverwaltung und exemplarisch im Ausländeramt, wo trotz stetig steigender Flüchtlingszahlen, schwieriger Gesetzeslagen und zu komplizierter Verfahren engagierte Arbeit geleistet werde. Zugleich mahnt er mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Unternehmen im Oberbergischen Kreis, dass – im Rahmen der eingeschränkten Möglichkeiten auf Kreisebene – alles dafür getan werden müsse, um die Wirtschaft zu unterstützen und den Oberbergischen Kreis als attraktiven und wettbewerbsfähigen Standort zu festigen.
Der knapp 680-Seiten starke Gesamtplan kann auf der Internetseite des Oberbergischen Kreises eingesehen und heruntergeladen werden. Die Inhalte werden nun in den Kreisausschüssen diskutiert. Der Doppelhaushalt soll bei der Dezembersitzung beschlossen werden.
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