POLITIK

Lange Diskussionen um Hagebaumarkt-Gelände

pn; 10.12.2020, 15:15 Uhr
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Fotos: Michael Kleinjung --- Über vier Stunden zog sich die gestrige Ratssitzung in Bergneustadt.
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Lange Diskussionen um Hagebaumarkt-Gelände

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pn; 10.12.2020, 15:15 Uhr
Bergneustadt – Moscheeverein ist erster Ansprechpartner – Rat will Alternativen prüfen – Corona-Schäden belasten Haushalt um 2,7 Millionen Euro – Keine Steuersenkungen.

Von Peter Notbohm

 

Was passiert mit dem Hagebaumarkt-Gelände? Die Diskussionen um die Zukunft des Grundstücks wollten am gestrigen Abend im Bergneustädter Rat kaum ein Ende nehmen. Die UWG hatte einen Antrag an die Verwaltung gestellt, zu prüfen, inwieweit eine Ansiedlung von Gewerbebetrieben am Standort beschleunigt werden kann. Derzeit ist die Quintus-Gruppe Eigentümer der rund 14.000 Qaudratmeter großen Fläche. Sie steht unter Zugzwang zu verkaufen, da es innerhalb der nächsten sechs Monate passieren kann, dass der Brandschutz vom Oberbergischen Kreis nicht mehr genehmigt wird. Der Hagebaumarkt soll auf das Grundstück des ehemaligen Extra-Marktes umsiedeln.

 

[Roland Bockemühl (li.) wurde von Bürgermeister Matthias Thul mit der Graf-Eberhard-Medaille für 20 Jahre herausragenden Einsatz für die Stadt Bergneustadt gewürdigt. Der Schiedsmann sei immer fleißig, unaufgeregt und hochprofessionell.]

 

Plan A sehe momentan einen Verkauf an den Bergneustädter Moscheeverein vor, der hier sein Moscheegebäude errichten könnte. Bürgermeister Matthias Thul berichtete dem Rat von Skizzen, die er bereits einsehen durfte und als „ansprechend“ bewertete. Dennoch unterstützte er den Antrag der UWG, sich auch nach möglichen Alternativen umzuschauen. Das stieß nicht bei allen Ratsmitgliedern auf Gegenliebe, es folgten sachorientierte, aber auch weitgehend sich im Kreis drehende Diskussionen. Mehmet Pektas von der FWGB sah darin ein schlechtes Zeichen an den Moscheeverein und bezeichnete die Gespräche zwischen Quintus-Gruppe und dem Verein als „letzte Chance“, endlich eine Räumlichkeit für eine Moschee zu finden. Auch FDP-Ratsmitglied Wolfgang Lenz meinte, man würde den Moscheeverein damit „erheblich unter Druck setzen“. Er forderte aber eine schnelle Lösung ein, denn ohne politische Äußerung könne der Moscheeverein nicht kaufen.

 

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Thul (Foto) betonte indes, dass man einen Glaubensraum für Muslime benötige und kritisierte zugleich die Parteien, da es nach Gesprächen in der Fraktionsbesprechung nicht von allen Seiten eine Rückmeldung gegeben habe. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhard Schulte unterstützte den UWG-Vorschlag: „Selbst wenn das Gelände letztlich an den Moscheeverein übergeht, müssen wir aus der Gesamtverantwortung für die Stadt heraus wissen, welche Alternativen es gibt.“ SPD-Fraktionschef Daniel Grütz regte an, die Thematik an den Bau- und Planungsausschuss zu überweisen, um die jeweiligen Konzepte zu prüfen. Axel Krieger, Fraktionsvorsitzender der Grünen, forderte dagegen den Moscheeverein zu einem offensiven Kaufangebot auf, damit der Rat abwägen könne. Gleichzeitig betonte er aber die Bauchschmerzen, die er mit dem Projekt habe, da der Moscheeverein mit dem Dachverband DITIB zusammenarbeiten müsse und dieser für eine „desaströse Menschenrechtsentwicklung“ stehe. Nachdem zunächst der SPD-Antrag auf Verweisung in den Ausschuss mit 14 zu 18 abgelehnt wurde, erhielt der Antrag der UWG 16 Ja-Stimmen, acht Enthaltungen sowie acht Nein-Stimmen.

 

Doch nicht nur um das Hagebaumarkt-Gelände wurde gestern Abend leidenschaftlich gestritten. Als ob Bürgermeister Thul und Kämmerer Bernd Knabe (Foto) im Vorfeld gewusst hätten, wie zeitintensiv die Debatten werden würden, hatten sie darauf verzichtet, ihre ausführlichen Reden zum Haushalt 2021 zu halten. Auf Steuersenkungen können Bergneustadts Bürger nicht hoffen. Es gebe derzeit keinen Spielraum, die Hebesätze, insbesondere die Grundsteuer B (959 Prozentpunkte), herabzusetzen, sagte Knabe. Zumindest einen Haushaltsausgleich kann die Verwaltung aber ausweisen: Das liegt allerdings an der Bilanzierungshilfe durch das Land, wodurch die Kosten der Corona-Pandemie in allen Kommunen auf die Folgejahre ausgelagert werden. In Bergneustadt handelt es sich um Haushaltsschäden von 2,68 Millionen Euro. „Wir sind auf jeden Euro angewiesen, um die Folgen für die Stadt möglichst klein zu halten und Rat und Verwaltung bleiben aufgefordert, den strikten Sparkurs der letzten Jahre unverändert fortzusetzen“ , so Knabe. Die Beschlussfassung des Haushaltsplanes ist für Ende Februar vorgesehen.

 

 

Vorangetrieben wurde vom Rat zudem das Projekt Dreiort Ost. Bernd Niedermeier (Foto), Geschäftsführer der Planungsgruppe MWM, informierte die Ratsmitglieder über die aktuellen Entwicklungen und Planungen. In dem Mischgebiet sollen auf einer Fläche von 0,7 Hektar neue Handelsflächen entstehen. Der ansässige Netto-Markt soll in einen Neubau umziehen, das dann ungenutzte Gebäude abgerissen und durch einen Drogeriemarkt (Rossmann) ersetzt werden. Verzögern wird sich dagegen der Bau des neuen Aldi-Marktes im Zentrum. Bei der Überprüfung des Bebauungsplans 9N „Dreiort“ wurde festgestellt, dass dieser einen Festsetzungsfehler enthielt, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Er wurde aufgehoben. Auf Frage von Wolfgang Lenz, ob es hierdurch zu Ersatzansprüchen kommen könne, sagte Bürgermeister Thul, dass Aldi als Ankermieter die Situation noch gelassen sehe, so lange es sich nicht um massive Verzögerungen handle.

 

Aus dem Rat

 

  • Die SPD forderte eine Abfrage bei den städtischen Schulen, inwieweit diese Bedarf an subventionierten Luftreinigungsgeräten mit Filterfunktion haben, um die „frostige Situation“ der Schüler beim coronabedingten Dauerlüften zu entschärfen. Der Bürgermeister erklärte, es gebe keinen Bedarf, da sämtliche Schulräume mechanisch zu belüften seien und damit nicht die Bedingungen der Förderrichtlinie erfüllen.
  • Der Antrag von Grünen, CDU und UWG auf Entwicklung eines eBike-Mobilitätskonzeptes wurde von allen Fraktionen wohlwollend begrüßt und an den Ausschuss für Umwelt und Zukunftsfragen verwiesen.
  • Der Antrag der FWGB zusätzliche Mülleimer an der Kölner Straße aufzustellen wurde ebenfalls an den Ausschuss für Umwelt und Zukunftsfragen verwiesen. Weite Teile der Politik sehen hier zwar die Gewerbetreibenden in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Müll aus ihren Läden nicht auf den Straßen landet. Reinhard Schulte wies allerdings darauf hin, dass in Corona-Zeiten, dies schwierig sei, da Gäste sich nach dem Kauf ihres Essens nicht im direkten Umfeld der Läden aufhalten dürfen.
  • Axel Krieger kritisierte scharf, dass Aussagen des nichtöffentlichen Teils der konstituierenden Ratssitzung den Medien zugespielt wurden. Dass dies auf Ankündigung eines Ratsmitglieds passierte, sei ein Skandal, sagte er: „Das ist ein Vertrauensverlust und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.“ Der angesprochene Jens-Holger Pütz, Fraktionsvorsitzender der UWG, widersprach vehement, er habe diese Information nicht weitergegeben, sondern selbst erst in den sozialen Medien auf entsprechende Pressemeldungen reagiert.

KOMMENTARE

1

Bergneustadt braucht mehr Industrie.
Der Hagebau sollte dafür genutzt werden.
Die Bürger müssen endlich mal entlastet werden.
Und das geht nur durch Einnahmen.

Sven Kaiser, 10.12.2020, 17:33 Uhr
2

Wenn Bergneustadt mehr Industrie benötigt, dann sollten zuerst einmal die vorhandenen Industriegebiete und -flächen vermarktet werden.
Durch den Umzug zum alten Extra-Grundstück verliert die Stadt ihre jetzigen Einnahmen ja nicht. Außerdem würde das Grundstück und die Gebäude des Moscheevereins, die sie zur Zeit selber in der Wiesenstr. nutzt auch für neue Industrieprojekte zur Verfügung stehen.
Seit Jahren wird der Moscheeverein immer nur kritisiert und wenn sie Lösungen präsentiert, dann kommen wieder irgendwelche Einbehalte oder ein Aufschrei. Diese Menschen gehören zu dieser Stadt, sie tragen auch ihren Anteil bei und wir sollten wirklich aufhören, sie auszugrenzen!

Löwe, 11.12.2020, 10:23 Uhr
3

Die relevante Industrie hat man 1995 quasi aus dem Dorf getrieben, die erfreut sich in Reichshof bester Gesundheit. Selbst Schuld.

Beobachter, 11.12.2020, 11:14 Uhr
4

Die Stadt braucht Firmen und Arbeitsplätze.
Das geht alles nur durch Industrie.
Die Fläche sollte auch dafür genutzt werden.
Wieso hat Reichshof so eine gute Industrie?
Weil Sie den Unternehmen was anbieten und Flächen zur Verfügung stellt.

Lewinski, 13.12.2020, 12:56 Uhr
5

Die Moschee in der Wiesenstrasse reicht definitiv für die Gemeinde und deren Anzahl.
Bergneustadt brauch Industrie!!!!

Krüger, 13.12.2020, 19:27 Uhr
6

Herr Löwe wo werden den diese Menschen ausgegrenzt?
Hier geht es darum, dass die jetzige Moschee von der Größe völlig ausreichend ist.
Und bei dieser Größe herrscht Freitags schon ein Chaos durch die Autos die teilweise die Einfahrten der Firmen blockieren.
Ich schließe mich der Mehrheit an und sage Bergneustadt braucht Industrie und Arbeitsplätze.

Kappenstein, 14.12.2020, 09:46 Uhr
7

Bergneustadt braucht dringend attraktive Industrieflächen und Planungssicherheit für die Industrie, damit der Stadthaushalt dann vielleicht einmal die Chance bekommt, in die schwarzen Zahlen zu kommen und die Grundsteuer B auf ein erträgliches Maß reduziert wird.

Meine Meinung, 19.12.2020, 10:51 Uhr
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