POLITIK
"Lebensfarben" möchte auf finanziell sicheren Beinen stehen
Oberberg – Verein unterstützt Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich in existentiellen Belastungssituationen wie psychische Erkrankungen und Suchterkrankungen befinden – Finanzierung für die nächsten Jahre klären – Kreis möchte nach Lösungen suchen.
Von Lars Weber
3,8 Millionen Kinder in der Bundesrepublik leben mit einem psychisch erkrankten oder suchtkranken Elternteil. Diese Kinder haben ein bis zu sechsfach höheres Risiko einer Suchterkrankung. Durch die Situation ihrer Eltern, müssen sie häufig selbst eine Elternrolle einnehmen, haben Kontaktprobleme zu Gleichaltrigen. „Sie können nicht mehr Kind sein“, sagt Sandra Karsten, Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende des Vereins Lebensfarben. Ihr Team und ehrenamtliche Paten unterstützen, begleiten und beraten Kinder und Jugendliche in dieser Situation. Seit 2017 existiert der Verein. Nun laufen in diesem Jahr die Förderprogramme aus, über die sich Lebensfarben hauptsächlich neben Spenden finanziert. Der Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge des Oberbergischen Kreises hat nun bei seiner gestrigen Sitzung beschlossen, dass die Kreisverwaltung nach Lösungen für eine Finanzierung suchen soll.
Von Anfang an wird die Arbeit von Lebensfarben unter anderem von der Karl-Bröcker-Stiftung und der Hans-Hermann-Voss-Stiftung unterstützt. „Dies lief als Anschubfinanzierung, und dafür sind fünf Jahre schon sehr lang“, erklärte Hubertus Vierschilling, stellvertretender Vorsitzender dem Ausschuss. Nun laufe diese Förderung aber aus, ebenso wie die finanzielle Unterstützung (150.000 Euro) des LVR-Landesjugendamts für das Gemeinschaftsprojekt „Lückenlos“, für das sich der Verein, die Jugendämter des Kreises und das Kreisgesundheitsamt zusammengeschlossen hatten. „Lückenlos“ sorgte dafür, das Hilfsangebot des Vereins auf den gesamten Kreis auszubauen, wo es vorher vornehmlich im Süden des Kreises angesiedelt war. Ab dem kommenden Jahr steht der Verein momentan ohne Regelfinanzierung da.
Die Wichtigkeit des Angebots wurde im Ausschuss auch nicht infrage gestellt. Die Kinder und Jugendlichen, die den Weg zu Lebensfarben finden, bekommen eine Vertrauensperson an die Seite gestellt. „Sie gibt emotionale Entlastung und soll den Hilfesuchenden auch Widerstandskraft für den weiteren Lebensweg vermitteln.“ Die Vertrauenspersonen sind ehrenamtlich als Paten für den Verein tätig. Alles, was sie für ihre Tätigkeit benötigen, wird ihnen vom Verein in einer Ausbildung mitgegeben. Die laufende Patenschaft wird in regelmäßigen Evaluationsgesprächen mit Paten, Eltern und Kindern in Begleitung des zuständigen Koordinierenden reflektiert. Weiter gibt es für die Paten monatliche Praxisreflexionen, sodass auch sie ständig unterstützt werden.
Ausbildung zum Paten
Die nächste Informationsveranstaltung für Interessierte der Patenausbildung findet Mittwoch, 22. Juni, um 19 Uhr in der Alten Drahtzieherei in Wipperfürth statt. Um Voranmeldung wird gebeten per E-Mail an kontakt@lebensfarben-oberberg.de oder unter Tel.: 02262/79 49 54 6. Die Ausbildung ist übrigens kostenfrei und verpflichtet nicht dazu, ehrenamtlich bei Lebensfarben tätig zu werden. Sie soll stattdessen auch dazu dienen, dass die Teilnehmer erkennen, ob sie tatsächlich als Pate tätig sein möchten. Weitere Informationen zur Ausbildung und zum Verein gibt es hier.
65 Paten engagieren sich momentan für 50 Hilfesuchende. Manche der Paten kümmern sich zu zweit um die Kinder oder Jugendlichen. Sie unternehmen etwas zusammen, gehen zum Beispiel Eis essen oder ins Schwimmbad. Für fachliche Hilfe sind die Paten nicht zuständig. Dafür gibt es Fallmanager, die innerhalb des großen Hilfenetzwerks im Kreis an die richtigen Stellen vermitteln. Zudem wird eine betreute Jugendgruppe angeboten, in der die Teilnehmer lernen, wie sie mit ihrer besonderen Situation umgehen können. Der Bedarf ist da. 42 Kinder stehen laut Karsten auf der Warteliste. „Wir wollen unsere Arbeit nun weiter verstetigen“, sagte Vierschilling.
Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach kündigte auf Grundlage des Beschlusses an, in der nächsten Haushaltsrunde über nachhaltige Finanzierungsmöglichkeiten beraten zu wollen. Die Ausschussmitglieder lobten die Arbeit des Vereins. „Jeder präventive Schritt ist richtig“, sagte Heidrun Schmeis-Noack (SPD). Ina Albowitz-Freytag (FDP) wies aber auch darauf hin, dass der Kreistag und die Verwaltung sich über Förderrichtlinien im Allgemeinen klarwerden müssten. „Es kann nicht sein, dass der LVR zwei Jahre fördert, und dann müssen wir wieder mal einspringen, ohne eine wirkliche Wahl zu haben.“ Es gebe viele weitere Dinge, die ebenfalls dringend sind.
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