POLITIK

Livestream von Sitzungen? In Bergneustadt bleibt der Bildschirm dunkel

pn; 21.10.2022, 19:30 Uhr
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Foto: Michael Kleinjung ---- Filmkameras wird es bei den politischen Sitzungen in Bergneustadt weiterhin nicht geben.
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Livestream von Sitzungen? In Bergneustadt bleibt der Bildschirm dunkel

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pn; 21.10.2022, 19:30 Uhr
Bergneustadt – UWG und FWGB scheitern mit Anträgen auf Livestreams aus politischen Sitzungen – Politiker haben rechtliche Bedenken und Sorgen vor Missbrauch.

Von Peter Notbohm

 

Die Politik wieder näher an den Bürger bringen und für mehr Transparenz sorgen. Dieser Gedanke steckt hinter zwei unabhängigen Anträgen der UWG und der FWGB, die sich für Internet-Livestreams aus den Bergneustädter Ratssitzungen und Ausschüssen stark machen. Andere Städte wie Köln oder auch Wipperfürth machen dies längst vor. Hier können interessierte Bürger die politischen Sitzungen über einen Livestream verfolgen.

 

„Es geht darum, das Interesse an kommunaler Politik zu erhöhen und heute erlangen die Menschen ihre Informationen häufig aus den Sozialen Medien“, erhofft sich Mehmet Pektas (FWGB) lebhaftere Lokalpolitik. Ähnlich argumentierte Jens Holger Pütz (UWG) am Mittwoch im Bergneustädter Stadtrat: „Wir haben gerade von jungen Bürgern Rückmeldungen erhalten, dass sie eher einen Livestream anschauen würden als vor Ort zu sein. Wir würden dadurch für mehr Transparenz sorgen und auch etwas gegen die Politikverdrossenheit vieler Bürger unternehmen.“

 

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Mit ihrem Vorstoß stießen die beiden Parteien in Bergneustadt allerdings auf breite Ablehnung. Bürgermeister Matthias Thul erklärte, dass Livestreams nach einer Anpassung der Geschäftsordnung zwar durchaus rechtlich möglich seien, es darauf bislang aber kein Anrecht gebe. Das Stadtoberhaupt war gleich aus mehreren Gründen gegen die freie Übertragung ins Internet.

 

Erfolgt der Stream in Echtzeit ist gemäß des Städte- und Gemeindebunds NRW eine Zustimmung jedes Einzelnen notwendig. Gibt es diese nicht, muss die Person in Ton und Bild herausgeschnitten werden. Die ohnehin klamme Stadtkasse würde mit jeder Übertragung durch die technischen Zusatzanforderungen mit etwa 3.000 Euro belastet. Vor allem das Risiko, dass Dritte den Stream abfilmen und missbrauchen könnten, überwiege für ihn aber, sagte der Bürgermeister: „Ich teile die Sorge einiger Ratsmitglieder, dass Dinge in einem anderen Zusammenhang dargestellt würden. Der Rat hat in der Vergangenheit nicht gezeigt, dass das auszuschließen wäre.“

 

Heike Schmid (CDU) argumentierte, dass es jedem Bürger möglich sei, in den Krawinkelsaal zu kommen, „außerdem lege ich sehr viel Wert auf das Recht am eigenen Bild“. Verwundert zeigte sie sich zudem, dass die UWG zuvor über fehlende Kosteneinsparungen geklagt habe und nun 30.000 Euro ausgeben wolle, „die in keinem Verhältnis zum Nutzen und Transparenz stehen“. Auch in der SPD regte sich Widerstand. „Wir haben es kontrovers diskutiert, es gibt Befürchtungen einzelner Kollegen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten Daniel Grütz, der anregte eine geheime Abstimmung durchzuführen, damit jedes Ratsmitglied sich wirklich persönlich entscheiden könne.

 

Stefan Heidtmann (Grüne) warf ein, dass nach einem Gutachten des NRW-Landtags Streaming zwar möglich sei, derzeit aber noch eine nichtgeklärte Rechtsunsicherheit bestehe. Daher lehne er ein solches Projekt zum jetzigen Zeitpunkt ab. Wolfgang Lenz (FDP) konnte die Aufregung dagegen nicht verstehen: „In einigen Jahren wird das zum Pflichtprogramm der Städte gehören. Für mich ist es schwierig, dass mit dem Bürgermeister, derjenige der bei solchen Livestreams am meisten abkriegen würde, sich so klar dagegen positioniert.“ Jens Holger Pütz übte ebenfalls ätzende Kritik: „Ich hoffe, dass diejenigen, die hier vom Recht am eigenen Bild sprechen, sich künftig auch nicht mehr auf Pressefotos stellen.“

 

Im Anschluss an die Diskussion wurde über beide Anträge abgestimmt. Insgesamt 28 Ratsmitglieder votierten gegen die Livestreams. Lediglich die Vertreter von UWG und FWGB sowie Wolfgang Lenz (6 Stimmen) stimmten dafür.

 

Ein Blick in den Kreisnorden zeigt übrigens, dass es auch anders geht: Auf OA-Nachfrage im Wipperfürther Rathaus hieß es, dass jedes Ratsmitglied der Livestream-Übertragung zugestimmt habe. Lediglich zwei sachkundige Bürger wollen nicht gezeigt werden. Diese habe man aber so gesetzt, dass sie nicht von der Kamera erfasst werden. Bei Redebeiträge von ihnen wird der Ton abgeschaltet.

KOMMENTARE

1

Recht am eigenen Bild ja. Aber Politiker sind Personen des öffentlichen Lebens / Zeitgeschehens, da gelten andere Regeln! Schade.

Henrik, 21.10.2022, 19:38 Uhr
2

Die Stadtverordneten, sind allesamt ehrenamtlich tätig also keine Berufspolitiker, von denen man ausgefeilte Wortbeiträge erwarten kann.
Bei einigen Stadtratssitzungen, die ich live miterleben durfte, hätten die Redebeiträge einiger der Stadtverordneten mit Sicherheit keinen Politik-verdrossenen zu irgendetwas anderer Meinung überzeugt. Eher das Gegenteil.

, 27.10.2022, 22:04 Uhr
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