POLITIK
MVZ Nümbrecht: Nicht tot, nicht lebendig
Nümbrecht – Der Gemeinderat entscheidet, die aktive Suche nach Medizinern einzustellen – GmbH soll ruhend gestellt werden – Das MediCenter hat dagegen die Fühler bereits nach anderen Mietern als dem MVZ ausgestreckt.
Von Lars Weber
Das Nümbrechter MVZ in kommunaler Trägerschaft scheint gescheitert. Der Rat hat gestern in nichtöffentlicher Sitzung auf Vorschlag von Bürgermeister Hilko Redenius die Reißleine gezogen und die aktive Suche nach Medizinern eingestellt. Der Beschluss ist mit großer Mehrheit gefallen. Die gegründete GmbH soll per Ratsbeschluss im Oktober ruhend gestellt werden, berichtet Redenius auf OA-Nachfrage. Die Gemeinde war mit dem Projekt angetreten, um die ärztliche Versorgung in der Kommune und darüber hinaus zu sichern und zu verbessern. Die Hoffnung: durch moderne Räume und das Konzept, die Arbeitslast auf mehrere Schultern zu verteilen, sollten allen voran Allgemeinmediziner in den ländlichen Raum gelockt werden. Von dieser Hoffnung ist nicht mehr viel übriggeblieben. Für das MediCenter, das von Unternehmer Michael Pfeiffer errichtet wurde, und wo das kommunale MVZ Räume angemietet hätte, ist die Entscheidung des Rats ein wichtiges Signal.
Ein paar Mal musste der Start des MVZ bereits verschoben werden, während der Betrieb des neuen Medi-Centers bereits begonnen hatte. Zwei Problemstellungen hatten sich zuletzt gezeigt (OA berichtete). Zum einen ging es um den Gemeindehaushalt und die 500.000 Euro Einlage als Liquiditätssicherung für das MVZ. Der Haushalt ist zwar weiterhin nicht genehmigt, allerdings hätten inzwischen sowohl Kommunalaufsicht als auch die Bezirksregierung grünes Licht für die Vorgehensweise gegeben. Lediglich einen Beschluss muss der Rat noch wiederholen, da es bei einem ersten Durchlauf zu einem formalen Fehler gekommen war. Dies soll im Oktober geschehen. Anschließend stehe der Genehmigung des Haushalts nichts mehr im Wege. Die 500.000 Euro werden sich weiter im dem Zahlenwerk befinden – allerdings werden sie mit einem Sperrvermerk versehen, da sie nun auf absehbare Zeit nicht benötigt werden.
Das viel größere Problem war und ist die Ärztesuche. „Wir haben jetzt zwei Jahre lang erfolglos gesucht“, so Redenius. In dieser Zeit gab es diverse Zusagen, Absagen, noch mehr Gespräche und Optionen. Unter anderem hatte ein Praxisbetreiber Interesse gezeigt, einzusteigen. Zuletzt habe es ein Modell mit dem bestehenden Kinderarzt und zwei Kinderärztinnen als potenzielle Nachfolgerinnen gegeben, die sich einen Sitz geteilt hätten. „Gestern gab es da die letzte Absage“, so der Bürgermeister weiter. Nach zwei Jahren Suche wäre nur noch die Zusage des Nümbrechter Kinderarztes übriggeblieben – zu wenig natürlich für ein MVZ. Je nach Fachärzten wären drei bis fünf Mediziner nötig gewesen für eine Wirtschaftlichkeit.
[Archivfoto: Lars Weber --- Der Betrieb im MediCenter Nümbrecht geht auch ohne MVZ in kommunaler Trägerschaft weiter.]
Die Entscheidung des Rats sei nun auch vor dem Hintergrund getroffen worden, dass natürlich auch die Suche nach Medizinern Geld gekostet hat. „Aber es gibt keine Erfolgsaussichten im Moment.“ Indem die GmbH im Oktober ruhend gestellt werden soll, werde sie keine weiteren Kosten verursachen. Zudem habe der neue Gemeinderat auf diese Weise theoretisch die Option, die Ziele noch einmal ins Visier zu nehmen und die GmbH nochmal zu aktivieren. Dies könnte interessant werden, wenn zum Beispiel der Kinderarzt in den Ruhestand geht. Den Plänen des Kreises mit einem MVZ Oberberg am Waldbröler Krankenhaus drückt Redenius die Daumen. „So oder so: Wir brauchen Ärzte in der Region.“
Für das neue MediCenter am Kurpark ist die Entscheidung des Rats tatsächlich eher positiv zu bewerten, sagt Unternehmer Michael Pfeiffer, der den Bau an Ort und Stelle realisiert hatte. Er betont, dass ein MVZ der Gemeinde Nümbrecht bei ihm nur Mieter gewesen wäre und etwa 40 Prozent der Fläche besetzt hätte. „Ich habe dem Projekt die Treue gehalten, solange es ging“, sagt Pfeiffer. Da sich die Entwicklung in den vergangenen Wochen abgezeichnet hatte, habe er inzwischen aber selbst „die Fühler ausgestreckt“ nach weiteren Mietern für das MediCenter Nümbrecht.
Nun, mit der Entscheidung des Rats, werde er diese Bemühungen noch intensivieren. „Ich trete ja erst jetzt so richtig in den Markt ein, ich glaube aber, das MediCenter in Nümbrecht in 2026 gut gefüllt zu bekommen.“ Es gebe auch bereits Gespräche. Ob diese fruchtbar sein werden, dazu möchte er sich lieber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Pfeiffer ist aber zuversichtlich, dass er den Nümbrechtern ein gutes Angebot liefern kann, das auch von Synergien mit dem MediCenter in Wiehl profitieren könnte.
KOMMENTARE
1
Es wird dringend Zeit das die Gemeinde eine neue kommunale Führung bekommt. Einfach nur noch peinlich wie hier bitter fehlendes Steuergeld in den Sand gesetzt wird. Einfach nur peinlich!
Peter Herrmann , 11.07.2025, 15:19 Uhr2
Hoch interessant wäre hier einmal zu wissen: Welche Summe (Pacht, Miete) zahlt die Gemeinde Nümbrecht seit Eröffnung des Ärztehauses ohne Ärzte bereits seit Januar 2025? Davon liest man nie etwas, nur Geschwurbel darüber das bald Ärzte kommen sollen (die aber mit immer neuen Ausreden nie kommen), die augenscheinlich aber nie kommen werden u. damit leider bestätigen das akuter Ärztemangel herrscht und schon gar niemand aufs Land will. All diese Dinge wurde hier von vorn herein angesprochen und scheinbar vollkommen ignoriert. Bürgermeister und Rat sollten sich was schämen!
[Anm.d.Red.: Es fielen bislang weder Mietkosten noch Kosten für Mobilar oder einen IT-Dienstleister für das MVZ an. Die Vereinbarungen wurden so getroffen, dass all dies erst von Interesse wäre, wenn das MVZ auch tatsächlich an den Start geht (gegangen wäre).]
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Die Entwicklung hat nicht die Gemeinde zu verantworten, die versucht hat, noch zu retten, was zu retten ist, um für eine vernünftige medizinische Versorgung ihrer Bürger zu sorgen. Die Ursachen sind ein Gesundheitssystem, in dem seit Jahrzehnten Milliarden versenkt werden und eine Ärztegeneration, die schlicht nicht bereit ist, wie die Kollegen, die derzeit ihre Praxen übergeben möchten, deren “steinigen” Weg weiter zu gehen. Unser Gesundheitssystem sieht eben nicht vor, dass man als Mediziner sein Einkommen im Rahmen eines 8-Stunden Tages erwirtschaften kann.
Die Folgen jahrzehntelanger Fehlentwicklungen können weder durch privatwirtschaftliches Engagement noch durch Kommunen kompensiert werden.
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Die Gemeinde Nümbrecht hat sich mit dem MVZ ganz schwer blamiert. Die Politiker müßten alle unverzüglich zurück tretten. Das macht die AFD nur noch stärker. Das muß man den Mario Barth melden und den Bund der Steuerzahler
Uwe Märtens, 12.07.2025, 12:19 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.