POLITIK

Neue Ortsumfahrung: Umstrittene 2,5 Kilometer

lw; 19.06.2024, 15:06 Uhr
Symbolfoto: Frauke Riether auf Pixabay
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Neue Ortsumfahrung: Umstrittene 2,5 Kilometer

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lw; 19.06.2024, 15:06 Uhr
Waldbröl – Die Planungen für die K 28n sollen nach Jahren den nächsten Schritt machen – Im Bauausschuss gab es den aktuellen Sachstand – Kritische Stimmen bleiben aber laut.

Von Lars Weber

 

Vor stolzen 14 Jahren begannen die Planungen für eine neue Ortsumfahrung für Waldbröl, um die Innenstadt verkehrlich zu entlasten. Die Suche nach einer Linienführung für die neue Kreisstraße 28n begann und sollte bis 2017 dauern. Kreistag und der Bauausschuss der Stadt entschieden sich für die sogenannte Variante 4a. Demnach sollte die Kreisstraße bis zur B 478 verlängert werden, inklusive einer Anbindung an das Schulzentrum. Frei von Kritik war das Verfahren schon damals nicht, die örtlichen Landwirte und Naturschutzverbände kritisierten die Planungen mit deutlichen Worten. Die Stadt wirkte vor drei Jahren auf den Kreis ein, nochmals eine andere Variante zu prüfen, die näher am Schulzentrum vorbei Richtung Homburger Straße geführt hätte. Nach diversen Untersuchungen und Gutachten ist nun klar: Diese Variante 1 wird es nicht geben. Die Planungen konzentrieren sich also wieder auf die Variante 4a, die gestern im Bauausschuss der Stadt nochmals vorgestellt wurde – und weder bei den mehr als 50 Waldbrölern im Publikum noch bei vielen Ausschussmitgliedern auf Zustimmung stieß.

 

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Darum fiel die Variante 1 durch

 

Um den aktuellen Sachstand zu präsentieren, waren Andreas Donner vom Ingenieurbüro Donner & Marenbach, Alexander Sillus vom Büro Brilon Bondzio Weiser und Wolfgang Krämer, Leiter der Abteilung Kreisstraßen beim Oberbergischen Kreis, nach Waldbröl gekommen. Gegen die Variante 1 habe es unter anderem von der Polizeibehörde eine kategorische Ablehnung gegeben aufgrund der Nähe zum Schulzentrum, legte Donner dar. Da die Zustimmung sämtlicher übergeordneter Verkehrsbehörden aber notwendig für spätere Zuschüsse ist, war solch eine Ablehnung ein nicht zu ignorierendes KO-Kriterium.  

 

So soll die Variante 4a verlaufen

 

Die Variante 4a verläuft zwar ebenfalls ortsnah, die rund 2,5 Kilometer Straße müsste aber komplett neu gebaut werden. Laut aktueller Planung würde die alte Streckenführung etwa am Malteserhaus am Happacher Weg (K28) enden. Die neue Trasse führt auf gerader Strecke auf die Homburger Straße (L 38). Dort soll ein Kreisverkehr entstehen, mit der neuen Abzweigung für die K28n. Von dort geht es in einer lang gezogenen Schlangenlinie zur B 478.

 

Besonderheiten: Die Anbindung zum Schulzentrum erfolgt über diese Straße durch eine Abzweigung, die in einer großzügigen Hol- und Bringzone münden soll. Auf der eigentlichen K 28n geht es von der Abzweigung Richtung Bohlenhagen, das nicht an die neue K28n angeschlossen wird. Die Bohlenhagener Straße würde per Brücke über der K28n laufen, die neue Straße dort 4,5 Meter tiefer liegen – das bringt mehr Lärmschutz, so Donner. Weitere Lärmschutzmaßnahmen würden noch geprüft. Auf die B 478 würde die neue K28n direkt neben dem bestehenden Kreisverkehr (Talstraße, Brölstraße) treffen. Ein zweiter Kreisel würde geschaffen, der mit dem bestehenden verbunden werde. Je nach Einfahrt und Ziel müssen also zwei Kreisel durchfahren werden, um zur gewünschten Ausfahrt zu gelangen. Die K28n soll einen Geh/Radweg ebenso bereithalten wie zwei 3,50 Meter breite Fahrspuren. Es kommt also eine „üppige Breite“ zusammen.

 

[Grafik: Ingenieurbüro Donner & Marenbach --- Zum Vergrößern auf das Bild klicken.]

 

So sehen die nächsten Schritte aus

 

Die Planer machten darauf aufmerksam, dass die K28n auch im Rahmen der Innenstadtentwicklung und dem neuen Einbahnstraßensystem geplant wurde. Sie soll dafür sorgen, dass weniger Verkehr in die Innenstadt muss und bei Störungen im Zentrum ein dortiges Verkehrschaos verhindern. Als nächstes steht eine erneute Verkehrszählung an, die Statistik aus 2017 muss aktualisiert werden. Dabei werde sich zeigen, ob die Prognosen, die für die neue Einbahnstraßenregelungen getroffen wurden, der Realität entsprechen. Beim Termin für die Zählung gab es allerdings eine Panne. Diese sollte eigentlich morgen an einem Markttag stattfinden – der erhöhte Verkehr hätte auf die Planungen negativen Einfluss haben können. Auf Hinweis des Ausschusses - Wastl Roth-Seefrid (SPD) ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen - wurde der Fehler von der Verwaltung eingesehen. "Das ist uns durchgegangen", sagte Maik Simon aus dem städtischen Straßen- und Tiefbauamt. Es soll ein neuer Termin ausgemacht werden.

 

Liegen die Zahlen vor, soll ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, in dem auch die Bürger Einwendungen machen können. Mit allen weiteren Planungen und Verfahren geht Krämer davon aus, dass frühestens in sechs Jahren mit dem Bau begonnen werden kann.

 

So viel soll es kosten

 

Vor sieben Jahren gab es Prognosen, die von 8,5 Millionen Euro ausgingen, so Krämer. Seitdem gebe es bekanntlich eine große Kostensteigerung, sodass er vorsichtig von aktuell 14,5 Millionen Euro ausgeht. Eine Zahl, die sich bis zu einem Baubeginn natürlich erneut verändern kann – in beide Richtungen. Zuschüsse gibt es momentan über 70 Prozent für die Straße und 90 Prozent für den Geh/Radweh. Allerdings sind auch diese Sätze Veränderungen unterworfen.

 

So reagierten Ausschuss und Bürger

 

Claudia Hein (Grüne) beschäftigte sich vor allem mit der Möglichkeit, ob die Straße noch verhindert werden könne, angesichts dem Eingriff in die Natur und der Versiegelung grüner Flächen. Krämer wies auf die Beteiligungsverfahren hin, allerdings bestehe aktuell noch ein gültiger Kreistagsbeschluss für den Bau. Diesen Beschluss bezeichnete Frank Marmor als „aus der Zeit gefallen“. Wenn die Baukosten weiter stiegen, könnten schnell pro gebautem Kilometer zehn Millionen Euro anfallen. „Das Geld sollte besser in die Instandhaltung der bestehenden Straßen investiert werden.“ Er stellte die Frage: Reicht die verkehrliche Entlastung wirklich aus, um die Eingriffe zu rechtfertigen? Für ihn ist die Antwort klar: Er forderte, das Projekt zu beerdigen. Bernd Paech (CDU) regte an, dass die K28n nochmal in einer anderen Sitzung in den großen Zusammenhang mit der Einbahnstraßenregelung gestellt werden sollte, um den Nutzen besser einschätzen zu können.

 

Aus dem Plenum meldeten sich unter anderem örtliche Landwirte. Ernst Jung sagte: „Wir machen da nicht einfach so mit, ihr könnt nicht einfach so über Flächen verfügen!“ Die Ortsbauernschaft hatte sich schon im Vorfeld der Sitzung zusammen mit der Kreisbauernschaft, der Landwirtschaftskammer und den Naturschutzverbänden BUND und Nabu an Bürgermeisterin Larissa Weber mit einem Schreiben gewandt. Das Schreiben liegt der Redaktion vor. Die Situation der Waldbröler Betriebe habe sich in den vergangenen Jahren nicht verbessert, heißt es darin. „Im Gegenteil, der Flächenverlust durch die Planungen der Stadt (Breuer‘s Wiese, Industriegebiet, weitere Bebauung an Homburger Straße) geht unaufhörlich weiter.“ Auch durch Ausgleichsmaßnahmen gingen der landwirtschaftlichen Produktion weitere Flächen verloren. „Die angedachte Trasse verschärft diese Situation erheblich.“

 

Den Sinn der neuen Straße stellten auch weitere Bürger infrage. Wolfgang Krämer von der Kreisverwaltung sagte nochmals, dass das Projekt als Unterstützung für die Stadt Waldbröl angedacht ist. Das Projekt müsse gewünscht sein, und davon zeugen noch gültige, mehrheitlich gefasste Beschlüsse. „Der Kreis braucht die neue Straße nicht.“

 

Die Diskussionen werden weitergehen, sobald die Zahlen der neuen Verkehrszählung präsentiert werden.

KOMMENTARE

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Um Himmels Willen, lasst uns doch wenigstens noch etwas Grün. Hier wird ja alles zugebaut mittlerweile. Wem diese Verkehrsentlastung in der Innenstadt helfen soll, weiß auch niemand.

Waldbröler, 20.06.2024, 22:23 Uhr
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