POLITIK

Ob Brände, Fluten, Blackouts oder Terror: Der Kreis will vorbereitet sein

lw; 21.09.2024, 10:00 Uhr
Archivfoto: Lars Weber --- Vor mehr als vier Jahren stand der Hömericher Kopf in Gummersbach in Flammen. Vegetations- und Waldbrände sind auch im Katastrophenschutzbedarfsplan berücksichtigt.
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Ob Brände, Fluten, Blackouts oder Terror: Der Kreis will vorbereitet sein

lw; 21.09.2024, 10:00 Uhr
Oberberg – Katastrophenschutzbedarfsplan wurde im Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge vorgestellt – Höhe der damit verbundenen Ausgaben noch unklar – Abstimmung im Kreistag.

Von Lars Weber

 

Die Szenen, die sich während des großen Waldbrands auf dem Hömerich vor vier Jahren in Gummersbach abspielten oder beim Hochwasser im Juli 2021, sind vielen Oberbergern noch sehr gut in Erinnerung. Den beteiligten Hilfskräften erst recht, die größtenteils ehrenamtlich und gemeinsam über Tage Schwerstarbeit geleistet haben. Um auf solche Szenarien vorbereitet zu sein, sind Katastrophenschutzpläne für die Kreise gesetzlich vorgeschrieben.

 

Zumindest noch nicht vorgeschrieben sind sogenannte Katastrophenschutzbedarfspläne, die das Katastrophenmanagement nochmal erweitern, in Zusammenhänge stellen und klar benennen: Wo hapert es noch, was wird benötigt, um der Bevölkerung im Ernstfall einen effektiven Schutz zu bieten? Der Oberbergische Kreis hat nach den beiden Krisensituationen einen solchen Plan auf den Weg gebracht. Beim Ausschuss für Gesundheit und Notfallvorsorge ist nun der Entwurf von einem Fachbüro vorgestellt worden. Gänzlich unklar ist noch, wie viel die vorgeschlagenen Maßnahmen den Kreis und die Kommunen kosten werden.

 

Dass ein Katastrophenschutzbedarfsplan noch gesetzlich vorgeschrieben wird, daran gibt es kaum Zweifel, wie Kreisbandmeister Julian Seeger und Dr. Ralf Mühlenhaus, Leiter des Amts für Brand-, Zivil- und Katastrophenschutz, beim Ausschuss betonten. Mit der Beauftragung der Expertenbüros sei der Kreis „vor der Lage“, wie es so schön im Fachjargon heißt. „Es gilt, optimal auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet zu sein“, machte Mühlenhaus die Motivation für die Planung deutlich. Alle oberbergischen Kommunen seien in die Arbeit involviert gewesen.

 

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Vom Büro Lülf Plus stellte Tobias Krenz den Entwurf der Planung vor. Wichtigstes Ziel: Die Handlungsbedarfe kennen, also welche Fähigkeiten werden wo benötigt in einer Krisensituation. Ein Nebenziel: Das Netzwerk ausweiten und alle handelnden Personen kennenlernen, sodass man sich nicht zum ersten Mal sieht, wenn es plötzlich Ernst wird – eine Vorgehensweise, auf die der Kreis in der Vergangenheit stets großen Wert gelegt hatte. Es gehe aber auch darum, das Bewusstsein bei der Bevölkerung zu schärfen, dass Katastrophenschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt, so Krenz.

 

Um die Bedarfe festzustellen, wurden unterschiedliche Szenarien durchgespielt. Was wird benötigt, wenn es einen langen, großflächigen Stromausfall gibt? Was passiert, wenn es eine Versorgungsmangellage gibt und es plötzlich an Kraftstoff-, Erdgas- oder wichtigen Lebensmitteln fehlt? Wie ist auf eine Hitzewelle beziehungsweise Dürreperiode zu reagieren? Wie auf die nächste Pandemie oder das nächste Starkregenereignis samt Hochwasser? Und nicht zuletzt: Wie ist Oberberg aufgestellt, sollte hier ein Terroranschlag verübt werden?

 

Ganz unterschiedliche Teilnehmer setzten sich in Workshops mit diesen Szenarien auseinander: Vertreter der Städte und Gemeinden, der Kreis natürlich, Polizei und Feuerwehr, Hilfsorganisation, Gemeinde- beziehungsweise Stadtwerke, Verbände wie der Aggerverband oder Unternehmen wie die AggerEnergie – sprich: Alle, die in Krisen ihre Rolle kennen müssen. Im Rahmen der Arbeiten wurden Anforderungen festgelegt, die in solchen Situationen zwingend sind. Das kann die Rolle eines Krisen- und Führungsstabs sein, auch über Monate hinweg, das kann die Notwendigkeit sein, für zentrale technische Systeme Ausfallreserven vorzuhalten oder etwa Betreuungsstellen für bis zu 2.700 Personen (ein Prozent von der Einwohnerzahl im Oberbergischen) zu konzeptionieren.

 

Diese Anforderungen wurden wiederum mit der Ist-Situation verglichen. Daraus bildete sich ein Maßnahmenkatalog über 75 Punkte, die nach Dringlichkeit priorisiert wurden. Hohe Priorität habe zum Beispiel die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit von Kreis, Städten und Gemeinden, die Vorbereitung auf Wald- und Vegetationsbrände, die Bereitstellung von Betreuungsstellen für die Bevölkerung oder auch die Sicherstellung der Einsatzfähigkeit der ehrenamtlichen Einheiten des Katastrophenschutzes. Auch, was zu tun, um die jeweiligen Ziele zu erreichen, wurde erarbeitet. „Der Oberbergische Kreis ist schon weiter als manch anderer Kreis“, lobte Krenz. Pläne, Konzepte oder praktische Übungen zu einzelnen Szenarien gab es beim Kreis in der Vergangenheit bereits (OA berichtete zum Beispiel hier). Zu tun gibt es aber natürlich dennoch reichlich.

 

Eine Abstimmung über den Katastrophenschutzbedarfsplan wurde auf die Kreistagssitzung verschoben. Die Ausschussmitglieder hatten den Entwurf erst kurz vor der Sitzung des Gesundheitsausschusses erhalten und meldeten fraktionsintern Beratungsbedarf an. Ina Albowitz-Freytag (FDP) kritisierte, dass ihnen solch ein umfassendes Werk so spät zur Verfügung gestellt worden sei und zunächst zur Abstimmung vorgesehen war. Dabei sei der finanzielle Aufwand für den Kreis bei 75 Maßnahmen, mindestens 14 davon identifizierte Wolfgang Brelöhr (SPD) als Projekte mit hohem Investitionsbedarf, noch gar nicht abzusehen. Dr. Roland Adelmann (SPD) sagte, dass ihm die Maßnahmen auch noch zu unkonkret seien, um sie durchzuwinken.

 

Birgit Hähn, Leiterin des Dezernats Sicherheit, Ordnung und Bildung, sagte, dass an der sukzessiven Umsetzung des Bedarfsplans angesichts der nahenden Gesetzeslage kaum zu rütteln sein wird. „Es kommen Ausgaben auf uns zu.“ Über einzelne Maßnahmen werde in den Haushaltsdiskussionen zu reden sein. Was die genauen Kosten angeht, dafür müssten manche Projekte erst weiter geprüft und konzipiert werden. „Das ist nicht ganz so einfach wie im Rettungsdienstbedarfsplan, wo klar benannt ist, wie viele Fahrzeuge oder Gebäude benötigt werden“, erklärte Kreisbrandmeister Julian Seeger.

 

Die Fraktionen haben nun einige Wochen Zeit, die 156 Seiten des Entwurfs zu durchforsten. Abgestimmt über den Katastrophenschutzbedarfsplan wird bei der Sitzung des Kreistags am 31. Oktober.  

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