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OVAG: Die ersten eigenen Wasserstoffbusse fahren 2025

lw; 31.05.2024, 13:00 Uhr
Foto: OVAG
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OVAG: Die ersten eigenen Wasserstoffbusse fahren 2025

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lw; 31.05.2024, 13:00 Uhr
Oberberg - Die Weichen für den Einsatz sind gestellt - Betriebshof in Wipperfürth-Hämmern wird erster Wasserstoff-Standort der OVAG – Zunächst 15 Busse sind bestellt worden.

Von Lars Weber

 

Anfang nächsten Jahres werden dank großer Fördersummen die ersten eigenen Wasserstoffbusse der OVAG durch das Oberbergische fahren. Darüber hat OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner im Kreisentwicklungsausschuss am Mittwoch informiert. Nach langer Planungsphase, Testfahrten und Ausschreibungen wird damit der nächste große Schritt eingeleitet, um die Flotte nach und nach auf emissionsfreie Fahrzeuge umzustellen. Hintergrund dafür ist die  Clean Vehicle Directive (deutsches Recht: „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz“), die nationale Beschaffungsquoten vorschreibt und von der EU noch weiter verschärft wurde. In die Freude über die jetzige Entwicklung mischen sich aber auch viele Fragezeichen, was die weitere Finanzierung angeht. Ein Überblick.

 

Warum Wasserstoff?

 

Die Entscheidung für den Einstieg in die Wasserstofftechnologie wurde auf Basis einer Machbarkeitsstudie getroffen, die 2019 in Auftrag gegeben wurde. Zu jenem Zeitpunkt sei die Empfehlung der Gutachter eindeutig gewesen: Aufgrund der Topografie im Oberbergischen und dem damaligen Stand der Technik kam nur Wasserstoff infrage. Diese Empfehlung habe sich dann im Praxistest bestätigt, bei dem im vergangenen Jahr Busse verschiedener Hersteller im Oberbergischen ausprobiert wurden, so Güllner. Gerade bei der Überwindung von Höhenkilometern und mit ihrer Reichweite überzeugten die Wasserstoffbusse. „Die Busse kamen die Berge gut rauf und runter.“

 

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Klar ist aber auch: Seit 2019 ist viel passiert. Auch bei E-Bussen konnten die Reichweiten erhöht werden. Das steigende Potenzial zeige auch eine aktualisierte Machbarkeitsstudie. Es sei keinesfalls in Stein gemeißelt, dass die OVAG künftig nur auf Wasserstoff setze, im Gegenteil. „Die OVAG bleibt technologieoffen und setzt perspektivisch auf einen Mix von verschiedenen Antriebstechnologien“, so Güllner.

 

Was für Busse werden gekauft?

 

Bereits im vergangenen Jahr hat die OVAG nach europaweiter Ausschreibung 15 Wasserstoffbusse vom Typ „Urbino 12 hydrogen“ des Busherstellers Solaris bestellt. „Wir sind froh, dass ein bereits etablierter Zulieferer das Rennen gemacht hat“, so Güllner. Die ersten fünf Busse sollen Anfang 2025 ausgeliefert werden, vielleicht sogar noch im Dezember. Die weiteren zehn Busse folgen im Laufe des ersten Quartals 2025.

 

Die Busse werden mit Wasserstoff betrieben, welcher gasförmig in sogenannten Druckspeichertanks auf dem Fahrzeugdach gespeichert wird. Der komprimierte Wasserstoff wird dann in eine Brennstoffzelle geleitet, welche den Strom für die Fahrmotoren generiert. Die einzigen Nebenprodukte seien Abwärme und Wasserdampf. Die Reichweite einer Tankfüllung deckt mit rund 350 Kilometern die meisten der OVAG-typischen Fahrzeugumläufe sehr gut ab, berichtete Güllner weiter.

 

Wo werden die Busse hingestellt?

 

Stationiert werden die Busse auf dem Betriebshof in Wipperfürth-Hämmern. „Der Betriebshof hat mit derzeit 25 Bussen eine ideale Größe, um in einem überschaubaren Zeitraum vollständig auf den Wasserstoff-Betrieb umgestellt zu werden.“ Hinzu kämen die Pläne zur Aufwertung der Linie 336 (OA berichtete). „Die ersten emissionsfreien Busse im Oberbergischen sollen verstärkt auf dieser Linie eingesetzt werden.“ Für den Betriebshof im Nordkreis spricht laut Güllner auch die geographische Nähe zu den Verkehrsunternehmen RVK und WSW mobil. „Beide gehören zu den Wasserstoff-Pionieren.“ Ein Austausch habe stattgefunden.

 

Wie sieht das Tankkonzept aus?

 

Dieses ist zweigeteilt. In der Anfangsphase soll die Betankung der Busse mobil erfolgen. Bei der Ausschreibung setzte sich der französische Gase-Hersteller Air Liquide durch, der in Marl das größte Trailer-Abfüllzentrum für Wasserstoff in Europa betreibe. „Bei der mobilen Tanklösung von Air Liquide wird der Wasserstoff in Trailern angeliefert und über eine Umfülltafel direkt aus dem Trailer in den Bus gefüllt.“ Dabei komme erneuerbarer Wasserstoff zum Einsatz, was OVAG und Kreis wichtig gewesen sei. Air Liquide produziert den Wasserstoff in einer neuen PEM-Elektrolyse-Anlage, die gerade in Oberhausen in Betrieb gehe. Die Anlage werde mit erneuerbarem Strom aus einem Windpark betrieben und spaltet Wasser emissionsfrei in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf. „Wir haben das Glück, in den Radius zu passen, wo Air Liquide beliefern möchte.“

 

Die mobile Lösung soll solange greifen, bis die stationäre Wasserstofftankstelle in Hämmern steht. Die Ausschreibung dafür soll jetzt erfolgen. In Betrieb genommen werden soll diese voraussichtlich 2026. Damit werde es möglich sein, eines Tages die gesamte Busflotte am OVAG-Standort Hämmern mit Wasserstoff zu betanken.

 

Wie wird das bezahlt?

 

Die Anschaffung der 15 Busse wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit 4,3 Millionen Euro gefördert. Die Freude über diese Förderung ist natürlich groß, aber: Die Summe deckt „nur“ 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber der Beschaffung von Dieselbussen ab, sodass der verbleibende Teil durch Eigenmittel gestemmt werden muss. Auch die laufenden Kosten liegen momentan noch über denen des Betriebs von Dieselbussen, referierte Güllner. „Das ist der Wermutstropfen.“

 

Die Finanzierung der von der EU vorgegebenen Umstellung auf alternative Antriebstechnologien stelle für die OVAG und den Oberbergischen Kreis eine große Herausforderung dar, vor der derzeit deutschlandweit alle Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger stehen, so Güllner weiter. Gleichzeitig würden die Förderprogramme weniger. Sie ließ durchblicken: Ohne eine zuverlässige und dauerhafte finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder werde es schwierig, die Vorgaben umzusetzen.

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