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Ratsbürgerentscheid: Plötzlich steht eine Klage im Raum

lw; 30.01.2023, 14:46 Uhr
Symbolfoto: Simon auf Pixabay
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Ratsbürgerentscheid: Plötzlich steht eine Klage im Raum

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lw; 30.01.2023, 14:46 Uhr
Nümbrecht – WGHL bemängelt Verfahrensfehler bei der Erstellung der Informationsbroschüre für die Bürger und fordert einen Neustart – Bürgermeister widerspricht, entschuldigt sich aber auch.

Von Lars Weber

 

Bis zum 14. Februar haben exakt 14.313 Nümbrechter ab 16 Jahren noch die Möglichkeit, am ersten Ratsbürgerentscheid der Gemeinde teilzunehmen und ihre Stimme abzugeben. Sie können dafür oder dagegen stimmen, dass die Gemeindewerke Nümbrecht GmbH (GWN) Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde zur Eigenversorgung der Bürger und heimischen Gewerbebetriebe errichtet, falls die Voraussetzungen dafür stimmen sollten. Im Nümbrechter Gemeinderat gab es für dieses Vorgehen nur Zuspruch von den Parteien - außer von der Wählergemeinschaft Homburger Ländchen (WGHL). Nun bemängeln die Windkraft-Kritiker um Fraktionschef Rainer Galunder einen Verfahrensfehler bei der Erstellung der Informationsbroschüre, die mit den Wahlunterlagen zusammen an die Nümbrechter Wahlberechtigten gegangen ist. Die WGHL fordert deshalb einen Neustart des gesamten Prozesses.

 

In der Informationsbroschüre durften sämtliche Fraktionen und Gruppen des Rates sowie auch Bürgermeister Hilko Redenius ihre Argumente für oder gegen das Thema schwarz auf weiß darlegen. Bis auf Jan Köstering, der für die Linke allein im Rat sitzt, nahmen alle Parteien und Wählergemeinschaften davon Gebrauch. Nun gab es kurz vor dem Jahreswechsel eine E-Mail, in der Redenius den Beteiligten eine vorläufige Fassung mit der Bitte um Korrekturen zusendete. Kurz nach Silvester erhielten sie dann die finale Broschüre, bevor diese in den Druck ging. Bloß: Bei Galunder und der WGHL kamen diese beiden E-Mails nicht an. Er spricht von einem „Skandal“.

 

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Nun möchte Galunder nach Rücksprache mit einem Verwaltungsrechtler diesen Missstand öffentlich machen. „Wenn Fraktionen, die einen Prozess kritisch begleiten, vom Verfahren ausgegrenzt werden, schadet das nur der Demokratie und hinterlässt einen reichlich merkwürdigen Eindruck“, so Galunder in einer Mitteilung. Auf Nachfrage erklärt er, dass die WGHL von der Möglichkeit einer Korrektur oder Ergänzung noch Gebrauch gemacht hätte. "Wenn ein Korrekturlauf eingeführt wird, dann müssen auch alle Fraktionen diese Option wahrnehmen können." Dies sei ein „eindeutiger Verfahrensfehler“. „Fehler sind menschlich, aber seit 2014 habe ich sonst alle E-Mails bekommen – nur diese beiden nicht.“

 

[Foto: WGHL --- Rainer Galunder, Fraktionschef der WGHL.]

 

Nun fordert die WGHL, den aktuell laufenden Ratsbürgerentscheid abzubrechen und alle bisher eingegangenen Unterlagen ungeöffnet zu vernichten. Anschließend könne der Prozess noch einmal gestartet werden, inklusive der Korrekturmöglichkeit des Flyers und der gleichzeitigen finalen Information aller im Nümbrechter Rat vertretenen Parteien und Wählergemeinschaften. Das aktuelle demokratische Verfahren sei unsauber, wie Galunder sagt. Falls es dennoch fortgeführt werde, sei auch eine Klage möglich.

 

Auf die Mitteilung der WGHL antwortete Bürgermeister Redenius heute Mittag schriftlich. Darin erklärt er den Fehler so: Während der Erstellung des Abstimmungsheftes habe er den Fraktionsvorsitzenden das Layout und nach Fertigstellung des Abstimmungsheftes die finale Version zugesandt. „Dies entspricht einer seit meiner Amtsübernahme herrschenden offenen Kommunikation mit den Fraktionsvorsitzenden“, so Redenius. „Hierzu benutze ich einen selbst angelegten Outlookverteiler. Obwohl Herr Galunder in dem Verteiler aufgeführt ist, wurde bei der Versendung die Mail an ihn nicht zugestellt.“ Ihm persönlich gegenüber habe er sein Bedauern hierüber bereits zum Ausdruck gebracht. In den E-Mails, die Galunder seiner Mitteilung beigefügt hat, entschuldigt sich der Rathauschef auch bei ihm. Am 13. Januar habe Galunder das Abstimmungsheft per E-Mail erhalten.

 

Ein Verfahrensfehler, wie ihn Galunder beanstandet, sieht der Bürgermeister indes aber nicht. Dabei bezieht er sich vor allem auf die vom Rat verabschiedete Bürgerentscheidsatzung. Diese sieht vor, dass die im Rat vertretenen Fraktionen in dem Informationsheft eine Stellungnahme abgeben können, was die WGHL am 10. Dezember getan habe. Diese Stellungnahme sei auch unverändert in die Broschüre aufgenommen worden, die inzwischen mit den Wahlunterlagen an die Nümbrechter Haushalte gegangen ist. „Die vorgesehene Beteiligung der Ratsfraktionen – auch der WGHL - ist somit erfolgt“, schreibt Redenius. „Ein Verfahrensfehler ist nicht gegeben!“ Alle Beteiligungsrechte, die die Gemeindeordnung und auch die Satzung vorsehen, seien eingehalten worden, bekräftigte der Bürgermeister auf weitere Nachfrage von OA. „Sollte die WGHL klagen, sehen wir dem gelassen entgegen“, so Redenius.

 

Zwei Wochen vor Ende der Abstimmungsphase haben laut Bürgermeister rund 30 Prozent der Wahlberichtigten ihre Stimme abgegeben. Dies entspricht etwa 4.200 Nümbrechtern (Stand Freitag).   Damit der Ratsbürgerentscheid gültig ist und mit Ja beantwortet gilt, müssen mindestens 20 Prozent der Nümbrechter Wahlberechtigten die Frage positiv beantworten. Ansonsten gilt der Vorschlag als abgelehnt.

 

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KOMMENTARE

1

Es ist ein vorbildliches Projekt, welches die Gemeinde Nümbrecht zusammen mit der GWN umsetzen will. Benachbarte oberbergische Kommunen können davon nur träumen und auch ich bin etwas neidisch.
Aber anstatt das ein menschlicher Fehler, der nunmal auch als solcher zu beschreiben ist, intern zwischen WHGL und Bürgermeister diskutiert wird, muss natürlich wieder die breite Öffentlichkeit von diesem unfassbaren "Skandal" informiert werden.
Ich finde es traurig, dass sich bei einem so gutem Projekt wieder eine Person quer stellen muss und den Prozess aufhält. Mal ganz ehrlich: Das ist lächerlich und lässt die WHGL in keinem gutem Licht darstehen.
Einfach mal zum Wohle der Allgemeinheit die Zähne zusammenbeißen!

Hommersch, 30.01.2023, 18:20 Uhr
2

"Seit 2014 sind alle E-Mails angekommen, nur diese zwei nicht". Ein Schelm der Böses dabei denkt. Aus anderer Sicht betrachtet, besteht auch die Möglichkeit, das die Initiative, die den Prozess kritisch begleitet, vielleicht (bewusst?) etwas übersehen hat, um den Ratsbürgerentscheid zu doch noch zu verhindern?!

Heinrich Rommers, 31.01.2023, 10:50 Uhr
3

Wenn der Bürgerentscheid mehrheitlich angenommen wird, liegt es sicher nicht daran, dass die WGHL nicht nochmal Korrektur lesen durfte.

TG, 01.02.2023, 09:50 Uhr
0 von 800 Zeichen
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