POLITIK

Seequartier: Platz machen für eine Vision

lw; 25.02.2025, 15:06 Uhr
Visualisierung: MUST Stadt- und Regionalplanung --- So könnte es im Seequartier einmal aussehen.
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Seequartier: Platz machen für eine Vision

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lw; 25.02.2025, 15:06 Uhr
Wiehl – Abriss der Gebäude auf dem ehemaligen ProMarkt-Gelände gestartet – Währenddessen wird an den Plänen für das Seequartier gearbeitet – Gespräche mit Investoren finden bereits statt.

Von Lars Weber

 

Die Tage der Gebäude auf dem ehemaligen ProMarkt-Gelände am Wiehlpark sind endgültig gezählt. In der vergangenen Woche gingen die Abrissarbeiten los, zunächst wird der Komplex entkernt und die Wertstoffe getrennt und in den Kreislauf zurückgeführt. Etwa ab April soll dann das ganz schwere Gerät anrücken, um die Hallen abzureißen. Auch der belastete Boden wird in dem Zuge saniert. Kurzfristiges Ziel der Stadt ist es, das Gelände in Parkplätze umzuwandeln und aufzuhübschen. Ende Juli soll das Areal revitalisiert sein. Der Blick geht aber schon seit Jahren in die Zukunft. Die Vision der Stadt: Auf rund zwei Hektar Fläche soll das neue Seequartier entstehen und Wohnen im Zentrum möglich machen. „Eine Stadt der kurzen Wege“, wie Bürgermeister Ulrich Stücker sagt. Gerade im Umgang mit Starkregen- und Hochwasserereignissen soll das Seequartier Maßstäbe setzen und macht daher eine lange Planungsphase notwendig. Den Abriss der Gebäude hat die Stadtverwaltung zum Anlass genommen, einen Überblick über den aktuellen Stand zu geben.

 

[Fotos: Lars Weber --- Zunächst werden die Gebäude aus den 70er-Jahren entkernt. Als alle Geschäfte erst einmal raus waren, haben vor allem die Brandschutzauflagen andere Nachnutzungen verhindert.]

 

Der Bereich bezieht das gesamte Ex-ProMarkt-Gelände mit ein bis einschließlich des heutigen Wiehlpark-Parkplatzes. Stücker betont, dass es sich um ein absolutes Filetstück im Bereich der Stadtentwicklung handelt. Damit will sorgsam umgegangen werden. Deshalb möchte die Stadt auch nichts dem Zufall überlassen. Der Fokus liegt auf Wohnungen. Da möchte der Bürgermeister auch aus politischer Sicht zu einem guten Mix kommen aus Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen, die jüngere Wiehler, Familien und gerade auch ältere Bürger ansprechen sollen. Heißt auch: Es soll bezahlbar bleiben. Von 138 Wohneinheiten spricht die Verwaltung gerade mit Verweis auf den Planungsprozess. Daneben sollen Büros und Dienstleistung angesiedelt werden. 5.900 Quadratmeter seien dafür vorgesehen. Autoarm soll das Quartier sein (an der Parkplatzfrage werde gearbeitet), die Architektur soll mit Höhen und Materialien spielen, die Verbindung mit dem Wiehlpark soll passen, natürlich auch die energetischen Voraussetzungen, zum Beispiel PV auf dem Dach.

 

Das hört sich schon danach an, dass es einige Herausforderungen gibt, und so ist es auch, wie Marcus Köster, Leiter des Fachbereichs Planung, im Rathaus erläutert. Besonderer Fokus liegt auf dem Umgang mit Wasser. Dabei solle mit dem Wasser geplant werden, nicht dagegen – schließlich ist die Wiehl nicht weit entfernt und der Mottelbach soll geradewegs durch das Quartier fließen. Die Zielsetzung: Das Areal nicht nur HQ100-resistent (HQ100 steht für 100-jährliches Hochwasser) zu machen, wie es vorgeschrieben ist, sondern noch eine Stufe weiterzugehen. HQextrem bezeichnet dabei einen Hochwasserabfluss, der etwa der 1,5-fachen Abflussmenge eines 100-jährlichen Hochwassers entspricht. Auch die Starkregengefahr soll minimiert werden, Regenwasser soll im Gebiet wie in einem Schwamm gehalten werden.

 

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Diverse Prüfungen und Simulationen seien schon gelaufen. Es soll Überschwemmungsflächen geben, geschützte Bereiche und Bereiche, in denen Wasser in das Quartier laufen kann, ohne Schaden anzurichten. Die Gebäude müssen etwas erhöht gebaut werden. Schon die Schaffung neuer Retentionsräume im Verlauf der Wiehl in den vergangenen Jahren hatten auch die Entwicklung dieses Quartiers im Sinn – dies zahle sich nun aus. Bei der Rahmenplanung sitze das Büro MUST aus den Niederlanden mit im Boot – Experten im Umgang mit Wasser, betont Stücker.

 

Bevor überhaupt irgendwas Neues gebaut werden kann, müssen aber nicht nur die alten Gebäude weg, sondern vor allem die Altlasten im Boden. Die Bleibelastung rührt noch von der Bleischmelze in ferner Vergangenheit. Schon beim Umbau des Wiehlparks hatte die Stadt ihre Erfahrungen damit machen müssen. Das Verfahren ist kostspielig und ein Faktor, weshalb Abriss und Bodensanierung mit 850.000 Euro zubuche schlagen.

 

Weitere Herausforderungen, die die Planungsvoraussetzungen beeinflussen seien laut Köster zum Beispiel das Eisenbahnrecht aufgrund der vorhandenen Gleise oder auch die Erschließung des Quartiers, für die die Brucher Straße verlegt werden müsse. Bei der Wärmeplanung werde aktuell auf eine Lösung mit Abwasserwärme als Grundlasterzeuger und Holzhackschnitzelheizung als Spitzenlasterzeuger gesetzt. Weiter seien die Besitzverhältnisse soweit klar: Mit sämtlichen Privateigentümern im Plangebiet sei gesprochen worden – entweder wurden Flächen erworben oder die Planungen entsprechend angepasst.

 

Bauen kann die Stadt natürlich nicht selbst. „Wir brauchen Investoren, sonst haben wir hier nur ein paar bunte Pläne“, sagt Bürgermeister Stücker. Deshalb sei die Wirtschaftlichkeit selbstredend wichtig, er legt aber viel Wert auf die wohnungspolitische Dimension des Projekts. „Wir brauchen zusätzlichen Wohnraum“, der noch dazu bezahlbar sein soll. „Es ist nicht das Ziel, die Grundstücke zum Höchstpreis wegzubekommen“, so Stücker weiter. Er hofft auch, dass mit einem solchen Angebot weitere Häuser frei werden, weil die Menschen die Chance sehen, sich zu verkleinern – und so jungen Familien die Option auf ein Eigenheim gegeben wird. Schon jetzt würde die Stadt mit Investoren aus der Region sprechen, um den Markt einschätzen zu können. Da das Areal in mehrere Einheiten aufgeteilt ist, sei es möglich, dass nicht nur ein Investor aktiv wird.

 

Sollten Verhandlungen mit einem möglichen Investor erfolgreich verlaufen, könnten die ersten Gebäude im südlichen Bereich des Seequartiers ab 2030 bezugsfertig sein. Bis dahin sind viele Zwischenschritte zu absolvieren. Dazu gehört die Aufstellung des Bebauungsplans im nächsten Jahr sowie der Umbau der Brucher Straße 2028, die im Gebiet des Seequartiers einen anderen Verlauf erhält. Die Abrissarbeiten jetzt markieren jedenfalls den Startschuss für ein ambitioniertes Projekt.

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