POLITIK
SPD-Kreisparteitag: Sozial gerechte Klimapolitik für Oberberg
Lindlar - Im Mittelpunkt des SPD-Kreisparteitages stand heute neben der regulären Tagesordnung ein Impulsreferat zur sozial gerechten Klimapolitik im Oberbergischen Kreis.
Von Ute Sommer
Zu einem turnusmäßigen, aber inhaltlich außergewöhnlichen SPD-Kreisparteitag begrüßte deren Vorsitzender Thorsten Konzelmann heute rund 80 Delegierte aus den 13 oberbergischen Ortsvereinen im Kulturzentrum Lindlar. Ergänzt wurde die reguläre Tagesordnung erstmals um einen Austausch zum effektiven und gerechten Klimaschutz, der keine sozialen Schieflagen entstehen lassen soll. Bereits im Grußwort beschrieb der Juso-Vorsitzende Thorben Peping die Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität als die große politische Herausforderung der Zukunft. Auf diesem Weg gelte es, den Blick für die gerechte Güterverteilung im Blick zu halten und sich vom Glauben ans unbegrenzte Wirtschaftswachstum zu verabschieden.
[Nach seinem Studium lebte der Autor Raphael Thelen in Kairo und im Libanon, gilt deshalb als Nahost-Experte.]
In seinem Impulsreferat „Sozial gerechte Klimapolitik im Oberbergischen Kreis“ näherte sich der Journalist und Autor Raphael Thelen dem Thema von einer ungewöhnlichen Seite. Als Ausgangspunkt für den Arabischen Frühling in Tunesien und Ägypten 2011, den Bürgerkrieg in Syrien und die Ahrtal-Flut identifizierte der studierte Politikwissenschaftler, Philosoph und Volkswirtschaftler die sich weltweit anbahnende Klimakatastrophe. So hätten Ernteausfälle in Folge von Dürren und Unwettern, so wie die Verdopplung der Weizenpreise zum Ausbruch der Revolutionen in der arabischen Welt und Syrien geführt. In direkter Konsequenz sei die Thematik der Klimakrise mit den Migrationswellen 2015/2016 in Deutschland angekommen, eine Entwicklung, die wesentlich zum Aufstieg der AfD beigetragen habe.
Daraus werde die enorme Relevanz deutlich, die das Klimathema auf Frieden, Demokratie und Freiheit ausübe. „Es geht nicht um die da draußen, es geht um Sie und mich“, betonte Thelen auch mit Hinweis auf Waldbrände, Hitzesommer, den Juli-Extremregen 2021 und die niedrigen Rheinpegel dieses Jahres. Bisher liege die Erderwärmung bei 1.2 Grad, doch dürfe die Grenze von 1,5 Grad nach Prognosen des Weltklimarates nicht gerissen werden. Danach seien irreversible Kipppunkte wie die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes, Arktis-Schmelze oder Golfstromerwärmung überschritten und die Welt werde unbewohnbar. Trotz alarmierender Studien aus den 1980er-Jahren sei die Energiewende über Jahrzehnte von global agierenden Öl-Konzernen durch geschickten Lobbyismus sabotiert worden.
Angesichts der Tatsache, dass ein Prozent der ultrareichen Bevölkerung etwa 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen produzierten, sei das Klimathema in Wahrheit ein Gerechtigkeitsthema und gehöre demnach zum sozialdemokratischen Wesenskern. „Die Klimakrise bietet die Chance zum gerechten Umbau der Gesellschaft“, forderte er die Genossen auf, den Klimawandel unter Beteiligung ihrer Parteimitglieder aktiv zu gestalten. Nach anschließender Diskussion berieten die Delegierten unter Leitung von Corinna Güllner, Chefin der OVAG, Dr. Gero Karthaus, Engelskirchens Bürgermeister und Energiemanager Uwe Boeker über praktikable Lösungen zu den Themenfeldern Verkehr, modernes Wohnen und Energieversorgung.
KOMMENTARE
1
Willkommen im Club zur großen Transformation in Oberberg, Sozialdemokrat:innen ! Breite Bündnisse sind erforderlich.
Die Diskussionen zum Kteishausanbau und Verkehrs- und Energiewende in Oberberg zeigen das. Die Gerechtigkeitsfrage und gezielter Einsatz der vorhandenen Mittel, sowie Aktivierung des privaten Sektors, der Zivilgesellschaft und der Unternehmen schaffen eine bessere Zukunft, wenn es gelingt, innerhalb der kommenden 7,5 Jahre die Emidsionen um mindestens 50 v.H. zu senken, was Verkehr, Ernährung, Bauwesen und Energie berührt. Dann werden die Energiepreise fallen.
2
Hohle Worte, mehr nicht.
Wolke, 20.11.2022, 11:30 Uhr3
Das sind hehre Vorgaben. Doch muss sich die SPD fragen lassen, ob auch sie auf Konzepte des letzten Jahrhunderts setzt, ähnlich wie es die CDU macht. Als schlechtes Beispiel mag gelten, dass die Gewerbe- und Industriegebiete, nicht etwa verhindert, sondern hingegen gefördert werden sollen. Genau solche "Kleinigkeiten" haben das Klima geschädigt. Das Argument "Arbeitsplätze" kann doch nicht ernsthaft der Hintergrund sein - bei der gegenwärtigen und künftigen Situation ist das absurd.
F Lothar Winkelhoch, 20.11.2022, 14:19 Uhr4
Herzlichen Dank an Raphael Thelen! Er spricht mir aus dem Herzen. Nach den bisherigen Erfahrungen habe ich wenig Hoffnung, dass die Mehrzahl - auch der oberbergischen - Politiker*innen eine sozial gerechte Klimapolitik nur annähernd anstrebt. Was eine wirklich sozial gerechte Klimapolitik beinhaltet, hat Herr Thelen sehr klar erläutert. Auch im Oberbergischen hat die CDU wie heute zu lesen offenbar nichts zum Thema beizutragen außer Kritik an denen, die es besser machen: DIE GRÜNEN und die SPD (letztere mit viel Luft nach oben). Bleibt zu wünschen, dass die Mehrzahl der Menschen einschl. der Oberberger*innen ihre Ignoranz aufgeben, um der Menschlichkeit und damit dem Fortbestand der Menschheit eine Chance zu geben.
Cornelia Lang, 21.11.2022, 21:37 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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