POLITIK

Streng haushalten? Ja! Kaputtsparen? Nein!

lw; 10.12.2021, 16:27 Uhr
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Streng haushalten? Ja! Kaputtsparen? Nein!

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lw; 10.12.2021, 16:27 Uhr
Nümbrecht – Trotz ausgeglichener Haushalte muss ein Sicherungskonzept bis 2031 aufgestellt werden, um wieder Eigenkapital aufzubauen – Investitionen kommen trotzdem nicht zu kurz.

Von Lars Weber

 

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen sehr gut aus, die Nümbrechts Kämmerer Reiner Mast am Mittwoch dem Rat im Kursaal des Park-Hotels bei der Einbringung des Haushalts für das kommende Jahr präsentiert hat. Mehr Erträge als Aufwendungen und ein positives Jahresergebnis von 1,87 Millionen Euro ist 2022 geplant, dem ersten Jahr nach Ende des Stärkungspakts. Ausschlaggebend dafür sind unter anderem geplante Rekord-Gewerbesteuereinnahmen (dank hoher Nachzahlungen) über etwa 15,2 Millionen Euro oder auch die Auflösung einer Steuerrückstellung über 1,5 Millionen Euro. Das sieht gut aus – eigentlich. Denn die Gemeinde kommt trotzdem nicht drum herum, ein Haushaltssicherungskonzept bis 2031 aufzustellen, das zusammen mit dem Haushalt verabschiedet werden soll.

 

Bereits seit 2018 gibt es positive Haushaltsergebnisse am laufenden Band. Warum ist dieser Schritt also nun notwendig? „Die gemeindliche Bilanz“, so Mast, „ist nach wie vor überschuldet“. Zum Ende des Jahres 2020 steht ein negatives Eigenkapital von rund zehn Millionen Euro zu Buche. Zuletzt besaß die Gemeinde vor rund zehn Jahren Eigenkapital, das Ende 2011 aber restlos aufgezehrt war. Seitdem fährt Nümbrecht einen rigiden Sparkurs, auch im Rahmen des Stärkungspakts. Und die Haushaltsergebnisse wurden in der Tat besser, ohne dass man die Investitionen in Infrastruktur und die Zukunft der Gemeinde aufs Spiel setzte. Aber es gelang der Gemeinde nicht, wieder Eigenkapital zu bilden. Dies soll jetzt über das Haushaltssicherungskonzept gelingen.

 

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Nach jetzigem Planungsstand würde es der Gemeinde gelingen, 2031 wieder ein Eigenkapital über rund 6,7 Millionen Euro zu haben. Bürgermeister Hilko Redenius machte aber keinen Hehl daraus, dass die Zahlen, die der Planung zugrunde liegen, recht vage sind und sich schnell ändern können. Schon jetzt habe das Isolierungsgesetz, bei dem die Gemeinden ihre Pandemiebelastungen bis 2025 sozusagen herausrechnen können, um sie später über 50 Jahre auszugleichen, großen Anteil an den positiven Zahlen in den Plänen. „Das ist eine knappe Angelegenheit“, so Mast. Zudem seien sechs Millionen bei einem 40-Millionen-Haushalt nicht viel, so Redenius weiter. „Jedes Jahr ein positiver Haushalt, das muss unser Ziel bleiben.“ Er möchte verhindern, dass die Kommunalaufsicht der Gemeinde und damit den Bürgern horrende Steuersätze auferlegt.

 

Gleichzeitig sind die Hebesätze neben Kürzungen diverse Budgets aber auch eine Stellschraube, an der gedreht werden müsse. So beschloss der Rat am Mittwoch bereits einstimmig Erhöhungen. Die Grundsteuer A steigt von 320 auf 323 v.H., die Grundsteuer B von 481 auf 488 v.H., nur die Gewerbesteuer bleibt bei 499 v.H. Für einen Musterhaushalt (120 Kubikmeter Wasser/Abwasser, 20 Meter Frontlänge Grundstück, 80 Liter Restmüll, 240 Liter Papiertonne, 80 Liter Biomüll, Grundsteuer B), so rechnete Bürgermeister Redenius vor, bedeuten die Preiserhöhungen 4,90 Euro Mehrabgaben im Monat. „Das ist moderat.“ Nümbrecht habe weiter die zweitniedrigste Grundsteuer B im Kreis. Allerdings werde mit Ausnahme des Hebesatzes für die Gewerbesteuer auch in der mittelfristigen Finanzplanung eine weitere Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuern moderat in Höhe des Inflationsausgleiches eingeplant.

 

 Der Haushaltsentwurf in Zahlen (in Euro)


Erträge: 52,28 Millionen

Aufwendungen: 50,41 Millionen

 

Steuern: Grundsteuer A: 323 v.H. (+3), Grundsteuer B: 488 v.H. (+7), Gewerbesteuer: 499 v.H. (=)

 

Einnahmen:

Gewerbesteuereinnahmen: 15,2 Millionen

Einkommenssteueranteil: 8,5 Millionen

Grundsteuer B: 2,6 Millionen

Schlüsselzuweisungen: 0,57 Millionen

 

Ausgaben:

Personal: 6,54 Millionen

Investitionen: 27,82 Millionen

Kreisumlage: 16,6 Millionen

 

Kreditaufnahme: 14,87 Millionen

 

Kämmerer Mast sprach in Bildern, um die Situation zu verdeutlichen. „Zu Beginn des Stärkungspakts habe ich gesagt, dass wir in einen Tunnel fahren, da aber Licht am Ende des Tunnels ist. Jetzt kommt der nächste Tunnel. Und es ist wieder Licht am Ende.“ Die Herausforderungen seien aber groß.

 

Zumal die Gemeinde weiter investieren möchte. „Es bringt nichts, wenn wir den Haushalt sanieren und am Ende ist Nümbrecht kaputt“, machte Redenius deutlich. In den kommenden Jahren wird ein Schwerpunkt weiter auf dem Klimaschutz und der Digitalisierung liegen. Der Bürgermeister rechnete vor, dass beispielsweise die Förderung von bereits 223 Photovoltaikanlagen bei rund 335.000 Euro Fördergeldern von der Gemeinde 3,2 Millionen Euro an Investitionen seitens der Antragsteller generiert hätten. Klimaschutz stehe zwar an erster Stelle, aber auch die wirtschaftliche Seite sei wichtig.

 

Bei den Investitionen stehen vor allem Bildung, Gewerbe und Sicherheit im Mittelpunkt. Allein in diesem Jahr werden fast neun Millionen Euro für die Umgestaltung des Schulzentrums, des neuen Campus in die Hand genommen. Dazu kommen 5,4 Millionen Euro für die Erschließung des dritten Bauabschnitts im Gewerbegebiet Elsenroth. Redenius machte an dieser Stelle nochmals die Bedeutung von Gewerbe deutlich. „Ohne deren Steuern wäre kein Haushaltsausgleich möglich!“ Zudem sind noch 2,45 Millionen Euro für das Feuerwehrhaus Nümbrecht und rund 850.000 für das neue Sportzentrum (OA berichtete) eingeplant. Sämtliche Projekte werden auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2025 noch eine gewichtige Rolle spielen und werden teils mit hohen Summen gefördert, so auch der Sportpark, für den am Dienstag der endgültige Zuwendungsbescheid über drei Millionen Euro eintrudelte – natürlich sehr zur Freude von Rat und Verwaltung, die die Nachricht mit Applaus bedachten.  

 

[Grafik: Ahrens & Eggemann Architektur- und Ingenieurbüro --- Begonnen wird das Projekt der Sportanlagen-Sanierung mit dem Bau der neuen Tribüne und des neuen Sportlerheims für den SSV, voraussichtlich im Herbst 2022. Erst danach wird der Bestand abgerissen.]

 

Redenius lobte die Haushaltsdisziplin der vergangenen Jahre und bezog dabei den Rat mit seinen Entscheidungen ausdrücklich mit ein. Diese Arbeit müsse nun konsequent fortgeführt werden. Der Haushalt mit dem Sicherungskonzept soll am 23. Februar beschlossen werden.

 

Aus dem Rat:

 

Während die Erschließungs- und Erdarbeiten an der Erweiterung des Gewerbegebiets Elsenroth im Sommer begonnen haben, hat der Rat in nichtöffentlicher Sitzung nun das Auswahlverfahren zur Flächenvergabe beschlossen. Bei bisherigen Gewerbeflächen konnte die Gemeinde fast jedem Interessenten ein Angebot machen. Das geht bei Elsenroth III nicht mehr. 58 Anfragen gab es für 125.000 Quadratmeter zu vergebener Fläche, sowohl aus Nümbrecht als auch aus Nachbarkommunen und -kreisen. Bekannt ist das Interesse von Sarstedt, dort ein neues Logistikzentrum zu errichten.

 

Berücksichtigt werden können laut Redenius vermutlich zehn bis zwölf Anfragen, weshalb vom Rat eine Prioritätenliste aufgestellt und die Interessenten diverse Fragen beantworten mussten. Es wurden Punkte vergeben, sodass eine Reihenfolge erstellt wurde. Unter anderem ging es dabei um die Zahl der Arbeitsplätze. Nach dem Ratsbeschluss könne diese Reihenfolge nun nach und nach abgearbeitet und Verhandlungen aufgenommen werden, erklärt der Bürgermeister den Prozess. Die Gemeinde entwickelt den Gewerbepark selbst. Der Verkauf der Flächen soll die Entwicklungskosten abdecken.

 

Ebenfalls viele Interessenten wird voraussichtlich auch das neue Baugebiet für Familienwohnhäuser in Bierenbachtal (B-Plan: Bierenbachtal/Auf der Acht) anziehen. Die momentan 40 vorgesehen Bauflächen gehören der BEG. Die Erschließung ist über eine neue Zufahrt mit Linksabbiegerspur von der Wiehler Straße aus vorgesehen. Diese neue Anbindung ist erforderlich, um damit auch die seit Jahren immer größer werdenden Probleme in den Straßen „Lindenweg“ und „Auf der Art“ dauerhaft zu lösen, die durch die Engstelle am Naturdenkmal „Kaffeetrinkerlinde“ verursacht werden, heißt es in der Beschlussvorlage.

 

Ökologisch soll bei der Entwicklung an alles gedacht werden, betonte Redenius. Zur Förderung innovativer Mobilitätskonzepte seien entsprechende Infrastruktureinrichtungen im Baugebiet angedacht, um so z.B. ein Car-Sharing Modell mit E-Autos zu etablieren. Im südlichen Teil des Baugebiets gibt es einen Bereich, der einen Bestand mit alten Obstbäumen aufweist, der weitestgehend erhalten bleiben soll. Der Rat beschloss trotz beschleunigten Verfahrens ein zweistufiges Beteiligungsverfahren durchzuführen.

KOMMENTARE

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Der Verkauf des 4.000 m² Grundstücks im "Kurpark", für das geplante Medi Center, wird der gebeutelten Gemeinde ja dann wieder ein wenig Kleingeld in die leeren Kassen spülen!

U. Schmidt, 10.12.2021, 20:04 Uhr
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