POLITIK

Viele Aufgaben, leere Kassen

bv; 18.05.2021, 09:45 Uhr
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Viele Aufgaben, leere Kassen

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bv; 18.05.2021, 09:45 Uhr
Oberberg – Die Pandemie sorgt für ein Anwachsen des Schuldenbergs und behindert dringend notwendige Investitionen in Städten und Gemeinden.

Es gibt im kommunalen Bereich eine Spezies, die ist eigentlich nie so wirklich zufrieden. Wenn andere Etappenziele feiern, heben sie warnend den Zeigefinger. Für sie ist aus Vorsicht das Glas nie halbvoll, eher halbleer. Die Rede ist von den Kämmerern. Sie mahnen und warnen vor Ausgaben, die einen Etat über Gebühr belasten könnten, und sie sind die ersten, die dunkle Finanz-Wolken am Horizont erblicken, wenn andere es sich noch in der Sonne bequem machen. Doch diesmal droht auch den oberbergischen Kommunen – und natürlich nicht nur denen - eine Schlechtwetter-Front von mehreren Seiten, die eigentlich schon heute Alarmstufe Rot bedeuten müsste.

 

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Am ehesten sind dabei noch die aufgrund der Pandemie spürbaren Steuerausfälle zu prognostizieren. Die Mindereinnahmen belaufen sich auch in Oberberg im Millionenbereich, ein Betrag, der den Städten und Gemeinden in den Kassen fehlt und viele Investitionen verhindert. Hinzu kommen Einnahmeausfälle bei kulturellen Einrichtungen, in Schwimmbädern oder Kitas. Gleichzeitig werden aber gerade nach der Pandemie die sozialen Aufwendungen steigen, denn das Virus sorgt dafür, dass die Zahl der Bedürftigen steigt. Die Folgen von Arbeitslosigkeit und sozialer Not, gerade auch in Familien, dürften die Kommunen in den kommenden Jahren begleiten. Dabei hat der deutsche Staat schon Milliarden Euro an Soforthilfen zur Verfügung gestellt, um Menschen, die aufgrund des Lockdowns in Kurzarbeit gehen mussten oder ihre Beschäftigung verloren haben, zu unterstützen.

 

Fast eine halbe Billion Euro an zusätzlichen Schulden werden Ende des Jahres 2021 auf allen Bundesbürgern lasten. Der Schuldenstand wird Ende kommenden Jahres bei 2,7 Billionen Euro liegen. Und hier sind noch nicht die Kosten enthalten, die aufgrund des Klimaschutz-Urteils des Bundesverfassungsgerichts in den kommenden Jahren auf die deutsche Gesellschaft zukommen. In Kurzform lautet die Botschaft der Verfassungsrichter: Es gibt eine Generationengerechtigkeit, sodass Verpflichtungen und Lasten nicht in die Zukunft verschoben werden dürfen und lediglich die Jüngeren betroffen sind. Das bedeutet eben auch, dass Schulden nicht in eine ferne Zukunft verschoben werden dürfen.

 

Was das heißt, sollte einleuchten: Viele Kommunen, die sich gerade mühsam mithilfe des Stärkungspakts Stadtfinanzen aus dem Schuldensumpf herausgearbeitet haben, dürften in den kommenden Jahren sehr deutlich mit Aufgaben und Verpflichtungen belastet werden, ohne dass eine Kompensation denkbar wäre. Weder werden Bund und Länder die Kraft zu einer Finanzreform der Kommunen aufbringen, da ihr Bewegungsspielraum aufgrund der Schulden eingeschränkt ist, noch werden die Kommunen höhere Einnahmen generieren können. Die Schere zwischen reichen und ärmeren Städten und Gemeinden wird noch mehr auseinandergehen.

 

Das Schlimmste aber: In den Kommunen dürften dringend nötige Investitionen in die Infrastruktur ausbleiben. Straßen, Brücken, viele Gebäude, jahrzehntealte Wasserleitungen – der Hebel wäre an vielen Stellen anzusetzen. Gleichzeitig müsste auch „nach vorne“ investiert werden, in CO2-Minderung und die digitale Umsetzung von Zukunft. Doch ohne neue Schulden scheint dies alles unmöglich. Und Schulden werden in den kommenden Jahren zum Tabuthema der Politik werden. Wie also soll Daseinsvorsorge vor Ort in der nächsten Dekade gelingen?

KOMMENTARE

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Schwierig ist das alles. Zumal andere Länder an Digitalisierung zulegen und damit zu einer erheblichen Konkurrenz werden. Wenn es dem Unternehmen egal ist ob jemand aus dem Homeoffice in Deutschland, oder von jemanden beispielsweise aus Indien, oder von einem automatischen Softwaresystem erledigt wird - zeigt es klar auf was passieren wird. Rette sich wer kann!

Gregor Humboldt, 18.05.2021, 10:12 Uhr
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