POLITIK

Wegen Elterntaxis: Wird Goethestraße zur (fast) autofreien Zone?

lw; 13.09.2024, 11:20 Uhr
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Fotos: Lars Weber --- Ein Teil der Goethestraße könnte im nächsten Jahr zur Schulstraße werden.
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Wegen Elterntaxis: Wird Goethestraße zur (fast) autofreien Zone?

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lw; 13.09.2024, 11:20 Uhr
Waldbröl – Schulstraße an dieser Stelle wird konkreter – Mehr Sicherheit für Schüler ist das Ziel – Noch einige offene Fragen sind zu klären.

Von Lars Weber

 

Wildes Parken, enge Straßen, unübersichtliche und gefährliche Situationen für Kinder und Jugendliche: Die Stadt Waldbröl möchte das morgendliche Chaos rund ums Schulzentrum nicht länger hinnehmen. Sie möchte dort, in der Goethestraße als Zufahrtsstraße, Autos zeitweise rigoros ausschließen: Eine Schulstraße soll eingerichtet werden. Diese Möglichkeit bietet das Land NRW den Kommunen seit Februar, um Schüler vor Unfällen zu schützen und um zu verhindern, dass massenhaft Eltern ihren Nachwuchs mit dem Auto bis direkt vors Schultor bringen. Gleichzeitig soll damit der Rad- und Fußverkehr gestärkt werden. In der Praxis bringt dieses Ziel eine Menge offener Fragen mit sich. Der Waldbröler Mobilitätsmanager Rudolf Bergen hat den aktuellen Sachstand nun dem Bauausschuss vorgestellt. Die Umsetzung einer Testphase wird für das nächste Schuljahr angestrebt. Die größte Herausforderung: Der Verkehr soll sich nicht einfach nur woanders knubbeln.

 

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Bergauf führt die Goethestraße von der Vennstraße hoch, am Hollenberg-Gymnasium vorbei, bis zum Eingang der Gesamtschule. Links und rechts der Straße befinden sich einige Stellplatzmöglichkeiten, die von Oberstufenschülern, aber auch von Lehrkräften und Angestellten genutzt werden. Wenn es dann aber zwischen 7:10 und 7:35 Uhr richtig voll wird – tatsächlich kommen laut Bergen ein Großteil der rund 1.600 Schüler beider Schulen über die Goethestraße – seien es vor allem Eltern, die ihre Kinder bringen, wenden und wieder fahren, die für eine problematische Situation sorgten. Fast 1.000 Autos steuerten die Goethestraße an Schultagen an, wie eine Zählung ergab. An Wochenende seien es gerade mal bis zu 300 am Tag – wenn es hoch kommt.

 

Vor allem drei Konfliktbereiche hat Bergen ausgemacht, unter anderem an den Parkplätzen und jener Stelle, wo die Schüler, die vom Busbahnhof kommen, die Goethestraße queren möchten. Gerade in der dunklen Jahreszeit, wenn die Schüler schlechter zu sehen sind, wird es an jenen Stellen gefährlich. In den vergangenen Monaten fanden weitere Gespräche mit der Straßenverkehrsbehörde, der Polizei und den Anwohnern statt.

 

[Oben an der Gesamtschule ist für Autos Endstation - wenn die Schulstraße kommt, dürfen nur noch Schulangestellte und Anwohner sowie Personen mit Ausnahmegenehmigung an Schultagen soweit mit dem Auto fahren.]

 

Einen Unterschied soll nun die Einrichtung der Goethestraße als Schulstraße machen – Beginnen könnte sie nach jetziger Planung nach der Einmündung zum Roseggerweg hoch bis rein in den Schillerstraße sowie hoch zum Beginn des Höhenwegs.  Nur Angestellte der Schulen und die drei Anwohner der Goethestraße würden eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung zur Befahrung dieses Bereichs mit ihren Autos an Schultagen zwischen 7 und 16 Uhr erhalten – alle anderen müssen draußenbleiben. Motorisierte Schüler mit ihren Mofas dürften natürlich weiterhin die Straße befahrne.

 

Erfolgen soll das Verbot mit Schildern inklusive einer angemessenen Ankündigung der Verbotszone 100 Meter vorher. Während der Ferien können die Schilder zugeklappt werden. Eine Lösung mit Schranken verfolgt die Verwaltung schon allein aufgrund der Kosten über mindestens 40.000 Euro zunächst nicht. Die Schulstraße soll testweise für ein Jahr eingerichtet werden

 

Zwei Faktoren sind es, die maßgeblich über Erfolg und Misserfolg der Lösung entscheiden werden. Zum einen geht es um die alternativen Hol- und Bringzonen. Fünf Parkplätze habe die Stadt da im Blick, die allesamt Kapazitäten hätten, sagte Bergen. Dazu zählt zum Beispiel der Wohnmobilstellplatz an der Vennstraße oder der Parkplatz vor der Nutscheidhalle, aber auch der Parkplatz am Fachmarktzentrum am Raabeweg. 200 bis rund 500 Meter, länger müssten die Schüler von diesen Alternativen nicht bis zu ihrem Schuleingang gehen. „Das ist zumutbar“, meint Bergen.

 

Manche Eltern nutzten auch jetzt schon andere Routen, allerdings nur mit dem Effekt, dass der Höhenweg oder die Schillerstraße verstopft würden. Von der vorherrschenden Rücksichtslosigkeit erzählte ein Anwohner der Schillerstraße bei der Sitzung. Dort fahren die Eltern bis zur Schranke an der Schule: „Jeden Morgen stapelt sich bei uns der Verkehr, Kinder werden sogar von Autos touchiert, die Fahrer hauen einfach ab.“ Hinzu kommen Schäden an Mauern oder Zäunen. „Seit acht Jahren verfolgt uns das Thema schon.“ Wie ist also zu verhindern, dass Eltern schlicht auf Nebenstraßen rund um das Schulzentrum ausweichen und dafür jene Optionen nutzen, die sicher und bequem anzufahren sind?

 

[Durch die Schillerstraße werden Kinder teils bis zur Schranke gebracht und sorgen für gefährliche Situationen, so ein Anwohner.]

 

Das ist der andere Faktor, auf den es ankommen wird: die Kommunikation der Maßnahme über die Kinder und die Schule, über Elternbriefe, über die Medien, vielleicht mit einem Schulstraßenfest oder auch mit einem Banner, das auf die veränderte Situation hinweist. Mit an Bord ist auch die Polizei. Sie soll bei der Einführungswoche dabei sein – und nicht lange fackeln, wenn es um die Durchsetzung der neuen Regelung geht. Ab dem zweiten Tag könnte bei einem Verstoß schon ein Bußgeld über 55 Euro fällig werden. Auch nach der ersten Woche sollen regelmäßige Stichproben stattfinden.

 

Die Polizei unterstütze die Maßnahme vollumfänglich, auch die Straßenverkehrsbehörde habe generell grünes Licht signalisiert. Da es bisher nur wenig vergleichbare Projekte gibt, wurde der Stadt seitens der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine kostenfreie Evaluation angeboten, um die Maßnahme umfassend zu begleiten und bewerten zu können. Eben weil es allerdings bisher nur drei Städte gebe, die sich an die Einrichtung einer Schulstraße herangewagt hätten, seien weiterhin noch diverse Detailfragen klären. Ganz besonders geht es da um die Ausnahmeregelungen, um Konsequenzen für die Anwohner, aber auch um ergänzende Baumaßnahmen, wie eine Aufpflasterung als Querungshilfe für die Schüler. Anfang des neuen Jahres möchte Bergen den Plan erneut in den Ausschuss bringen. Zum neuen Schuljahr 2025/2026 soll der Versuch starten.

 

Hat das Verkehrsexperiment Erfolg, könnte im Anschluss an die Testphase eine Teil-Entwidmung der Goethestraße die Folge sein.

KOMMENTARE

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Die Straßen und Gehwege sind öffentlich und somit sind alle Bürger berechtigt diese zu nutzen. Ich sehe keinen zwingenden Grund diese Sperrung durchzuführen.

Thomas Wandelmann, 25.09.2024, 13:06 Uhr
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