POLITIK
Wegen OGS-Anspruch: „Wir werden an jedem Standort bauen müssen“
Nümbrecht – Räumlicher Bedarf wird Nümbrecht vor große Herausforderungen stellen - Schulentwicklungsplan aber mit vielen positiven Nachrichten für Gemeinde.
Von Lars Weber
Eine gute demografische Entwicklung, stabile Schülerzahlen und einige Denksportaufgaben: Dies sind die Eckpunkte des Schulentwicklungsplans, der am Mittwochabend bei der Sitzung des Nümbrechter Schulausschusses von Marvin Schlicht vom Planungsbüro „Biregio“ vorgestellt worden ist. Anlass für den Auftrag der Verwaltung, sich die Statistiken einmal genauer anzuschauen, waren zum einen die geplanten Neubaugebiete auf der Sängertshöhe und in Bierenbachtal. Zum anderen beschäftigt die Gemeinde der beschlossene Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2026/27. Der neue Schulentwicklungsplan bezieht sich nun auf die Schuljahre 2021/2022 bis 2027/2028 mit einem Ausblick über das Jahr 2035 hinaus.
Die Statistiken zu den Bevölkerungszahlen in Nümbrecht zeigen, dass sich die Geburten in der Gemeinde auf einem guten Niveau befinden. Beispielsweise gab es im Einzugsbereich der Grundschule Gaderoth mehr als 60 Geburten in einem Jahr, vor zehn Jahren waren es nicht einmal 40 gewesen. Profitieren würde die demografische Entwicklung von vielen Zuzügen der etwa 35- bis 45-Jährigen, die mit ihren Kindern in die Region kämen. Bürgermeister Hilko Redenius betonte, wie wichtig es für diese Gruppe sei, passenden Wohnraum anbieten zu können. „Der Bestand wird nicht so schnell frei, sodass wir da aktiv bleiben müssen.“ Allerdings, so stellte Schlicht heraus, verließe die Altersgruppe der 15- bis 30-Jährigen die Gemeinde überproportional. „Eine Aufgabe wäre es, diese hier zu halten“, so Schlicht.
Entsprechend der Bevölkerungszahlen und des Wohnangebots sieht Schlicht eine stabile Entwicklung der Grundschülerzahlen. Sind es dieses Jahr 634, so prognostiziert Schlicht einen Anstieg bis 25/26 auf über 700. Das Niveau werde anschließend gehalten. Die Zügigkeiten sollten alle zunächst beibehalten werden können. In Grötzenberg – gerade einzügig - seien beispielsweise in Einzeljahren Mehrklassen denkbar. Für Marienberghausen deute sich 25/26 eine Mehrklasse an, die bei den derzeitigen räumlichen Verhältnissen kaum unterzubringen sei.
Durchschnittlich 51,5 Prozent der Eltern haben momentan ein Betreuungsangebot nach der Schule gebucht. Wird allerdings die „8 bis 1“-Betreuung herausgerechnet, nutzten gerade nur rund 32 Prozent die Möglichkeit, ihr Kind im Offenen Ganztag unterzubringen. Schlicht ist aber davon überzeugt, dass diese Zahlen künftig steigen werden. „Gerade auch Zugezogene, die ein Haus gekauft haben, müssen beide arbeiten gehen und haben bei der Kinderbetreuung einen großen Bedarf.“
In der Ermittlung des Raumbedarfs geht man für die Umsetzung des Rechtsanspruchs davon aus, dass 80 Prozent der Eltern die OGS in Anspruch nehmen wollen für ihren Nachwuchs. Redenius warnte in diesem Zusammenhang vor Kaffeesatzleserei. Natürlich könnte man davon ausgehen, dass aufgrund des Bevölkerungsklientels vielleicht höchstens 60 Prozent von dem Angebot Gebrauch machen werden und die Räume danach ausrichten. Wenn es aber mehr würden, hätte Nümbrecht den Rechtsanspruch nicht erfüllt.
So sieht es an den weiterführenden Schulen aus
Nach der Grundschule schickt fast die Hälfte der Eltern ihre Kinder auf das Gymnasium (2021/22: 47 Prozent). Immerhin noch 26 Prozent wählen für den Nachwuchs eine Sekundarschule. Die Gesamtschule folgt mit 17 Prozent, gewinnt aber an Beliebtheit. Die Entwicklung spiegelt sich auch an den Nümbrechter Schulen wider. Für die kommenden Jahre erwartet Schlicht eine stabile 3-Zügigkeit für die Sekundarschule und eine volle 4-Zügigkeit für das HGN. Dessen Schulleiter Thorgai Wilmsmann freut sich, dass sich die pädagogische Arbeit und auch die großen Investitionen auszahlten. „Der Bildungscampus wird nach Bedarf gebaut“, bekräftigte er. Die stabilen Zahlen für die Sekundarschule bewiesen laut Redenius, dass die Entscheidung für einen großen Bildungscampus richtig war. Auch wenn die Konkurrenz der Gesamtschulen groß ist und die Sekundarschule in der öffentlichen Wahrnehmung einen schwierigen Stand habe, so ist Schlicht überzeugt: „Die Eltern haben die Sekundarschule nicht abgeschrieben.“
Während Schlicht die jetzige Ausstattung der Grundschulen lobte, müsse die Gemeinde aufgrund des OGS-Rechtsanspruchs an allen Standorten räumlich nachsteuern. So sei beispielsweise in Gaderoth die Mensa bei höheren OGS-Quoten zu klein, schon jetzt werde fürs Essen ausgewichen. Immerhin sieht Schlicht gute Erweiterungspotenziale. Etwas, was er bei der Grundschule Nümbrecht nicht getan hat. Die Bauweise des Gebäudes und die Strukturen vor Ort würden eine Erweiterung schwierig machen.
Die Mensa stelle auch in Marienberghausen eine Herausforderung dar. „Eine Möglichkeit ohne Baumaßnahme bestünde gegebenenfalls im gegenüberliegenden Gebäude, in dem derzeit noch eine Wohnnutzung besteht. Dies wäre zu prüfen“, so Schlicht. Auf einen Platzmangel wies auch Schulleiterin Ingrid Becher-Schumacher hin, obwohl die Räume erst vor zwei Jahren bezogen wurden. „Bei der OGS gibt es Wellenbewegungen. Wenn der Rechtsanspruch kommt, wissen wir nicht mehr wohin.“ Neben den Raumfragen beschäftigten sie aber auch noch andere: „Haben wir überhaupt das Personal für die Kinder?“ Antworten darauf müssen später gefunden werden.
„Wir werden an jedem Standort bauen müssen“, sagte Bürgermeister Redenius. „Und da es keine Förderung für den Schulbereich gibt, kommen da einige Milliönchen auf uns zu.“ Die Fraktionen sollen nun über den Schulentwicklungsplan zunächst intern sprechen, bevor das Papier im Schulausschuss zur Diskussion gestellt wird. Der Rat soll dann im November beschließen.
OGS-Betreuung alle fünf Tage
Nachdem für lange Zeit Eltern ihre Kinder beispielsweise auch nur drei Tage im Offenen Ganztag in Nümbrecht abgeben durften, ist diese Option im neuen Schuljahr weggefallen. Die „laxe Handhabe“ sei nicht rechtsgültig gewesen und die Verwaltung hätte die Fördergelder von Land und Kreis riskiert, wenn sie diese Regelung aufrecht erhalten hätte, so die Erklärung von Bürgermeister Hilko Redenius auf eine Anfrage der Grünen. Kritik hatte es von Dr. Iris Kunadt (Grüne) an der Kommunikation der Verwaltung gegeben, unter anderem seien die OGS-Leitungen spät informiert worden. Dafür entschuldigte sich Redenius. Er ergänzte zum Thema, dass das aktuelle Betreuungsangebot auf fünf Tage durchgerechnet und auch das pädagogische Programm darauf ausgelegt sei. Wolle die Gemeinde noch flexiblere Optionen anbieten, müsste sie die Kosten dafür zu 100 Prozent an die Eltern weitergeben.
KOMMENTARE
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Wäre ja auch schön, wenn man Ü3 Kindern zukünftig auch einen Platz in einer KiTa der Gemeinde anbieten könnte. Das wird die nächsten Jahre nicht besser und ich hoffe das dieses Thema mindestens genauso auf der Agenda des Bürgermeisters steht.
Nümbrechterin, 16.09.2022, 16:22 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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