POLITIK

Rolle rückwärts: Ursprünglicher Haushalt beschlossen

lw; 06.05.2021, 19:37 Uhr
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Rolle rückwärts: Ursprünglicher Haushalt beschlossen

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lw; 06.05.2021, 19:37 Uhr
Oberberg – CDU/FDP/FWO/DU/UWG haben mit ihrem Antrag Erfolg - Vermittlungsgespräche finden nicht statt - Keine weitere finanzielle Entlastung der Kommunen - Ausgleichsrücklage bleibt bestehen (AKTUALISIERT).

+++4. Meldung (Donnerstag, 19:35 Uhr)+++

 

Der Kreistag hat bei seiner heutigen Sitzung im Kulturzentrum von Lindlar im zweiten Anlauf den Haushalt für das aktuelle und das kommende Jahr beschlossen. Allerdings lief die Sitzung nicht so, wie das am Anfang der Woche die meisten Kreistagsmitglieder gedacht hatten. Nach den Anträgen von CDU/FDP/FWO/DU/UWG und der Opposition aus SPD, Grünen und Die Linke war die Stimmung von Anfang sehr angespannt. Der Vorschlag der Opposition, die Entscheidung über den Haushalt zu vertagen, um in Vermittlungsgesprächen zwischen Kreis, Kreistagsfraktionen sowie den Bürgermeistern und Ratsmitgliedern wieder zueinander zu finden, um zu einer für alle Seiten akzeptablen Lösung zu kommen, wurde in anonymer Abstimmung mehrheitlich (34:27) abgelehnt.

 

Damit war der Weg frei für den Antrag von CDU/FDP/FWO/DU/UWG, den Beschluss aus der vergangenen Sitzung des Kreistags rückgängig zu machen und den im März zur Abstimmung stehenden Haushaltsentwurf der Verwaltung zu beschließen (34:29). Damit wird die Ausgleichsrücklage über 6,5 Millionen Euro nicht zum Ausgleich des Haushalts aufgewendet, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Kommunen keine finanziellen Erleichterungen in diesem und im kommenden Jahr über die Umlage erwarten dürfen.

 

Während die Fraktionschefs von CDU, FDP/FWO/DU und UWG erneut auf die großen Risiken des kompletten Einsatzes der Ausgleichsrücklage hinwiesen und ihren Antrag verteidigten, prangerten SPD, Grüne, Die Linke und auch die AfD das Demokratieverständnis der restlichen Fraktionen an. „In einer Demokratie wird akzeptiert, wenn man verloren hat“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Wurth mit Verweis auf den gefassten Beschluss bei der Sitzung Ende März. Der Antrag von CDU/FDP/FWO/DU/UWG sei „eine Ohrfeige für die Kommunen“.

 

Weitere Informationen gibt es hier.

 

+++3. Meldung (Donnerstag, 11:35 Uhr)+++

 

Einen Tag nach dem Antrag von CDU/FDP/FWO/DU/UWG folgt nun die Antwort der Opposition – ebenfalls in Form eines Antrags. Demnach fordern SPD, Grüne und Die Linke den Tagesordnungspunkt bei der heutigen Sitzung im Kulturzentrum in Lindlar ab 15 Uhr, bei dem über die Haushaltssatzung entschieden wird, abzusetzen. Stattdessen sollte Landrat Jochen Hagt gemeinsam mit den Fraktions- und Gruppenvorsitzenden im Kreistag umgehend Gespräche mit den Bürgermeistern und Vertretern der Räte führen, „um die in dieser Frage offensichtlichen Interessenskonflikte zu diskutieren“. Ziel dieses Gesprächs solle sein, eine einvernehmliche Lösung bei der Festsetzung der Kreisumlage zu vereinbaren, heißt es weiter. Zur Abstimmung soll der mögliche Vorschlag dann in der Kreistagssitzung am 24. Juni kommen.

 

Am Antrag von CDU/FDP/FWO/DU/UWG lässt die Opposition kein gutes Haar. „Der eingebrachte Antrag widerspricht dem im Ältestenrat am 21. April gewonnenen Eindruck. Eine Mehrheitsentscheidung des Kreistags gegen die Beratungen des Ältestenrates ist ein Novum in diesem Kreistag.“ Die von den Antragstellern vorgebrachten Risiken seien nicht beziffert und einen Vorschlag für eine geänderte Haushaltssatzung legten sie ebenfalls nicht vor.

 

+++2. Meldung (Mittwoch, 10:40 Uhr)+++

 

Der Zusammenschluss aus CDU/FDP/FWO/DU/UWG möchte den gefassten Beschluss aus der vergangenen Kreistagssitzung rückgängig machen und die Ausgleichsrücklage nicht komplett für den Haushaltsausgleich einsetzen. Das geht aus einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen hervor, der gestern beim Landrat eingegangen ist. „Wir haben dieses Vorgehen intensiv diskutiert und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt CDU-Fraktionschef Michael Stefer auf Nachfrage, „aber auf lange Sicht wäre der komplette Einsatz der Ausgleichsrücklage einfach ein großer Fehler.“ In der Begründung des Antrags heißt es, dass „die Konsequenzen der Auflösung der Ausgleichrücklage nicht nur für viele Leistungen und für die Umsetzung von Beschlüssen des Kreistages eine Gefährdung wäre, sondern auch für die Städte und Gemeinden eine große Unsicherheit der Finanzplanung“ darstelle.

 

Der Gesetzgeber fordere von den Städten und Gemeinden sowie den Kreisen als wichtigsten Haushaltsgrundsatz die „Sicherung einer stetigen Erfüllung der Aufgaben“. Dabei dürfe man nicht nur an das Hier und Jetzt denken, sondern die Politiker müssten Weitsicht beweisen. Jegliche Handlungsspielräume aufzugeben sei fatal. „Finanzielle Risiken erweisen sich im Ergebnis als Zeitbomben, für die nicht die Frage zu beantworten ist, ob sie explodieren, sondern wann sie explodieren“, heißt es weiter.

 

Aufgrund der angespannten finanziellen Situation bei einem Einsatz der Ausgleichsrücklage würden die Planansätze in künftigen Kreishaushalten tendenziell steigen, um etwaige Risiken anders auffangen zu können – und so die Kommunen stärker belastet. Die Koalition im Schulterschluss mit der UWG möchte deshalb den Einsatz der - nur noch geringfügig vorhandenen - Ausgleichsrücklage im Rahmen des Doppelhaushaltes 2020/2021 lediglich in dem von der Verwaltung bei der Einbringung des Haushalts vorgeschlagenen Umfang.

 

+++Ursprungsmeldung (Dienstag, 14:50 Uhr)+++

 

Von Lars Weber

 

Besonders für die Grünen-Fraktion im Kreistag war es ein großer Erfolg gewesen, als ihr Antrag Ende März beim Kreistag in anonymer Abstimmung eine hauchdünne Mehrheit fand und eine Verabschiedung des vorgelegten Haushaltsentwurfs unmöglich machte. Die Grünen – wie auch die SPD in einem ähnlich gelagerten Antrag - forderten, die Ausgleichsrücklage des Kreises zum Haushaltsausgleich einzusetzen und damit die Kreisumlage für die Städte und Gemeinden zu reduzieren (OA berichtete). Zuzeiten der Pandemie sollte damit ein Zeichen gesetzt und die Kommunen entlastet werden. Inzwischen hat Kreisdirektor und Kämmerer Klaus Grootens neu gerechnet. Entschieden wird am Donnerstag in einer Sondersitzung des Kreistags ab 15 Uhr im Lindlarer Kulturzentrum.

 

Bevor die Kreistagsmitglieder aber über den neuen Entwurf abstimmen, müssen sie zunächst die Entscheidung darüber treffen, in welcher konkreten Höhe die Ausgleichsrücklage in den Haushaltsjahren 2021 und 2022 eingesetzt wird. Basis dafür ist die Ermittlung des voraussichtlichen Stands der Ausgleichsrücklage zum Ende des Jahres 2020.  Damit hält sich der Kreis an die Ergebnisse eines eingeholten Rechtsgutachtens, der den Beschluss der Kreistagsmitglieder überprüft hatte.

 

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Ein Problem des Beschlusses: Der Wortlaut des Antrags bezog sich auf die Höhe der Ausgleichsrücklage von Ende 2019. Seitdem haben sich die damals noch zwölf Millionen Euro aber unter anderem durch höhere Kosten beim Rettungsdienst, den Mehrbedarf an Pensionsrückstellungen oder auch den Verlustausgleich der OVAG fast halbiert auf voraussichtlich rund 6,5 Millionen Euro. Laut Rechtsgutachten habe der Beschluss zwar trotzdem Bestand, der Kreistag solle aber die konkrete Höhe der einzusetzenden Kreisumlage in einem ergänzenden Beschluss festlegen.

 

Drei Varianten hat Kreisdirektor Grootens dafür errechnet. Bei den ersten beiden Varianten würde die Ausgleichsrücklage jeweils vollständig für den Ausgleich des Haushalts im aktuellen Jahr beziehungsweise im kommenden Haushaltsjahr 2022 eingesetzt. Die Folge: Die Kreisumlage sinkt in dem jeweiligen Jahr deutlich. Bei der dritten Variante wird die Rücklage auf beide Haushaltsjahre verteilt und würde zu Entlastungen in beiden Haushaltsjahren führen. Insgesamt zahlen die Kommunen so rund zehn Millionen Euro weniger an den Kreis (Hebesatz 2021: 37,69 (im bisherigen Haushaltsentwurf 38,89); 2022: 38,33 (39,75)). An der Finanzierung der Kosten für die Ordnungspartnerschaft Sicherheit aus der Ausgleichsrücklage würde sich 2021 und 2022 nichts ändern. Die Verwaltung macht in der Beschlussvorlage aber deutlich, dass die Kosten anschließend über die Kreisumlage oder von den Kommunen selbst finanziert werden müssen.

 

Diese dritte Variante wurde von der Verwaltung bei einer Sitzung des Ältestenrats vorgeschlagen. Widerspruch aus den Reihen der Mitglieder habe es nicht gegeben. Fällt die Wahl beim Kreistag auf die Variante drei, könnte anschließend der aktualisierte Haushaltsentwurf beschlossen und verabschiedet werden.

 

Kreisdirektor Grootens zeigt in den Erläuterungen der Beschlussvorlage die Folgen des Einsatzes der Ausgleichsrücklage aus Sicht der Verwaltung auf. „Bereits geringfügige negative Rechnungsergebnisse in Folgejahren werden eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts auslösen.“ Auch ein Rücklagenpuffer bei unterjährigen Haushaltsverschlechterungen fehle. So wurde beispielsweise das Defizit bei der OVAG über 3,6 Millionen Euro auf diese Art gestopft. Ohne Ausgleichsrücklage hätte woanders gespart werden müssen, zum Beispiel hätten notwendige Beschaffungen nicht getätigt oder Baumaßnahmen auf Kreisstraßen verschoben werden müssen. Für die Haushalte nach 2021 ergeben sich laut Grootens „große Risiken“.

KOMMENTARE

1

Sparen ist für den Kreis noch immer ein Fremdwort.

Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts oder die Tatsache, dass ohne Ausgleichsrücklage hätte woanders gespart werden müssen sind laut Grootens „große Risiken“?
Für viele kreisangehörige Kommunen ist dies der Alltag!

Warum soll der Kreis nicht auch ein bischen sparen, oder wie beim Haushaltssicherungskonzept erforderlich, darüber nachdenken wo eingespart werden kann?

Was wir beschließen/zum Fenster rausschmeißen müssen die Kommunen halt bezahlen.
War schon immer so, also weiter so.

Hilfe wie kann man das nur stoppen?

Ein Bergneustädter, 04.05.2021, 23:16 Uhr
2

Oooh, wie kann ich meinem Vorredner nur zustimmen. Man bekommt auch durch die von Herrn Grootens getätigten Aussagen erneut das Gefühl, dass der Kreis gar keine Lust hat zu sparen. Ja, dann muss es halt so sein. Fangen Sie an. Mir ist es schon lange nicht verständlich wieviel Personal der Kreis aufbaut und da rede ich sicher nicht von dem pandemiebedingten Personal.
Man bekommt den Eindruck, dass "oben" gar nicht weiß, dass "unten" u. U. noch Potential schlummert, welches nicht ausgeschöpft wird. Stattdessen lieber direkt neu einstellen. Weg vom "Weiter so"!

Kaufmann, 05.05.2021, 11:18 Uhr
3

"Zusammenschluss aus CDU/FDP/FWO/DU/UWG möchte den gefassten Beschluss aus der vergangenen Kreistagssitzung rückgängig machen."
Oder kurz übersetzt: Wir die CDU/FDP/FWO/DU/UWG wollen alle unsere Pfründe behalten. Die Kommunen müssen darum halt eine höhere finanzielle Belastung stemmen.
Ich bin nur gespannt wie die gewählten CDU Direktkandidaten dass ihren Heimatkommunen verkaufen wollen. Der Bergneustädter Vertreter heißt:
Ralf Siepermann und schreibt auf seiner Internetseite:
"Aktiv. Für Bergneustadt. Im Kreistag."
Die Punkte sollen wohl hauptsächlich Trennen, nicht dass jemand auf die Idee kommt Herr Siepermann wäre für Bergneustädter Interessen im Kreistag!

Ein Bergneustädter, 05.05.2021, 19:05 Uhr
4

Der OBK hat es nicht so mit dem Sparen. Ist möglich, dass vom OBK Personal auf andere Einrichtungen oder Gesellschaften im Wege von Dienstleistungsverträgen ausgelagert ist

Wiehler, 06.05.2021, 15:37 Uhr
5

Dieses Verhalten der Koalition ist einfach nur schäbig. Die verantwortlichen Personen sollten sich schämen. Viele Oberberger werden das nicht vergessen. Die nächste Wahl kommt bestimmt.

Melati , 07.05.2021, 09:09 Uhr
6

Es ist mir unbegreiflich. Aber wie man ja auch hier bereits sieht - es interessiert eh schon keinen mehr was die Politik macht. Und man kann es (leider) fast verstehen.
Ich kann nur nochmal appellieren: Der Kreis MUSS endlich auch einmal anfangen in den eigenen Reihen nach Sparpotential zu suchen und Personalressourcen vernünftig auszuschöpfen!
Politisch in meinen Augen ein Trauerspiel was da abläuft, zumal die Kreistagsvertreter ja auch in den Kommunen sitzen.
Da hatte einer mal Mut in der letzten Abstimmung und was ist passiert? Man kann es sich denken. Auf Linie gebracht.

Kaufmann, 07.05.2021, 10:04 Uhr
7

Vom Oberbergischen Kreis hat man nichts gutes zu erwarten.
Die CDU und FDP würde ich niemals wählen. Der Landrat hat nach seiner Wiederwahl nun endlich die Maske fallen lassen und sein Gesicht gezeigt als Dankeschön ans Wahlvolk. Die Deutschen sind leider zu dumm.

Uwe Märtens, 07.05.2021, 10:32 Uhr
8

Wenn man in einer Demokratie lebt, dann muss man sich darauf verlassen können, dass mehrheitlich getroffene Entscheidungen Bestand haben..
Die erwähnten Fraktionen im Kreistag sehen dies anders.
Zunächst werden teure juristische Gutachten eingeholt. Ohne Erfolg.
Dann stellte man kurzfristig den Antrag vom März erneut, diesmal mit Erfolg.
Darf man einen Beschluss kippen, nur weil er einem nicht in den politischen Kram passt?
Und wie glaubwürdig sind die, die im Kreistag und im Stadtrat ein Mandat haben,
wie die Wiehler CDU Fraktionsmitglieder Moritz Müller und Marc Becker, wenn sie zwar die Finanzprobleme vor Ort sehen, sich aber immer wieder gegen eine finanzielle Konsolidierung der Kommune entscheiden?
Im Falle der Stadt Wiehl hätte die Entlastung circa 500 000 € betragen.

Jürgen Körber, 07.05.2021, 12:16 Uhr
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