POLITIK

Zahl der Ausbildungsstellen bei Notfallsanitätern soll verdoppelt werden

lw; 05.05.2023, 16:00 Uhr
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Zahl der Ausbildungsstellen bei Notfallsanitätern soll verdoppelt werden

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lw; 05.05.2023, 16:00 Uhr
Oberberg – Kreis will Fachkräfteproblem in der Rettung selbst lösen, weil auf dem Markt keine Mitarbeiter mehr zu bekommen sind – Anpassung des Rettungsdienstbedarfsplans nötig – Ausschuss befürwortet zudem Telenotarzt-System.

Von Lars Weber

 

Wenn ein Anruf wegen einem medizinischen Notfall eingeht, sind sie meist die ersten, die am Ort des Geschehens ankommen und wichtige Entscheidungen treffen müssen: die Notfallsanitäter. Sie spielen natürlich auch im Oberbergischen Kreis eine entscheidende Rolle. Schon bei der Verabschiedung des Rettungsdienstbedarfsplans im Sommer 2021 (OA berichtete) wurde die Anzahl der Auszubildenden-Stellen in diesem Bereich von elf auf 25 aufgestockt. Der Restbedarf an Personal sollte über den Arbeitsmarkt gedeckt werden. „Dort gibt es aber niemanden mehr“, sagte die zuständige OBK-Dezernentin Birgit Hähn am Mittwoch den Mitgliedern des Kreisgesundheitsausschusses bei der Sitzung im Kreiskrankenhaus Gummersbach. Nun möchte der Kreis selbst für das notwendige Personal sorgen – und noch mehr ausbilden, wofür der Rettungsdienstbedarfsplan angepasst und mit den Kostenträgern nachverhandelt werden muss.

 

Das Problem des Fachkräftemangels bestehe in diesem Bereich landesweit. „Und landesweit gibt es keine Lösung“, so Hähn weiter. Also möchte der Kreis dies nun auf lokaler Ebene tun, mit der Agewis (Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren) hat der OBK die grundsätzlichen Strukturen, um diese Aufgabe anzugehen. Dabei wird eine Verdoppelung der Auszubildenden-Zahlen angestrebt, was auch eine Erhöhung der Praxisanleiter-Stellen und der Raumkapazitäten nach sich ziehen würde. Im Detail möchte der Kreis bis zu 50 Notfallsanitäter pro Jahr ausbilden. Auf die Ausbildungsdauer von drei Jahren gesehen bedeutet dies 150 statt 75 Azubis im System.

 

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Diese Erhöhung kann allerdings nur sukzessive erfolgen, da sowohl die Ressourcen der Rettungsfachschule als auch die Plätze für die notwendigen Klinikpraktika begrenzt sind und schrittweise erhöht werden müssen. Die Zahl der Funktionsstellen Praxisanleitung soll in diesem Zusammenhang von 32 auf rund 86 Stellen bis 2026 wachsen.

 

Probleme, die Ausbildungsstellen zu besetzen, würden sie voraussichtlich nicht haben, so Jörg Ossenbach, Abteilungsleiter Rettungsdienst. Allein bei der vergangenen Bewerbungsrunde habe es rund 200 Interessierte gegeben. Und tatsächlich würden nach der Ausbildung auch 90 Prozent der Mitarbeiter beim Kreis bleiben. Die Erhöhung der Ausbildungsstellen solle nur solange betrieben werden, bis man die angestrebte Teamstärke erreicht habe, um die Ziele des Rettungsdienstbedarfsplans einhalten zu können.

 

Bei den Personalkosten geht die Verwaltung von keinen Mehrkosten aus, da es aufgrund aktuell nicht besetzter Stellen Einsparungen in diesem Bereich gibt. Es sei abzusehen, dass die jeweiligen Personalkostenbudgets nicht vollständig ausgeschöpft werden, sodass die in den Folgejahren eventuell entstehenden Mehrkosten aus Gebührenüberschüssen im Jahr 2023 kompensiert werden können, heißt es in der Beschlussvorlage dazu.

 

Hähn machte keinen Hehl daraus, dass das Mehr an Auszubildenden für das Raumprogramm des Kreises weitreichende Konsequenzen haben wird, über die sie bereits mit Kreisdirektor Klaus Grootens gesprochen habe. Die Dezernentin sieht diesen Schritt aber als „einzige Lösung“ für das Fachkräfteproblem. Die Politik möchte diesen Weg mittragen. Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses gaben einstimmig grünes Licht für die Nachverhandlungen. Entscheiden wird letztlich der Kreistag bei seiner Sitzung am 1. Juni. Bis zu einem Ergebnis mit den Kostenträgern könnte es aber noch ein steiniger Weg werden, so Hähn.

 

Ina Albowitz-Freytag (FDP) freute sich, wenn man noch mehr jungen Menschen die Chance dieser Ausbildung geben könnte. Dr. Roland Adelmann (SPD) wies darauf hin, dass die Sozialdemokraten schon häufiger diesen Vorschlag gemacht und die Entwicklung vorausgesehen hätten. „Das hätte man früher anplanen können.“ Heidrun Schmeis-Noack (SPD) ergänzte, dass der Kreis über Bonusleistungen nachdenken müsse, um die ausgebildeten Fachkräfte später weiter halten zu können, um sie nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Die Verwaltung bestätigte, dass man bereits einige Angebote habe und über weitere nachdenke.

 

Telenotarzt-System geht 2024 an den Start

 

Ein weiterer „Schritt in die Zukunft“ im Rettungswesen stellt die „öffentlich-rechtliche Vereinbarung Telenotarzt“ zur Zusammenarbeit des OBK mit dem Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis, Kreis Soest, Kreis Olpe und Kreis Siegen-Wittgenstein da, die der Ausschuss ebenfalls einstimmig dem Kreistag zum Beschluss empfahl. Wie Ralf Mühlenhaus, Leiter des Amts für Rettungsdienst, Brand- und Bevölkerungsschutz, sagte, erprobe man diese Technik schon seit Beginn der Pandemie. Das Land Nordrhein-Westfalen plant die flächendeckende Einführung eines Telenotarzt-Systems bis 2025. Das Angebot der Kreise – die gemeinsam die Abdeckung der Mindesteinwohnerzahl von einer Million überschreiten - soll schon im kommenden Jahr an den Start gehen.

 

Die Einführung ist auch eine Reaktion auf den Mangel an Notärzten gerade im ländlichen Raum. Das Telenotarzt-System ermöglicht einem speziell ausgebildeten Notarzt, der sich zum Beispiel in einer Leitstelle aufhält, sich per Telemetrie in den Rettungswagen am Einsatzort zuzuschalten und das dort tätige Rettungsdienstpersonal anzuleiten und zu unterstützen, erklärt der Kreis. Zu diesem Zweck können dem Telenotarzt über Funkverbindung benötigte Daten und Messwerte oder auch Fotos übermittelt werden. Ferner kann der Telenotarzt den Transport vom Einsatzort ins Krankenhaus oder die Verlegung von Notfallpatienten aus heimischen in weiter entfernte Krankenhäuser begleiten.

 

Der Kreis Soest übernimmt die Kernträgerschaft für die administrativen Aufgaben. Im Übrigen soll jeder teilnehmende Kreis einen Telenotarztstandort betreiben, der alternierend über das Jahr besetzt ist.

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