RECHTECK

Bei mangelnder Aufsicht des Kindes wird es teuer

Red; 01.06.2024, 10:30 Uhr
RECHTECK

Bei mangelnder Aufsicht des Kindes wird es teuer

Red; 01.06.2024, 10:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.

Von stud.iur. Merve Altin 

 

Wer kennt es nicht: Sobald man ein Kind für einen Moment aus den Augen lässt, hat es etwas angestellt. Da stellt sich die Frage: In welchem Rahmen habe ich meiner Aufsichtspflicht für ein Kleinkind nachzukommen?

Zunächst einmal: Ja, es besteht eine Aufsichtspflicht für Kinder und Minderjährige. Der Umfang und die Intensität der gebotenen Aufsicht hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel vom Alter, von der Eigenart und vom Charakter des Kindes.

 

Das OLG Köln hat in einem kürzlich entschiedenen Fall sogar deutlich gemacht, dass Kleinkinder ständiger Aufsicht bedürfen, weil sie Gefahren nicht erkennen und beherrschen können. Auch Situationen, die für jeden anderen ungefährlich sind, könnten für ein Kleinkind Gefahren bergen. Was war geschehen? Ein dreieinhalb Jahre altes Kind ist mit einem Laufrad von einem abschüssigen Fußgängerweg auf die Straße gefahren und wurde von einem Fahrzeug erfasst. Hierbei wurde das Kind schwer verletzt.

 

Grundsätzlich haftet das unfallbeteiligte Fahrzeug nach §7 I StVG, weil sich der Unfall beim Betrieb des Fahrzeugs ereignet hat (siehe Rechteck vom 18. Mai). Der Vater des Kindes verlangte Schmerzensgeld, woraufhin die beklagte Versicherung des Fahrzeugs geltend machte, dass die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht die alleinige Ursache des Schadens war: Der Vater habe die ihm obliegende Aufsichtspflicht verletzt und trage gemäß §254 I BGB ein Mitverschulden.

 

Tatsächlich wurde entschieden, dass der aufsichtspflichtige Vater verpflichtet war, bei der Teilnahme seines Kleinkindes im Straßenverkehr jederzeit körperlich eingreifen zu können. Das Resultat ist schockierend: Aufgrund der Aufsichtspflichtverletzung war das Mitverschulden des Vaters am Unfallgeschehen mit 75% zu bewerten!

 

Er haftet neben der Versicherung des Fahrzeugs als Gesamtschuldner gemäß §426 I BGB, sodass die Versicherung des Fahrzeugs vom Vater des Kindes die Erstattung von 75% der an den Sohn, bzw. Sozialversicherungsträger und an sonstige Dritte erbrachten Schadensersatzleistungen verlangen kann. Wir sehen also, wie wichtig es ist, mit der nötigen Sorgfalt auf Kinder aufzupassen, da es sonst sehr teuer für die Eltern werden kann!

 

Aber wie steht es um das Gerücht, dass Eltern nur eine beschränkte Haftung auferlegt wird? §1664 I BGB besagt, dass die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen haben, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Dies stellt eine Haftungsbeschränkung dar. Allerdings tragen die Eltern die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie in eigenen Angelegenheiten eine geringere Sorgfalt anzuwenden pflegen. Wenn das gelingt, müssen die Eltern für eine leichte oder einfach fahrlässige Pflichtverletzung nicht haften. Aber Achtung: Gemäß §277 BGB ist für eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung eine Entlastung nicht möglich!

 

In unserem Fall hat das OLG Köln dem Vater zwar keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen, allerdings haftet er auch für sein einfach fahrlässiges Verhalten, da er nicht dargelegt hat, dass sein Verhalten am Unfalltag der Sorgfalt entsprach, die er auch sonst bei der Ausübung der elterlichen Aufsichtspflicht pflegt. Die Haftungsprivilegierung aus §1664 I BGB greift hier nicht ein, sodass der Vater weiterhin für 75% der Schäden einzustehen hat.

 

 

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