RECHTECK

Gefahr von Bäumen – wer haftet bei herabfallenden Ästen?

Red; 29.08.2020, 10:00 Uhr
RECHTECK

Gefahr von Bäumen – wer haftet bei herabfallenden Ästen?

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Red; 29.08.2020, 10:00 Uhr
Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um Haftungsfragen bei herabfallenden Ästen.

von Andreas Günther

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erb- und Familienrecht

 

Kastanien auf dem Friedhof in Bergneustadt müssen gefällt werden! Diese Schlagzeile schreckte in der vorigen Woche nicht nur viele Bergneustädter auf. Verständlich, denn zum einen ist die Kastanienallee wirklich wunderbar, zum anderen ist es bei den massiven Trockenschäden im Wald um jeden Baum schade. Aber wie immer hat die Medaille zwei Seiten. Dies gibt uns Anlass, sich näher mit dem „Baumproblem“ aus juristischer Sicht zu beschäftigen. Hierzu ein einfacher Sachverhalt aus einem deutschen Gerichtssaal. Vorher versetzen wir aber die gesamte Kastanienallee mit herkulischer Kraft an eine Landstraße in Brandenburg. Dort spielt der Fall, den das  OLG Brandenburg zu entscheiden hatte: Auf einem Parkplatz am Rand der Straße steht ein funkelnagelneuer Toyota-Hybrid. Es knackt laut im Geäst, ein großer Ast bricht ab und fällt - langsam, aber unerbittlich – auf die polierte Motorhaube. Der Schaden ist hoch. Wer kommt dafür auf? Der Toyotafahrer  verklagt die Gemeinde, weil diese den Baum angeblich nicht ordentliche kontrolliert hatte. Und schon sind wir bei dem Problem der Verletzung von sog. Verkehrssicherungspflichten.  Hier die entscheidenden Passagen aus dem Urteil der 2. Instanz:

 

„Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Verkehrssicherungspflichtige zur Abwehr der von Bäumen ausgehenden Gefahren die Maßnahmen zu treffen hat, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Windwurf erforderlich, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes der öffentlichen Hand zumutbar sind. Dazu genügt in der Regel eine in angemessenen Abständen vorgenommene äußere Sichtprüfung, bezogen auf die Gesundheit des Baumes (OLG Hamm, NJW-RR 2003, 968). Straßenbäume sind grundsätzlich ein (OLG Köln, Urteil vom 29.7.2010 - I-7 U 31/10, 7 U 31/10 -, Rn. 14, juris) bis zwei Mal im Jahr - einmal in unbelaubtem und einmal in belaubtem Zustand - einer Sichtkontrolle vom Boden aus zu unterziehen (Senat, Urteil vom 1.7.2008 - 2 U 30/06; OLG München, Urteil vom 7.8.2008 - 1 U 5171/07, zitiert nach juris Rn. 37; offengelassen in BGH, NJW 2004, 1381), wenn nicht besondere Umstände im Einzelfall eine häufigere oder andersartige Kontrolle gebieten. Eingehendere Untersuchungsmaßnahmen an Bäumen sind nur dann vorzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung durch den Straßenbaum hinweisen. Solche 

 

Anzeichen sind etwa eine spärliche oder trockene Belaubung, dürre Äste, äußere Verletzungen, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall, hohes Alter des Baumes, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung und sein statischer Aufbau (vgl. schon BGH, Urteil vom 21.1.1965, Az.: III ZR 217/63, Rn. 13,....)“

 

Hier litt der Baum schon erkennbar unter Pilzbefall. Die Straßenmeisterei hätte also öfter kontrollieren müssen, dann wäre der morsche Ast aufgefallen. Diese Pflicht wurde verletzt, ergo haftet die Kommune und muss Schadensersatz zahlen! (OLG Brandenburg 15.01 .2019 - 2 U 49/17). So ist zu erklären, wenn Städte und Gemeinden bei Zweifeln an der Standhaftigkeit und Gesundheit  von Bäumen lieber auf Nummer sicher gehen. 

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