RECHTECK

Probleme auf der Baustelle – Wann darf der Bauunternehmer Geld verlangen?

Red; 15.01.2022, 08:30 Uhr
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Probleme auf der Baustelle – Wann darf der Bauunternehmer Geld verlangen?

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Red; 15.01.2022, 08:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Diesmal geht es um einen Fall aus dem Baurecht

Von Rechtsanwalt Devin Dick

 

Es gibt wohl kaum ein größeres Bauvorhaben, bei dem es nicht früher oder später zu Problemen kommt. Gerade in der aktuellen Situation kommt es aufgrund von Lieferengpässen und starken Preissteigerungen beim Material fast immer dazu, dass das Bauvorhaben nicht so reibungslos abläuft, wie es ursprünglich geplant war.

Stellt sich im Laufe der Bauausführung heraus, dass es teurer wird, als ursprünglich geplant, wird natürlich sowohl der Auftraggeber, als auch der Auftragnehmer alles dafür tun, nicht auf den Mehrkosten sitzen zu bleiben. Eine beliebte Strategie bei Auftragnehmern ist es dann, dem Auftraggeber zu sagen: „Du musst mir jetzt schon Geld zahlen, sonst arbeite ich nicht weiter.“

 

Dass diese Strategie auch nach hinten losgehen kann, musste jetzt ein Bauunternehmer aus Rheinland-Pfalz feststellen. Er war durch die Eigentümer eines Anwesens beauftragt worden, dieses Anwesen zu sanieren. Man einigte sich darauf, dass er für die Sanierung insgesamt pauschal 110.000 EUR erhält. Im Laufe der Arbeiten stellte der Bauunternehmer fest, dass die Sanierung komplizierter war, als gedacht. Er stellte die Arbeiten ein und beauftragte einen Anwalt. Der Anwalt schrieb die Auftraggeber an und teilte mit, dass der Bauunternehmer erst dann wieder weiter arbeiten wird, wenn er von den Auftraggebern für den Mehraufwand, der entsteht, eine Vorschusszahlung von 10.000 EUR bekommt. Das wollten die Auftraggeber nicht mitmachen. Sie zahlten nichts und setzten dem Bauunternehmer eine Frist zur Fertigstellung der Sanierungsarbeiten. Nachdem diese Frist abgelaufen war kündigten sie den Vertrag aus wichtigem Grund. Sie beauftragten einen anderen Bauunternehmer mit der Fertigstellung der Sanierung und verklagten den ersten Bauunternehmer auf Zahlung der Mehrkosten.

 

Ob diese Mehrkosten vom ersten Bauunternehmer zu tragen sind, hängt rechtlich davon ab, ob man den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen darf. Das Oberlandesgericht Koblenz, das hierüber zu entscheiden hatte, kam zu dem Ergebnis, dass die Auftraggeber aus wichtigem Grund kündigen durften (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2020, Az. 3 U 490/20). Der erste Bauunternehmer musste also die Mehrkosten, die den Auftraggebern durch die Beauftragung eines anderen Bauunternehmers entstanden waren, tragen. Er durfte seine Arbeiten nämlich nicht einstellen und verlangen, dass die Auftraggeber ihm erstmal einen Vorschuss von 10.000 EUR zahlen. Grundsätzlich gilt nämlich nach § 641 Abs. 1 BGB, dass die Vergütung für Bauarbeiten erst nach Abnahme dieser Arbeiten zu zahlen ist. Vorher hat der Bauunternehmer nur in Ausnahmefällen einen Anspruch darauf, einen Teil der Vergütung zu verlangen. Da ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorlag, durfte der Bauunternehmer die 10.000 EUR im Voraus auch nicht verlangen.

 

Bauunternehmer sollten also vorsichtig damit sein, voreilig Geld vom Auftraggeber zu verlangen. Im schlimmsten Fall kann das zur Kündigung des Vertrages und zu Schadenersatzansprüchen des Auftraggebers führen. Auch eine hierdurch verursachte Unterbrechung der Bauarbeiten, zu der der Bauunternehmer kein Recht hat, kann für ihn teuer werden.

 

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