RECHTECK

So verhält man sich während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses

Red; 10.08.2024, 10:30 Uhr
RECHTECK

So verhält man sich während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses

Red; 10.08.2024, 10:30 Uhr
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt.

Von stud.iur. Merve Altin 

 

Wie muss sich ein Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses verhalten?

 

Man stelle sich folgende Situation vor: Ein Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer, wogegen sich der Arbeitnehmer mithilfe einer Kündigungsschutzklage wehrt, weil er bei seinem bisherigen Arbeitgeber weiterarbeiten möchte.

 

In einem Fall ist die beschriebene Situation eingetreten: Einem Arbeitnehmer wurde gekündigt und er wehrte sich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage. Letztendlich hatte die Klage Erfolg und der Arbeitnehmer konnte seine Arbeit wieder aufnehmen. Für die Zeit, in der der Prozess lief, schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Arbeitslohn, den sogenannten Annahmeverzugslohn.

 

Ist dies auch der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Zeit des Prozesses woanders hätte arbeiten können?

 

Als der Prozess lief, unterbreitete die Agentur für Arbeit (AfA) dem Arbeitnehmer keine weiteren Stellenangebote, da er keine Stellenangebote wünschte und sich im Falle eines Zwanges selbst bewerben würde. Dieses Versprechen wurde seinerseits jedoch nicht eingehalten. Er unternahm keine eigenständigen Bemühungen um eine anderweitige Beschäftigung. Hinzukommt, dass er der AfA mitteilte, dass er einem potentiellen neuen Arbeitgeber von der laufenden Klage und von dem Wunsch, bei seinem bisherigen Arbeitgeber weiterarbeiten zu wollen, erzählen werde. Dies sollte eine abschreckende Funktion haben, sodass er keine neue Anstellung bekommen würde. Fraglich ist, ob dies eine Auswirkung auf den Annahmeverzugslohn, also auf das Arbeitsentgelt hat, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während der Entlassung schuldet.

 

Die Antwort lautet ganz klar: Ja. §11 Nr. 2 KSchG besagt folgendes:

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, (…)

2.

was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. (…)

 

Nach dem Bundesarbeitsgericht ist bei der Beurteilung der Böswilligkeit eine Gesamtabwägung vorzunehmen. Hierunter fallen zu Lasten des Arbeitnehmers auch die Umstände, mit denen sich der Arbeitnehmer selbst die Ursache dafür gesetzt hat, dass die AfA keine Vermittlungsvorschläge unterbreitet hat. Wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten potentielle neue Arbeitgeber abschreckt, ist dies im Rahmen der Gesamtbewertung der Böswilligkeit im Sinne von §11 Nr. 2 KSchG zu berücksichtigen.

 

Auch in unserem Fall hat der Arbeitnehmer mit seinem Verhalten den Versuch der Arbeitsvermittlung durch die AfA vereitelt. Die Vereitelung von Vermittlungsaufgaben stellt eine Böswilligkeit dar und kann gemäß §11 KschG zu Kürzungen des Annahmeverzugslohnes führen, so das BAG in seinem Urteil vom 07. Feburar 2024 (Az. 5 AZR 177/23).

 

Wir merken uns also, dass man während einer Kündigungsschutzklage Vermittlungsvorschläge des AfA nicht vereiteln sollte, da man andernfalls im Falle einer Fortführung des Arbeitsverhältnisses beim bisherigen Arbeitgeber mit einer Kürzung des Annahmeverzugslohnes rechnen muss.

 

 

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